NIEDERLÄNDISCHE FLIESEN IN SCHLOSS ORANIENBAUM

 

Veröffentlicht in:
Oranienbaum / Huis van Oranje. Wiedererweckung eines anhaltischen Fürstenschlosses
Oranische Bildnisse aus fünf Jahrhunderten
Kataloge und Schriften der Kulturstiftung Dessau – Wörlitz, Band 21
Hrsg. Von Thomas Weiss
ISBN 3-42-06419-2

 

Sommerspeisesaal, Blick auf Nord- und Ostwand

 

Die Heirat der Prinzessin Henriette Catharina aus dem Haus Oranien-Nassau mit Fürst Johann Georg II. von Anhalt - Dessau am 16.Juli 1659 in Groningen brachte dem Fürstentum Anhalt - Dessau grundlegende Veränderungen. Diese beschränkten sich nicht nur auf Städtebau, Landwirtschaft und Deichbau, sondern wirkten sich, bedingt durch die Herkunft und das reiche Erbe der Prinzessin auch auf den Schlossbau und dessen prunkvolle Einrichtungen aus. Fürstin Henriette Catharina war von der Kunst- und Baupolitik ihrer Eltern, des oranischen Statthalters Friedrich Heinrich und seiner Gemahlin Amalia von Solms - Braunfels, sehr geprägt. So verwundert es nicht, dass mit Cornelis Ryckwaert ein niederländischer Bau- und Zimmermeister mit der Planung und dem Bau des Landsitzes beauftragt wurde. Die wenig aufwändige Architektur des Schlosses Oranienbaum stand in starkem Kontrast zu der erlesenen Ausstattung der Innenräume. Vom statthalterlichen Hof in Den Haag wurden von 1663 bis 1687 zur Ausstattung des Schlosses Luxusgüter wie Ledertapeten und Kostbarkeiten wie »fein Porcellain« und »Delffsch Porcellain« (1) versandt. Seit Anfang des 17. Jahrhunderts wurde vor allem nach Gründung der ostindischen Handelsgesellschaft chinesisches Porzellan nach Europa gebracht, das in seiner Art und Schönheit alles, was Europa bis dahin an eigener Keramik zu bieten hatte, übertraf. Europa wurde bald von einer gleichsam manischen Chinabegeisterung und Sammelleidenschaft chinesischer Porzellane ergriffen. Besonders die Fayencemanufakturen in den nördlichen Niederlanden, allen voran diejenigen in Delft, waren um eine möglichst genaue Nachahmung des chinesischen Porzellans bemüht. Auch der Fürstenhof von Anhalt - Dessau teilte, wie alle europäischen Fürstenhäuser dieser Zeit, die Chinabegeisterung.(2) Dies zeigte sich vor allem im Sammeln von kostbarem chinesischen Porzellan und chinoisen Fayencen, die in Oranienbaum im eigens dafür eingerichteten Porzellankabinett zur Schau gestellt wurden. In einem »Inventarium« von 1709 wurden für Oranienbaum 528 Positionen »fein Porcellain«, 204 Positionen »Delffsch Porcellain« und 289 Positionen »weiß Porcellain« aufgelistet.(3) Chinesisches Porzellan eignete sich wegen des dichten Scherbens nicht zur Bekleidung von Wand- und Deckenflächen. Handwerker des 17. und 18. Jahrhunderts kannten nicht die heute zur Verfügung stehenden Fliesenkleber und waren deshalb bei der Ausführung keramischer Wand- und Deckenbekleidungen auf die kapillare Saugkraft der Keramik zur Haftung der Fliesen am tragenden Untergrund angewiesen. Diese zur Haftung des Ansetzmörtels an die Keramik erforderliche Kapillarität boten allein Fayencefliesen. Sie vermittelten dem Betrachter durch ihre Glasurflächen den gewünschten Eindruck von Porzellan.(4) Fliesen bedeuteten der Fürstin Henriette Catharina Erinnerung an ihre Heimat; denn die Verwendung dieses Baumaterials war in den Niederlanden schon weit verbreitet. So verwundert es nicht, dass im Schloss Oranienbaum keramische Fliesen in der privaten Küche, im Sommerspeisesaal, an Kaminen und sogar als Tischplatte zu finden sind. In der Küche, an mehreren offenen Kaminen und Fenstergewandungen im Souterrain wurden weiße Fayencefliesen angesetzt. Die vorliegenden Betrachtungen sollen den bemalten Fliesen im Schloss Oranienbaum gelten.

 

Fliesen an Kaminen

Im repräsentativen Ledertapetensaal (5) im ersten Geschoss des nördlichen Seitenflügels ist die Raumausstattung aus der Zeit um 1700 fast unverändert erhalten geblieben.

   

   

Vier Fliesen mit polychromer Bemalung

Am Kamin der Ostwand war auf Holzkonsolen ein Teil der Fayencesammlung ausgestellt.(6) Über der Kaminvorlage sind zwölf Fliesen mit polychromer Bemalung eingearbeitet.(7) Es sind die ältesten der im Schloss vorhandenen Fliesen, denn sie stammen aus dem zweiten Viertel des 17. Jahrhunderts. Markant ist die »Lilie« als Eckdekor.(8) Vorlagen für die elf Blumen- und Pflanzenmotive waren graphische Darstellungen aus dem »Hortus Eystettensis« (9) und dem »Hortus floridus«(10) Andere Fliesen am Sockel des offenen Kamins im Obergeschoss des Nordflügels zeigen in blauer Bemalung das Motiv der »Drietulp«. (11) Als eine weitere Fliesenart sind die manganfarben dekorierten Fliesen der Art »Wezen« (12) am Sockel des offenen Kamins an der Südwand im großen Saal des zweiten Obergeschosses zu erwähnen. Ferner befinden sich im Schlosskomplex an und in weiteren Kaminen einfache weiße Fayencefliesen.

