Dresdner Molkerei Gebrüder
Pfund
gegründet 1880
„Der schönste Milchladen
der Welt“
1892 von Villeroy & Boch keramisch
gestaltet
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So präsentiert sich Pfund’s
Milchladen an der Bautzner Straße in Dresdens Neustadt.
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Im Eingangsbereich lädt
Groteskendekoration auf Fliesen zum Besuch des Milchladens und zur
Besichtigung des keramischen Bilderbuches ein.
Das Aushängeschild weist auf
Pfund’s Café Restaurant hin, das in ehemaligen Büroräumen in
der
1. Etage eingerichtet wurde.
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Paul Gustav Leander, Mathilde
und Friedrich Pfund
„Nütze die Zeit“ steht auf
einem Schriftband über dem Kühlschrank hinter der Ladentheke.
Der Gründer des Unternehmens,
Paul Gustav Leander Pfund (1849-1923), befolgte seinen Wahlspruch.
Er und seine Frau Mathilde kamen 1879 mit sechs Kühen von
Reinholdshain nach Dresden um die Milchversorgung der wachsenden Bevölkerung
Dresdens zu stabilisieren und hygienisch einwandfreie Milch zu
liefern.
Kurz nach der Gründung trat
sein Bruder Friedrich als Teilhaber in das Unternehmen, was dann
Dresdner Molkerei Gebrüder Pfund hieß. Friedrich Pfund war
herzoglich weimarischer Hofschauspieler. Ihm gelang es Persönlichkeiten
von der Idee des Unternehmens zu überzeugen und wichtige Kunden zu
gewinnen.
Weil im Unternehmen bald mehr
Milch produziert wurde, als in Dresden und im näheren Umland
abgesetzt werden konnte, stellte die Firma Gebrüder Pfund als erste
in Deutschland Kondensmilch her. Mit kondensierter Milch begann der
Erfolg des Unternehmens im Ausland.
Kindernahrung mit annähender
Qualität von Muttermilch und Milch für Kinder und Kranke des
Unternehmens Gebrüder Pfund halfen mit, die Kindersterblichkeit zu
senken.
Die im Unternehmen produzierte
und von den Menschen damals gern bei der Körperreinigung angewandte
Milchseife förderte zudem den Bekanntheitsgrad der Firma Gebrüder
Pfund.
Das größte Verdienst des Paul
Friedrich Leander Pfund war im Jahr 1900 die Einführung der
Pasteurisierung aller Milch des Unternehmens.
Der Milchladen als
Gesamtkunstwerk
Der repräsentative Hauptbau der
Firma in der Bautzner Straße 79 entstand 1891. Unter den Kontorräumen
lag der Laden, der 1882 durch Villeroy & Boch Dresden komplett
mit Fliesen und Baukeramik im Neorenaissancestil ausgekleidet wurde.
Fliesen und baukeramische Elemente schufen Mitarbeiter und
Mitarbeiterinnen der Firma Villeroy & Boch Dresden in
Zusammenarbeit mit Dresdner Künstlern.
Dieses Gesamtkunstwerk besteht
vom Fußboden bis zur Decke aus handgefertigten keramischen
Elementen. Selbst die Verkleidungen von Theke und Kühlschrank
hinter der Theke sind mit Fliesen und Keramikelementen gestaltet.
Keramisches Bilderbuch
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„Bitte nicht fotografieren
oder filmen. Wir bitten um Ihr Verständnis.“
Diesen Hinweis findet man
mehrmals im Ladenlokal. Fotografieren oder filmen ist aber auch während
der Öffnungszeiten kaum möglich, da Besucher / Kunden sich meist
dicht drängen. Deshalb bin ich Herrn Geschäftsführer Dr. Frank
Zabel für die mir erteilte Fotografiererlaubnis außerhalb der Öffnungszeiten
besonders dankbar.
Die Fotos fertigten am
10.03.2011 Elvira Kless und Klaus-Peter Dyroff.
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Detail der linken Seitenwand.
Dicht unter dem Deckenanschluss
zieht sich ein Fries hin, auf dem sich Putten (zum Teil mit Flügeln
dargestellt) auf und um Girlanden tummeln.
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Ein Page präsentiert die Wappen
von Amerika und Großbritannien.
Es sind selbstbewusste Symbole für
die weltweiten Absatzgebiete von Produkten aus der
Dresdner Molkerei
Gebrüder Pfund.
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Der berühmte Pfunds
Milchbrunnen ist seit mehr als 50 Jahren verschollen. Seit 2009
steht eine von Andreas Kutsche gefertigte originalgetreue Kopie an
der ursprünglichen Stellen vor einem kleinen Wandfeld aus in Lüsterglasur
dekorierten Fliesen. Milch wird nicht in die Brunnenschale fließen,
dafür kann man aber im Laden frische Milch trinken.
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Nicht alle Wanddetails konnten
beim Ortstermin fotografiert werden, da sie durch
Einrichtungsgegenstände teilweise verdeckt wurden.
