Das
barocke Wasserschloss steht in Reinharz, einem Ortsteil von Bad
Schmiedeberg in Sachsen-Anhalt. Es ist das Wahrzeichen des
Naturparks Dübener Heide.
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Weithin sichtbar sind der Kirchturm, der auf
Veranlassung des sächsischen Erbmarschalls Heinrich Löser erbauten
und 1704 geweihten Barockkirche Reinharz und der 68 Meter hohe Turm
des Wasserschlosses.
Schloss und Park mit seltenen und sehr alten Bäumen
gehören zum Netzwerk ’Gartenträume Sachsen-Anhalt’.
Graf Heinrich Löser (1665-1705) ließ das stattliche
Wasserschloss zwischen 1690 und 1701 bauen. Dort konnte er die Kurfürsten
von Sachsen mit ihren Gefolgen; nach Jagden in seinen Wäldern,
standesgemäß beherbergen.
Der Sohn des Erbauers, Graf Hans Erich Löser
(1704-1763), besuchte die Fürstenschule
in Meißen und studierte an
der Wittenberger Universität. In sächsischen Diensten wurde er
Minister und Erbmarschall. Graf Hans Erich Löser ließ sein
Wasserschloss im Innern
in den Jahren 1740 bis 1750 weiter ausbauen
und prächtig ausstatten. Auf seine Veranlassung wurde der Turm, mit
seinen 7 Meter dicken Grundmauern, 1748 auf 68 Meter erhöht.
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Der Turm wurde im 18. Jahrhundert als Sternwarte
genutzt. In einer dem Schloss angeschlossenen Werkstatt entstanden
unter Leitung des Grafen Löser wissenschaftliche Geräte, u.a.
Fernrohre, Spiegelteleskope und Sonnenuhren. Einige dieser
Instrumente sind im Mathematisch-Physikalischen Salon des Dresdner
Zwingers ausgestellt.
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Über eine doppelläufige Treppe erreicht man das
Eingangsportal. Dieses wird von folgender Stifterinschrift bekrönt:
„Von Grund auf hat wieder aufgebaut Erich Löser, sächsischer
Ritter, in 11 Jahren vollendet, im Jahr der Christgeburt 1701.
Erneuert hat Hans Erich Löser, des Heiligen Römischen Reiches
Graf, des Landtags der sächsischen Adligen in erblicher Würde
Marschall, im Jahre des Heils 1748.“
Durchschreitet man die achteckige Eingangshalle,
kommt man in die Diele. Dort fällt sofort der Blick auf eine Figur
in einer Nische. Es ist die Darstellung der Andromeda, einer
Jungfrau aus der griechischen Mythologie. Sie steht stellvertretend
für eine unheimliche Geschichte. Einer der Grafen Löser ließ
angeblich seine Tochter wegen einer nicht standesgemäßen Liaison
lebendig einmauern. Ihr Geist soll noch heute im Schloss
umherspuken.
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Von der Diele gelangt man in - um 1748 - im Stil des
Dresdner Rokoko gestaltete Räume.
Raumansichten
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Die Räume bestechen als Gesamtkunstwerke, denn
Stuck, Holzvertäfelung, Vergoldung, Fliesen und Farben wurden
handwerklich perfekt be- und verarbeitet.
Weiterer Teil der Raumdekoration sind wandfeste Gemälde.
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Bei meinem Besuch am 16. Mai 1993 hing ein Bild nicht
an seinem angestammten Platz im Nebenraum. Es war eine 1750 vom
Hallenser Hermann Peter Thiele gemalte Ansicht von Reinharz aus südlicher
Richtung.
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Ein Detail des Gemäldes vermittelt die Vorstellung
des Grafen Hans Erich Löser, wie Schloss, Garten mit Mauer und
Brauhausteich mit Segelschiff sowie Hexeninsel einmal werden
sollten.
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Rotterdamer und Harlinger Fliesen sind perfekt in die
Holzvertäfelung integriert.
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„Die Wahrsagerin“, eine Kopie nach Antoine Pesne,
über dem Marmorkamin ergänzt das Bildprogramm.
Wandansichten mit Holzvertäfelungen und
Fliesenbekleidungen
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Sorgfältig in kräftigem blau gemalte Landschaften
im doppelten Kreis und dem Eckmotiv ‚spin’ aus dem zweiten
Viertel des 18. Jahrhunderts weisen auf eine Fayencewerkstatt in
Harlingen (Friesland) hin. Die in einer Breite von einer Fliese in
Goldrahmung eingefassten Darstellungen von Kinderspielen sind
zeitlich gleich einzuordnen. Sie können Rotterdamer Fayencewerkstätten
zugeschrieben werden.
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An Vergoldungen wurde in diesem Raum wahrlich nicht
gespart.
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Fayencefliesen - „porcelaine plättgen“ -
imitierten das so begehrte Porzellan.
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Man kann sich gut vorstellen, dass im 18. Jahrhundert
auf den Wandkonsolen die Porzellansammlung der Grafen Blöser zur
Schau gestellt war.
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Fliesenbekleidungen der Nischen und des Türdurchgangs
sind handwerklich hervorragend ausgeführt.
Die Farbtöne der Glasuren von Rotterdamer und
Harlinger Fliesen unterscheiden sich stark.
Fliesenbekleidungen in Fensternischen
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Fliesenspiegel in einer Fensternische links
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Deckenbekleidung in einer Fensternische
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Fliesenspiegel in einer Fensternische links
Holzvertäfelungen wurden auf Fliesenbekleidungen
aufgebracht.
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Fliesenbekleidung im Sockelbereich
Rotterdamer Fliesen mit Darstellungen von
Kinderspielen des
18. Jahrhunderts
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Darstellungen von auf den Bildern 19-25 gezeigten
Kinderspielen findet man auch auf niederländischen Holzschnitten
des 18. Jahrhunderts.
Blaaspijp
Hinkelen
Muziek maken
Muziek maken
Schommelen
Vechten
Vissen
Vogel op de kruk
Raum unter der Treppe
Bei meinem Besuch am 16. Mai 1993 sah ich in der
Diele unterhalb der Treppe das sogenannte ‚ehemalige
Badezimmer’.
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Deutlich waren 1993 noch die Begrenzungen von Fliesen
im Putzgrund zu erkennen.
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Ein noch am Putzgrund fest haftendes Bruchstück
zeigte mir, dass auch dieser Raum
mit niederländischen Fliesen des
18. Jahrhunderts ausgekleidet war.
Leider konnte ich bis heute nicht in Erfahrung
bringen, wann die Parterreräume
restauriert wurden. Alles deutet
aber darauf hin, dass diese Restaurierungsarbeiten kurz vor der
Wiedervereinigung durchgeführt wurden.
Die Abbildungen der Holzschnitte übernahm ich mit
freundlicher Genehmigung aus dem Buch:
Jan Pluis, Kinderspelen op tegels (Van Gorcum, Assen
1979)
ISBN 90 232 1655 5
Wasserschloss Reinharz
http://www.schloss-reinharz.de
http://de.wikipedia.org/wiki/Reinharz
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