 

Fliesen im Sommerspeisesaal

Von der Gartenseite des Schlosses führt ein Durchgang zum Souterrain mit einem von drei Kreuzgratgewölbefeldern und zwei Gurtbögen überspannten Raum. Aus der ersten Bauphase (1683 - um 1685) sind große Teilbereiche der Fliesenbekleidungen an Wänden, Gewölbe- und Gurtbogenflächen erhalten. Der Raum wurde erstmals im Jahr 1695 von Christoph Pitzler (13) erwähnt. Er berichtete: »unter dem corp. wahren feine magazin, ein Saal so mit Holland. Steinen (14) belegt, eine feine Küche so mit Engl. Zinn, eine Kammer so mit pozzelan versehen und dieses ist nur vor die fürstin, die Hofküche ist bey a.« In einer Beschreibung des Hauses Oranienbaum von 1698/1699 (15) heißt es: »Die im untersten Theile befindliche Gewölber, worunter ein ziemlich geraumer Saal des Sommers, wegen der angenehmen Kühle und Aussicht in den Schlossgarten, zum Speisegemach dienet, sind theils zur Hofküchen, theils zur Vorraths Kammern aptirt mit benötigten Röhr und Springbrunnen (16), etliche derselben sind mit einer Menge von allerhand Sorten von kostbahren porcellain versehen.« Beeindruckend ist nicht nur die Gestaltung des Raumes, sondern auch die Qualität der Fliesenarbeiten, wobei die Fayencefliesen den Eindruck von Porzellan entstehen lassen sollen.(17) Die umfangreichen Arbeiten (18) müssen von qualifizierten Handwerkern erbracht worden sein, die solche Fliesenarbeiten nicht zum ersten Mal ausführten. Zu denken ist an niederländische Fachleute aus dem Kreis derer, die auch in Bauten des Statthalters Friedrich Heinrich Erfahrung gesammelt hatten. Die handwerkliche Meisterschaft ist vor allem an der Ausführung der keramischen Bekleidungen der Gewölbe- und Gurtbogenflächen zu erkennen.

Vorbildlich ausgeführte Gewölbe- und Gurtbogenflächen

An den Wänden wechseln sich schachbrettartig weiße und blau bemalte Fayencefliesen im Format 132 x 132 mm ab. Die Gewölbeflächen sind mit weißen Fliesen ausgeführt. Eine Reihe blau bemalter Fliesen mit biblischen Motiven an den Unterseiten der Gurtbögen und deren Seiten betonen das Gewölbe. An den Wänden überwiegen Bibelfliesen mit Darstellungen aus dem Alten und Neuen Testament. Sie wurden in keinem thematischen Zusammenhang angesetzt.

Fliese mit einer Szene aus dem neuen Testament »Die Flucht aus Ägypten«

Leider sind für die Lieferungen der Fliesen und deren Anbringung bislang keine archivalischen Unterlagen bekannt. Fliesenlieferungen und Ausführung der Fliesenarbeiten dürften anhand technischer und stilistischer Kriterien im dritten Viertel des 17. Jahrhunderts erfolgt sein.(19) Innerhalb der keramischen Wandbekleidungen wurden sieben große manganbraune Fliesengemälde eingefügt. Außerdem sind im Türdurchgang zwei sich einander gegenüberstehende gleiche Blumenvasentableaus dargestellt.(20) An der Ostwand erscheinen Darstellungen der Planetengötter Apollo (Sonne), Merkur und Mars sowie an der Südwand die beiden Planetengöttinnen Luna (Mond) und Venus.(21)

 

Blumenvasentableaus

Die beiden Fliesengemälde im Türdurchgang sind jeweils drei Fliesen breit und zwölf Fliesen hoch. Sie werden von dreißig manganfarben bemalten Randfliesen der Art »Utrechts halfje« (22) im Format 65 x 132 mm und vier Eckfliesen im Format 65x 65 mm umrahmt. Die Blumenvasentableaus sind zur Datierung der Fliesenarbeiten und Zuschreibung der Fliesen an eine bestimmte Fayencemanufaktur von besonderer Bedeutung; denn das »Museum Narodowe« in Danzig besitzt zwei identische Fliesentableaus (23) mit der Besonderheit, dass diese die Signatur des Jan van Oort aus Amsterdam tragen.(24)

Eine der beiden Blumenvasentableaus im Türdurchgang

Jan van Oort (1645-1699) war einer der bedeutendsten Fliesenmaler seiner Zeit. Er lieferte zum Beispiel 1680 die riesigen Fliesengemälde mit Szenen aus dem Leben der heiligen Theresia von Avila für die Kirche Nossa Senhora de Conceiçao Cardeis nach Lissabon. Für die Rückwand eines Kamins in Wormer (Nordholland) (25) schuf Jan van Oort ein manganbraunes Blumenvasentableau mit einem Blumenarrangement in der Art der beiden Tableaus im Sommerspeisesaal von Oranienbaum. Das Tableau aus Wormer wurde von Jan van Oort signiert und mit der Jahreszahl 1697 datiert. Die 150 Bibelfliesen in blauer Bemalung von dieser Kaminrückwand zeigen Szenen aus dem Alten und Neuen Testament, die in Art und Ausführung mit denen auf Fliesen der Ost- und Südwand des Sommerspeisesaals in Oranienbaum nahezu übereinstimmen.

 

Fünf Fliesentableaus mit Planetengottheiten

Die manganbraun gemalten Bilder zeigen fünf der sieben Planetengottheiten. Es sind dies mit entsprechenden Attributen und den in die Tableaus integrierten Namensunterschriften in Kapitale APOLLO, MERCURJUS, MARS, LUNA und VENUS.

    

     


Die Fliesengemälde sind jeweils fünf Fliesen breit und dreizehn Fliesen hoch. Sie werden von 36 manganfarben bemalten Randfliesen der Art »Utrechts halfje«, im Format 65x 132 mm und vier Eckfliesen im Format 65 x 65 mm umrahmt. Eine weitere Umrahmung besteht bei allen fünf Fliesengemälden aus 44 blau gemalten Bibelfliesen, die zusätzlich zu den Randfliesen das Tableau optisch aus der schachbrettartigen Gestaltung der Fliesenwand herausheben. Wichtigste Aufgabe zur Erforschung der Götterbilder war die Suche nach entsprechenden druckgraphischen Vorlagen. Da die niederländischen Fliesenmaler selten eigene Entwürfe umsetzten, ist die Verwendung graphischer Vorlagen sehr wahrscheinlich. Bei einer Darstellung gelang es mir, das graphische Vorbild zu entdecken. Die Figur des Apollo ist nach einem Kupferstich des niederländischen Manieristen Hendrick Goltzius (26) gestaltet. Die Darstellung des Apollo, der »SOL«, (27) führte der bedeutendste Maler-Stecher in den Niederlanden um 1600 nach Kompositionen des italienische Malers Polidoro da Caravaggio (28) aus.

 

APOLLO

   

Apollo (Sol), Bruder der Luna (Artemis) und des Mercurius (Hermes), war Gott der Heilkunde und der Weissagung. Er war aber auch der Gott mit dem Bogen, der den Drachen Phyton erlegte. Apollo schenkte Mercurius einen goldenen Zauberstab und erhielt von ihm eine Flöte und eine Lyra. Er wurde als Phöbus, der Strahlende, dem Sonnengott Sol gleichgesetzt. Auf dem Kupferstich von Hendrick Goltzius nach Polidoro da Caravaggio fehlt der Drache. An dessen Stelle kriecht eine Eidechse einen Baumstamm empor. Sie wurde von Apollo, dem Eidechsentöter (Apollon Sauroktonos), mit einer Speerspitze an den Stamm gespießt, um sich an ihrem Todeskampf zu erfreuen. Ein Vergleich alter Fotos (29) mit dem heutigen Zustand des Fliesentableaus zeigt, dass zu Beginn des 20. Jahrhunderts das Schriftfeld und ein Teil der Darstellung fehlten und bei einer Restaurierung ergänzt wurden. Dies erklärt die Abweichung des Gemäldes von der graphischen Vorlage im Bereich der unteren sieben Fliesenreihen.

 

MERCURIUS

Der römische Gott des Handels und der Händler wurde früh mit Hermes gleichgesetzt. Im Tausch gegen eine von ihm erfundene Flöte und eine Lyra erhielt er von Apollo einen goldenen Zauberstab (Caduceus). Dieser Stab war sein Erkennungszeichen, wenn er als Götterbote Aufträge überbrachte. Damit das rasch geschah, trug er Flügel an den Schuhen (Talaria) und den geflügelten Reisehut (Petasus). Der Geldbeutel in seiner linken Hand weist ihn als Gott der Händler, aber auch der Diebe aus. Der Hahn steht als Attribut für Wachsamkeit und Kampflust. Mercurius (Hermes) schützte und segnete Haus und Hof Der Caduceus hat nichts mit dem Äskulapstab zu tun. Beim Äskulapstab umwindet eine Schlange einen Stab und speit in eine goldene Schale. Der Stab des Mercurius dagegen ist ein Heroldsstab mit normalerweise zwei Schlangen. Der Legende nach fand Apollo zwei Schlangen in heftigem Kampf Mit einem Olivenzweig trennte er die Kämpfenden. Zum Dank umschlangen sie den Stab friedlich und wandten sich einander in Liebe zu. In Griechenland wurden Kränze als Weihegaben an steinerne Pfeiler mit dem Haupt des Gottes und dem Phallus als unübersehbarem Attribut seiner Männlichkeit und Sinnbild der Naturkraft gehängt. Betrachtet man das Fliesenbild, so fällt auf, dass nur eine Schlange den Stab umwindet und der Schlangenstab in ungewöhnlicher Position gehalten wird.

 

MARS

Der Sohn des Jupiter und der Juno wurde bei den Römern in erster Linie als Kriegsgott verehrt und als Vater des Romulus als einer ihrer göttlichen Ahnen. Mars hatte zum Zeichen seiner Gunst einen Schild, das »ancile« vom Himmel fallen lassen. An dessen Besitz war Roms Glück gebunden. Mars war der erste Monat des römischen Kalenders geweiht, der März (mensis Martius). Das Fliesenbild vermittelt den Eindruck von Stärke und Macht des Gottes, der Krone, Zepter und Buch zertritt. Dies wird nochmals durch das Schriftfeld betont, in dem ein Raubtier einen Krummdolch zwischen den Reißzähnen hält, auf dem der Schriftzug »MARS« steht.

 

LUNA

Die Mondgöttin wurde häufig als römische Mond- und Fruchtbarkeitsgöttin Diana dargestellt. Diana, Tochter des Zeus und der Leto, war Zwillingsschwester des Apollo. Ihr Bruder wurde dem Sonnengott Sol und Diana der Mondgöttin Luna gleichgesetzt. Diana galt die Verehrung sowohl als Göttin der Keuschheit wie auch der Fruchtbarkeit. Sie streifte mit Gaben der Kyklopen, einem silbernen Bogen, Köcher und Pfeilen durch die Wälder; Hunde begleiteten sie auf der Jagd. Der Bogen diente ihr als Waffe, denn Diana schoss mit Pfeilen Krankheit und Tod zu Menschen und Tieren. Zu ihren Opfern gehörte auch der Jäger Aktaion, der sie nackt beim Bade überrascht hatte. Diana war besonders von Frauen gefürchtet, denn sie konnte Leiden schicken, die dazu führten, dass Frauen an den Folgen einer Geburt starben. Aber ebenso konnte sie, wie Apollo, Unheil abwenden und Segen spenden. Das Fliesengemälde zeigt Luna (Diana] als Jägerin mit entblößtem Oberkörper und geschürztem Gewand von einem Jagdhund begleitet. Die Mondsichel auf ihrem Haupt zeichnet sie als Mondgöttin aus. Sie trägt einen Köcher mit Pfeilen auf ihrem Rücken, in ihrer linken Hand den Bogen und in ihrer rechten Hand eine Fackel. Der Schriftzug »LUNA« steht bezeichnenderweise auch auf einer Mondsichel. Ein Foto aus den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts (30) zeigt, dass das Tableau bei Restaurierungsarbeiten von der Wand genommen und neu angesetzt wurde.

 

VENUS

An der Südwand des Sommerspeisesaals findet man als Pendant zur Darstellung der Luna die Venus.Sie wurde früh mit Aphrodite gleichgesetzt und als Göttin der Liebe, der Schönheit und Anmut verehrt. Die Venus wurde als die Schönste der Göttinnen angesehen. ihr erteilte Paris mit dem goldenen Apfel den Preis der Schönheit. In der Odyssee wird geschildert, wie sie ihrem Gatten Vulcan mit Mars untreu wird, vom Sonnengott verraten, in der Umarmung mit Mars von Vulcan mit Netzen umstrickt und so allen Göttern vorgeführt wird. Der Göttin Venus waren Tauben und Fische als besonders fruchtbare Tiere geweiht. Auf dem Fliesentableau wird eine Taube auf einem Baumstumpf sitzend dargestellt. Auffallend ist der kräftige junge Seitentrieb am dürren Holz. Venus hält in ihrer rechten Hand eine Zitrusfrucht und wird von dem römischen Liebesgott Amor in Gestalt einer geflügelten Amourette mit Liebespfeilen im Köcher begleitet.
Mit den fünf Götterdarstellungen zeigte Fürstin Henriette Catharina ihre humanistische Bildung. Die Götter mit ihren Qualitäten und Attributen sollten in Beziehung zur beauftragenden Person, ihrer Herkunft und dem fürstlichen Haus Anhalt - Dessau gesetzt werden. So könnte die Darstellung des Mars die Überwindung des Dreißigjährigen Krieges, den kriegerischen Ruhm ihres Vaters Friedrich Heinrich, des militärischen Führers der Vereinigten Provinzen, oder die Stellung ihres Mannes symbolisieren. Johann Georg II. von Anhalt - Dessau war kurbrandenburgischer Statthalter, General der Kavallerie und sogar Generalfeldmarschall des Großen Kurfürsten. Wie die fünf manganfarben auf Fliesen gemalten Götterbilder im Sommerspeisesaal von Schloss Oranienbaum zeigen, übernahm Fürstin Henriette Catharina die Vorliebe ihrer Eltern, des oranischen Statthalters Friedrich Heinrich und vor allem seiner Gemahlin Amalia von Solms, für mythologische Figuren. So ließ sich Henriette Catharinas Mutter schon 1632 von Gerard van Honthorst in der Rolle der Diana porträtieren.

 

 

Restaurierungen der Fliesenbekleidungen im Sommerspeisesaal

Aufnahmen im Bildarchiv der Kulturstiftung DessauWörlitz (31) aus dem ersten Viertel des 20. Jahrhunderts zeigen, dass die keramischen Wandbekleidungen sich in dieser Zeit in einem desolaten Zustand befanden. Große Teilbereiche der Fliesenbekleidungen an Ost- und Südwand wie auch die Türlaibungen und der Türsturz wurden bei Restaurierungsarbeiten abgenommen, Fliesen ergänzt und wieder angesetzt. Die Westwand (Fensterwand) wurde besonders stark verändert. So hat man dort ein kleines Fliesentableau nicht mehr eingearbeitet.
Es finden sich an dieser Wand heute Fliesen aus unterschiedlichsten Herstellungsorten und -zeiten. Fliesen mit Darstellungen von Soldaten oder der »Drietulp« stammen zum Beispiel aus der Zeit um 1650 bis 1670. Die meisten Fliesen aber, wie zum Beispiel Landschaften und Hirten im Doppelkreis, wurden später, in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, anfertigt. Die Nordwand erfuhr eine komplette Veränderung. Auf Fotos aus dem ersten Viertel des 20. Jahrhunderts war die Wand mit weißen Fliesen bekleidet. Vor der Nordwand stand ein mit weißen Fliesen bekleideter achteckiger Brunnen. Dieser Brunnen wurde bei Restaurierungs- und Änderungsmaßnahmen komplett entfernt und die Wand schachbrettartig mit blauen Bibelfliesen und weißen Fliesen bekleidet.(32) Messbildaufnahmen im Brandenburgischen Amt für Denkmalpflege(33) zeigen den Zustand des Sommerspeisesaals kurz nach Beendigung der Restaurierungs- und Änderungsarbeiten. Meine Überprüfung nachgelieferter Fliesen ergab, dass diese nicht wie die ursprünglich angesetzten Fliesen markante Nagellöcher aufweisen.
Fliesen formte man bis zur zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit der Hand. Sie wurden mit Hilfe eines Rahmens und eines Rundholzes aus aufbereitetem Ton geformt. Nach einem ersten Trocknungsprozess konnten sie auf das genaue Maß geschnitten werden. Dazu wurde eine kleine Holzplatte in der Größe von ca. 13,5 x 13,5 cm auf die Fliese gelegt, und mit einem Messer der Ton an den vier Seiten schräg nach innen abgeschnitten. Um ein Verrutschen während des Schneidens zu verhindern, waren in vier, drei oder zwei Ecken der Holzplatte Messingnägel eingeschlagen. Weil die Nägel Einstiche in den lederharten Ton gaben, sind bei den bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts hergestellten niederländischen Fliesen vier Nagellöcher zu sehen. Bei den ab der Mitte des 17. Jahrhunderts bis etwa 1860 gefertigten Fliesen sind meist zwei Nagellöcher in diagonalen Eckbereichen zu erkennen. Nach 1860 benutzten wahrscheinlich viele niederländische Manufakturen Brettchen ohne Nägel. An die Nordwand wurden insgesamt neue Fliesen angesetzt. Die Darstellungen sind bei den nachgearbeiteten Fliesen von Bibelfliesen der Ostwand übernommen. Ergänzungen im Tableau »APOLLO« fallen besonders stark auf Hier wurden die unteren sieben Fliesenreihen und eine Fliese im Bauchbereich ergänzt. Im Tableau »MERCURJUS« hat man das komplette Schriftband und einen Teil der Darstellung des Planetengottes erneuert. Ursprüngliche und nachgearbeitete Fliesen sind in diesem Tableau deutlich an Unterschieden in den Farbtönen der Glasuren zu erkennen. Einzelfliesen im Tableau »MARS«,bei denen die markanten zwei, durch den Herstellungsprozess des späten 17. Jahrhunderts entstandenen Nagellöcher fehlen, zeigen an, dass auch dieses Fliesentableau - zu Beginn des 20. Jahrhunderts - rekonstruiert wurde. Bei der Darstellung der »LUNA« fällt auf, dass die Fliese mit der Hundeschnauze Ergänzungen erfahren hat. Auf einem der Fotos, die vor den Restaurierungs- und Rekonstruktionsarbeiten angefertigt wurden, ist zu erkennen, dass die Originalfliese gerissen war. Leider hat man bei den frühen Wiederherstellungsarbeiten keine beschädigten Fliesen ausgebessert, sondern sie wurden durch neue Fliesen ersetzt. Auch bei der Darstellung der »VENUS« und den beiden Blumenvasentableaus sind Nachbesserungen deutlich an den Fliesen ohne Nagellöcher zu erkennen. An der Ostwand wurde zudem ein geringer Anteil Bibelfliesen ausgetauscht. Wer könnte für die Lieferungen der neuen Fliesen in Betracht kommen? In Frage kommen zum Beispiel die Fayencewerkstatt van Hulst aus dem niederländischen Harlingen, die Manufaktur Villeroy & Boch aus Dresden und die königlichen Majolika-Werkstätten Cadinen in Westpreußen. Vieles spricht für die königliche Manufaktur, denn dort wurden nachweislich seit 1905 Repliken niederländischer Einzelfliesen und Fliesentableaus gefertigt.(34) Bedauerlicherweise sind bis heute für Oranienbaum keine Nachweise für Fliesenlieferungen oder Restaurierungsarbeiten an Fliesenbekleidungen bekannt. Wenn auch umfangreiche Restaurierungsarbeiten mit einer großen Anzahl nachgelieferter Fliesen die keramischen Wandflächen verändert haben, so ist der Fliesenkeller von Schloss Oranienbaum dennoch von herausragender Bedeutung. Er wurde in etwa der gleichen Zeit wie der erheblich kleinere Fliesenkeller des Palais Het Loo in Apeldoorn(35) eingerichtet. Möglicherweise diente er anderen Fliesenkellern als Vorbild, wie zum Beispiel dem in Schloss Caputh (36) südlich von Potsdam. Einmalig sind die fünf Fliesenbilder der Planetengottheiten aus Schloss Oranienbaum.

 

Porzellan- und Fayencetisch aus dem Ledertapetensaal

Im Schloss Oranienbaum ließ die Fürstin Henriette Catharina einen repräsentativen Raum einrichten, der wahrscheinlich einerseits als Empfangssaal und andererseits als Porzellankabinett genutzt wurde. Deutlich wird der Einfluss Daniel Marots (37) auf das reiche Interieur. Fotos aus dem Jahr 1927 (38) zeigen als Bestandteil der repräsentativen Raumausstattung einen Fayencetisch(39) in der mittleren Nische der Westwand.Der ursprüngliche Standort ist nicht bekannt. Eine Besonderheit dieses Tisches besteht darin, dass sich die Beine aus chinesischen Vasen und Koppchen der Ming-Periode sowie Messingkugeln und aus Messing getriebenen Zwischenstücken zusammensetzen. Bei einer früheren Restaurierung wurden beschädigte Vasen und Koppchen geklebt oder durch deutsches Porzellan ersetzt. Kunstvoll getriebene Streben, deren Zentrum ein Porzellangefäß bildet, stabilisieren den Tisch. Das fehlende Unterteil des Gefäßes ist durch bemaltes Holz ausgetauscht. Die Tischplatte besteht aus 48 auf einen Holzkern aufgebrachte niederländische Fliesen aus der Zeit um 1730 bis 1740. Deutlich ist zu erkennen, dass diese Fliesen in blauer Bemalung aus unterschiedlichen Produktionen stammen.


Einteilung der Fliesen nach Herstellungsorten und Motive
Dreizehn Amsterdamer Fliesen mit biblischen Darstellungen im Doppelkreis und dem Eckmotiv Nelke (40) wurden nach Kupferstichen des Pieter Schut (41) gemalt. Es sind dies die Fliesen 2, 4, 6, 8, 9, 11, 12, 14, 15, 32, 42, 44 und 46.

     

Fliese Nr. 9 von der Tischplatte                                              Graphische Vorlage für die Fliese 9

Nr. der Fliese

Findstelle in der Bibel

Thema

graphische Vorlage

2

Johannes 8:3-7

Bußpredigt in Ninive

AT 163

4

Lukas 7: 1-4
Matthäus 8:5-8

Verlust des Besitzes

AT 147

6

Matthäus 16:18, 19

Esaias – Jeremias - Ezechiel

AT 165

 

8

Matthäus 27:29
Markus 15:18, 19 Johannes 19:3

Der verlorene Sohn als Schweinehirt

NT 43

9

Lukas 6:41

Das letzte Gericht

NT 82

11

Matthäus 20:29-34 Lukas 18:35-43
Markus 10:46-52

Stadttore von Gaza

AT 66

12

Lukas 2:8-11

Jobs Frömmigkeit und Wohlstand

AT 146

14

Lukas 7: 1-4
Matthäus 8:5-8

Job unterwirft sich

AT 150

15

Markus 6: 28
Matthäus 14:11

Auferweckung des Jünglings von Nain

NT 34

32

Deuteronomium 5:3-6
Exodus 34:29-3 2

Jephtes Tochter

AT 61

42

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Elisäus – Jonas - Abdias (Obadja)

AT 167

44

Jonas 4:5-6

Jonas, Hader und Versuchung

AT 164

46

Johannes 19:16-18

Kreuzigung Jesu

NT 101

 

Auf den Fliesen 4, 14 und 15 findet man Textangaben. Eine Amsterdamer Fliese mit biblischer Darstellung im Doppelkreis hat das Eckmotiv Ochsenkopf (Fliese 40). (42)

 

Zehn biblische Darstellungen im Doppelkreis und dem Eckmotiv Ochsenkopf auf der Tischplatte stammen aus Harlingen.(43) Es sind die Fliesen 19, 20, 21, 22, 27, 28, 29, 30, 41 und 48. Abriebstellen an den Glasurflächen dieser Fliesen zeigen, dass sie möglicherweise von Anfang an den Tisch zieren.


Fliese 19 »Jesus und die Ehebrecherin«

Nr. der Fliese

Findstelle in der Bibel

Thema

19

Johannes 8:3-7

Jesus und die Ehebrecherin

20

Lukas 7: 1-4
Matthäus 8:5-8

Der Hauptmann von Karphanaum

2l

Matthäus 16:18, 19

Jesus übergibt Petrus die Schlüssel des Himmelreiches

22

Matthäus 27:29
Markus 15:18, 19
Johannes 19:3

Jesus als Spottkönig verhöhnt

27

Lukas 6:41

Demütiges Dienen und Richten »Was siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, den Balken aber in deinem eigenen Auge bemerkst du nicht?«

28

Matthäus 20:29-34
Lukas 18:35-43
Markus 10:46-52

Blindenheilung in der Nähe von Jericho

29

Lukas 2:8-11

Offenbarung an die Hirten

30

Lukas 7: 1-4
Matthäus 8:5-8

Der Hauptmann von Karphanaum - Wie Fliese 20, aber von anderer Hand gemalt

41

Markus 6: 28
Matthäus 14:11

Enthauptung Johannes des Täufers Der Scharfrichter übergibt der Tochter der Herodias das Haupt des Johannes

48

Deuteronomium 5:3-6
Exodus 34:29-3 2

Wiederholung der zehn Gebote Moses und die beiden Gesetzestafeln

 

Fünf Amsterdamer Fliesen zeigen Hirten im Doppelkreis und das Eckmotiv Ochsenkopf (Fliesen 1,3, 35, 36 und 47). Neunzehn Amsterdamer Landschaftsfliesen im Doppelkreis und dem Eckmotiv Ochsenkopf liegen auf dem Tisch als 5, 7, 10, 13, 16, 17, 18, 23, 24, 25, 26,31, 33, 34, 37, 38, 39, 43 und 45.
Der Tisch dürfte um 1680 angefertigt worden sein. Die Fliesen der Tischplatte wurden - bedingt durch ihre Verklebung auf Holz - wahrscheinlich im Laufe der Jahrhunderte mehrmals beschädigt und mussten ausgetauscht werden. Nur so lässt sich erklären, warum die Fliesen, die jetzt die Tischplatte bilden, aus der Zeit um 1730 bis 1740 und aus unterschiedlichen Produktionsorten stammen. Der Tisch wird seit 1950, nach der Einrichtung des Landesarchivs im Schloss Oranienbaum, im Schloss Mosigkau verwahrt und ausgestellt.

Die niederländischen Fliesen sind ein besonders wertvoller und bemerkenswerter Bestandteil von Schloss Oranienbaum und ein Vermächtnis der aus dem Hause Oranien-Nassau stammenden Henriette Catharina. Sie gab nicht nur dem Ort Nischwitz und ihrem neu errichteten Landsitz den von ihrem Familiensymbol abgeleiteten Namen Oranienbaum, sondern wies auch mit den Fliesenarbeiten im Schloss auf ihre Heimat, die für sie weit entfernten Niederlande, hin, wo sie ihre Kindheit und Jugend verbracht hatte.

Der Sommerspeisesaal mit den manganbraun auf Fliesen gemalten fünf Götterdarstellungen und zwei Blumenvasen nimmt in der Wertung der Fachwelt und des internationalen Kreises von Fliesenfreunden und Fliesenforschern einen herausragenden Platz ein.

 

Anmerkungen

(1) Bechler 2002, S. 60 - 65. - Erkelens 1996.
(2) Harksen 1935. - Bechler 2002, S. 62.
(3) Bechler 2002, S. 93. - KHA, Inventarium 1709, fol. 51 recto - fol. 72 recto.
(4) In Bauakten vom Hofe des Kurfürsten Clemens August in Bonn werden 1731 niederländische Fliesen »porcelaine plättgen« genannt.
(5) Bechler 2002, S. 61.
(6) Harksen 1935. - Bechler 2002, S. 62.
(7) Es sind wahrscheinlich Amsterdamer Fliesen. Die Datierung 1620-1650 erfolgte anhand der Ausführung der Eckornamente, den Maßen der Fliesen 127-135 x 127-131 x 7-10 mm, den roten Scherben und der schiefrigen Struktur der Scherben. - Pluis 1998, S. 411, A.05.01.01 »Bloem op grondje« - Harksen 1935, S. 100: »Neben ihnen ist noch eine andere Gruppe von losen Fliesen in Oranienbaum vorhanden, die mit Teilen von Fliesengemälden in einem Schrank im Keller aufbewahrt werden und von denen neuerdings einige im Kamin eingelassen sind. Sie zeigen in bunten Scharffeuerfarben in blau, grün und braungelb mit einem Pfeilspitzenornament in den Ecken verschiedene Blumenmotive,...«.
(8) Dam 1984. - Berge 2002. In der Kunstgeschichte wird die Französische Lilie mit Heraldische Lilie oder fleur-de-lis umschrieben. Diese letzte Bezeichnung blieb lange in Gebrauch. Im Allgemeinen wird das Eckornament in niederländischen Fachkreisen seit Mitte des 20. Jahrhunderts »Franse lelie« oder einfach »lelie« genannt.
(9) Besler 1999.
(10) Passe 1974.
(11) Pluis 1998, S. 417, A.05.04.04 »Drietulp in accolades met meanders; blauw; 1630 -......«. Der Blumendekor wird von geschweiften Klammern umrahmt. Das Eckmotiv, in der Fachliteratur auch »Wan-Li hoek« oder »Chineesche strepenmotief« genannt, ist ein Motiv in der Art der China-Porzellane der Ming-Dynastie aus der Regierungszeit des Kaisers Wan-Li (1573-1619).
(12) Pluis 1998, S. 198, A.01.02.01 »Wezen; paars; 1660-...«. Die Bezeichnung »wezen« ist der Kleidung von Waisenkindern entlehnt, die zum Beispiel in Amsterdam halb und halb in den Farben rot und schwarz gekleidet gingen.
(13) Bechler 2002, S. 51.-van Kempen 1922, S. 95.
(14) Gierveld 1997. Dr. Arend Jan Gierveld konnte durch Untersuchungen im Rijksarchief Zeeland den Nachweis erbringen, dass im 2. Viertel des 17. Jahrhunderts Wandfliesen nicht »tegeltjes«, sondern »steengens« oder »steenkens» genannt wurden. »Holländ. Steine« ist die Übersetzung in die deutsche Sprache durch Pitzler von »steengens« oder »steenkens«. Die Fliesen wurden wahrscheinlich auch am Hofe in Oranienbaum von den niederländischen Bediensteten so bezeichnet.
(15) Landesarchiv Oranienbaum, Abteilung Dessau, C 2b I b Nr. 3 »Von Oranienboom« 1698/1699. - Bechler, 2002, S. 194.
(16) Im Sommerspeisesaal befand sich bis zum 1. Viertel des 19. Jahrhunderts ein achteckiger, mit weißen Fliesen bekleideter Brunnen. Die Fotos H-I-24 und H-I-25 im Bildarchiv der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz zeigen den Brunnen mit weitestgehend fehlender Fliesenbekleidung. Herrn Dr. Alex von der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz danke ich für den Hinweis, dass bei der Aufnahme der Sandsteinplatten zum Einbau einer Fußbodenheizung im Sommer 1985 ein Brunnen gefunden und durch Aufmaß dokumentiert wurde.
(17) Die Verwendung von echten Porzellanfliesen scheiterte nicht nur an den Kosten, sondern auch daran, dass diese wegen der Dichte des Materials nicht mit Mörtel angesetzt werden konnten.
(18) An den Gewölbe-, Unterzug-, Sturz- und Wandflächen wurden ca. 5.800 weiße und ca. 2.500 bemalte Fliesen angesetzt. Die Gesamtfläche beträgt ca. 145 Quadratmeter. - Pluis 1994, S. 83: »Bibelfliesen gehörten zu den teuersten Fliesentypen.«
(19) Pluis 1994, S. 98-102. Technische Merkmale sind zwei Nagellöcher in diagonalen Eckbereichen und die Art des Glasurauftrags. Stilistische Kriterien sind die Art der Ausführung des Eckmotivs »Ochsenkopf» und der Vergleich mit gleichen oder ähnlichen biblischen Motiven.
(20) Brouwer-Brand 1991. - Hansmann/Joliet 1989. - Schaap 1994. Die beiden Tableaus kommen im engen Türdurchgang leider nur wenig zur Geltung.
(21) Brink 1993. - Gnann 1997. - Ausst.-Kat. Athen/Doordrecht 2000-2001. - Kaulbach-Schleier 1997. - Leeflang 2003.
(22) Pluis 1998, S. 481, A. 14.06.14 spiegelbildlich, 1680-1820.
(23) Die beiden von Jan van Oort aus Amsterdam signierten Tableaus aus dem Besitz des Museums in Danzig stimmen in den Abmessungen bis ins kleinste Detail genau mit denen aus dem Sommerspeisesaal von Schloss Oranienbaum überein. Für die vier Tableaus wurden die gleichen Durchstaubschabloncn zur Festlegung der Konturen gebraucht.
(24) Jan van Oort wurde am Sonntag, den 16. Februar 1645 in der »remonstrantse kerk« in Utrecht auf den Namen »Johannes« getauft. Als Eltern sind in der Taufurkunde angegeben »Sr. Adriaen van Noort, steentjesbacker ende Jennettha Jans de Reeder.« Taufzeugen waren »de vader, Sr. Pieter Heykes, ende Gerrit Claess de metselaer.« In welchem Umfeld Jan van Oort in Utrecht aufwuchs ist schon daraus ersichtlich, dass der berühmte Maler Herman Saftleven am 25. Januar 1652 Zeuge bei der Taufe seiner Schwester Bartruyd war. - Ich danke Herrn G. J. van Groningen, Archivar der Remonstrantse Gemeente Utrecht für seine Nachforschungen in den Taufbüchern. - Am 6.Juni 1669 erhielten Adriaen und Jan van Oort vom Amsterdamer Magistrat die Genehmigung, für eine Dauer von 26Jahren in Amsterdam, Reguliersmarkt nr. 50, »nagebootste porcelynen petielen, potten en steentjes« zu brennen (Gem. Archief Amsterdam. Thes. ord. S.V. 3/4, fol. 53/54, 6 juni 1669). Adriaen von Oort starb am 20. Mai 1676 in Utrecht, Jan van Oort starb 1699 in Amsterdam. - Pluis 1998. - Tichelaar 1992, S. 6-15. Ob die Blumenvasentableaus in Schloss Oranienbaum auch die Signatur des Jan van Oort trugen, ist leider nicht mehr feststellbar, da die unteren Partien der beiden Tableaus stark beschädigt waren und bei einer Restaurierung zu Beginn des 20. Jahrhunderts ergänzt wurden. Die Bilder H-I-22a und H-I-23 im Archiv der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz zeigen den Zustand bei Beginn der Restaurierungsarbeiten.
(25) Vis/de Geus 1933, Tafel 32, Abb. a. Das Tableau ist jetzt - ohne die Bibelfliesen - im Bad eines Privathauses in Saint Malo angesetzt.
(26) Leeflang 2003.
(27) Goltzius nach Polidoro da Caravaggio (um 1499-1543}. Das Blatt »SOL« hat die Maße 352,0 x 209,0 mm und die Nummer 5. Es ist in den Kupferstichkabinetten Amsterdam, Berlin, Haarlem, Leningrad, London, New York (MM), New York (NYPL) und Rotterdam nachgewiesen. Hendrick Goltzius (1558 -1617) reiste 1590 - als schon berühmter Kupferstecher - nach Italien, um die Altertümer und die Werke der italienischen Renaissancekünstler zu studieren. Auf dieser Reise sah er auch die monochromen Malereien des lombardischen Malers Polidoro da Caravaggio, die viele Häuserfassaden Roms schmückten.
(28) Gnann 1997. Die Fassadenmalereien des Polidoro da Caravaggio wurden bis ins 18. Jahrhundert kopiert und in Nachstichen festgehalten. Sie sind heute bis auf wenige Reste zerstört.
(29) Das Foto H-I-25 im Archiv der Kulturstiftung DessauWörlitz zeigt, dass zu Beginn des 20. Jahrhunderts bis auf eine Fliese die unteren sieben Reihen des Tableaus >APOLLO< fehlten.
(30) Foto H-I-22a im Archiv der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz.
(31) Fotos, die vor der Restaurierung des Sommerspeisesaals von Schloss Oranienbaum zu Beginn des 20. Jahrhunderts aufgenommen wurden, liegen im Archiv der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz als H-I-22a, 23, 24 und 25.
(32) Die Fotos H-I-24 und H-I-25 im Archiv der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz zeigen einen achteckigen Brunnen vor der mit uni weißen Fliesen bekleideten nördlichen Stirnwand. Im Zuge der Restaurierungsmaßnahmen im 1. Viertel des 20. Jahrhunderts wurde die Wand vollständig mit neuen Fliesen bekleidet und zwar schachbrettartig mit uni weißen und blau bemalten Fliesen. Es sind ca. 350 uni weiße Fliesen und ca. 350 Bibelfliesen an dieser Wand angesetzt.
(33) Das Messbildarchiv des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege in Wünsdorf besitzt Fotos des restaurierten Raumes, vermutlich zwischen 1926 und 1929 von der damaligen Staatlichen Bildstelle Berlin angefertigt, mit den Negativnummern 3OC26/3763.27 und 30027/3763.28.
(34) Wolf 1988. - Prospekt des Hohenzollern-Kunstgewerbehauses, Berlin, Leipziger Straße 13 aus dem Jahr 1907.
(35) Erkelens 1996. - Schriftliche Auskunft von Frau Wies Erkelens vom 26.11.2002.
(36) Sommer 1992.
(37) Ottenheym 1988.
(38) Bechler 2002, S. 64.
(39) Schlansky 1999.
(40) Pluis 1994, S. 98-102. Nur ca. 15 % der mehr als 7300 von Herrn Jan Pluis dokumentierten Bibelfliesen haben als Eckmotiv die Nelke.
(41) Schut 1659. - Pluis 1994, S. 136-141. Keine Bilderbibel war in der angewandten Kunst so wichtig wie die kleine Bilderbibel van Pieter Schut.
(42) Laméris 1997. - Pluis 1994, S. 98-102. Fast 62 % der mehr als 7.300 von Herrn Jan Pluis dokumentierten Bibelfliesen haben als Eckmotiv den Ochsenkopf Bei Amsterdamer Bibelfliesen aus der Zeit von ca. 1700 bis ca. 1775 (Fliese 40) beginnt der Stamm des Ochsenkopfes in einem Punkt und in seiner Mitte befindet sich ein kurzer Querstrich. Die langen Hörner liegen in einer fast geraden Linie. Wo diese an der Spirale beginnen, ist noch ein kurzes Horn gemalt.
(43) Laméris 1997.-Pluis 1994, S. 101.Um 1720-1730 wurden in Harlingen / Friesland Bibelfliesen mit einem auffallenden Ochsenkopf hergestellt, bei dem die langen und kurzen Hörner und die drei Striche des Pfeils ungefähr gleich lang sind. Das obere Ende des Stammes ist an der Spirale mit einem kräftig gemalten Punkt versehen.

 

Bibliographie

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Kataloge

Griekse Goden en Helden - in de tijd van Rubens en Rembrandt,
Katalog der Ausstellung Athen 28.09.2000 - 08.01.2001 und Dordrecht 03.02.2001 - 08.05.2001.
Onder den Oranje boom. Kunst und Kultur im 17. und 18. Jahrhundert an deutschen Fürstenhöfen. Herausgegeben von Horst Lademacher. Zwei Katalogbände der Ausstellung im Kaiser Wilhelm Museum Krefeld vom 18.4.1999, Schloss Oranienburg vom 15.7.1999 bis 14.11.1999, Palais Het Loo, Apeldoorn vom 16.12.1999 bis 20.3.2000, München 1999.
Oranien - Orangen - Oranienbaum. Tagungsband des internationalen Symposions Oranien - Orangen - Oranienbaum vom 18. bis 20.6.1997, München u.a. 1999 (Kataloge und Schriften der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz 9).

 

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