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Über Sockel- und Wandbereichen
mit auf Fliesen gemalten Grotesken sieht man im Fries unterhalb
der
Decke Hütebuben mit Rindern und Schafen. Das Auge kann kaum alle
Details erfassen.
So wird es auch in früheren
Zeiten Kunden der Gebrüder Pfund ergangen sein, die bei jedem
Einkauf „neue“ Darstellungen entdeckten.
Erich Kästner und Helga Schütz
schrieben über ihre Eindrücke.
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Detail des in Bild 09 gezeigten
Wandsockelbereiches.
Die Fliesenfelder umschließenden
Goldleisten sind Profile, die aus der Fläche hervortreten.
Der keramische Bodenbelag der
Firma Villeroy & Boch wurde aus trittsicheren Mosaikplatten
erbracht.
Die Oberflächen der Achteckplatten sind strukturiert.
Trittsicherheit in Ladenlokalen der Lebensmittelbranche war für
Villeroy & Boch schon damals eine Selbstverständlichkeit.
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Rechts neben Theke und
Zahlstelle führen vier Stufen zu einem Podest mit einem Weinregal.
Der Aufgang wird von zwei keramischen Säulen flankiert. Es sind
Meisterwerke glasierter und bemalter Baukeramik.
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Im Nebenraum des Ladenlokals führen
ebenfalls vier Stufen zu einem Podest. Auch hier wird der Aufgang
von zwei keramischen Säulen flankiert.
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Genien tragen ein Fliesengemälde,
das eine idealisierte niederländische Landschaft zeigt.
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Windmühle, Bauer auf zweirädrigem
Karren, Kuhherde und melkende Milchbäuerin verbinden die
Vorstellung der Niederlande mit gesunder Milchproduktion, die den
Gebrüdern Pfund am Herzen lag.
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Durchblick vom Nebenraum zur
Theke im Verkaufsraum.
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Im Fries zum Deckenansatz findet
man den Sinnspruch „Sich regen bringt Segen“
Die Beherzigung dieses
Sinnspruchs brachte der Familie Pfund Ansehen und Reichtum.
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Stehtische laden im Nebenraum zu
kurzem Verweilen ein.
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Auf diesem Bild ist sehr schön
der Übergang von Wandfeldern und Fries zur keramischen
Deckenbekleidung zu sehen.
Theke
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Blick vom Nebenzimmer zum
Eingangsbereich des Verkaufsraums.
Die Thekenkonstruktion wurde mit
großformatigen Platten und reichen baukeramischen Elementen
bekleidet.
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Die Größe der glasierten und
bemalten einteiligen Plattenfelder ist beeindruckend.
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Angebotene Käsesorten lenken
die Blicke der Besucher von den keramischen Elementen der
Thekenbekleidung ab.
Während der Öffnungszeiten ist
wegen des Besucherandrangs die keramische Bekleidung aus
dem im Bild
gezeigten Blickwinkel nicht zu sehen.
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Fünf baukeramische Elemente mit
Löwenköpfen und Fruchtgehängen teilen die Thekenfront in vier
Felder.
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Zwei unterschiedliche Motive
wechseln auf den großen baukeramische Platten einander ab.
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An der Theke sind glasierte
keramische Profile in großer Anzahl und Vielfalt angesetzt.
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Rechte Ecke der Ladentheke.
Bei der hohen Zahl der Besucher
können Beschädigungen im Sockelbereich zum keramischen Bodenbelag
nicht ausgeschlossen werden. Erforderlich sind regelmäßige
Kontrollen und Reparaturarbeiten.
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Ansicht der Thekenfront im
Bereich der Zahlstelle.
Details
Immer neue Dinge entdecken
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Auch in diesem Detailbereich ist
die Vielfalt zur Flächendekoration und Bemalung eingesetzter
keramischer Farben beeindruckend. Sehr edel und prägend ist die
Verwendung von Goldtönen.
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Links das Wappen des Freistaates
Sachsen, rechts das Wappen der Stadt Dresden.
Modell für die Putte mit Flügeln,
die beide Wappen hält, stand mit Sicherheit ein Dresdner Kind.
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In diesem Detailbereich besticht
nicht nur die Darstellung des Kindes mit einer Milchflasche, es ist
auch der Wechsel von Fliesen zu baukeramischen Elementen. Die Flächigkeit
der Fliesendekoration wird aufgelöst.
Am linken Bildrand sieht man
Teile einer wohlproportionierten keramischen Säule.
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Ein Putto leitet einen zottigen
Hund, der einen Karren mit Produkten der Dresdner Molkerei Gebrüder
Pfund zieht. Rechts wird sterilisierte Milch in Flaschen gefüllt.
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Putten tummeln sich um eine
Fruchtgirlande.
Die Leichtigkeit der Darstellung
wird noch durch schwirrende Schmetterlinge und ein spielendes Kätzchen
verstärkt.
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Selbst ein Kaiserbildnis findet
man in der Fliesendekoration.
Aus der Beschriftung ist zu
entnehmen, dass es sich um den Deutschen Kaiser Wilhelm II. handelt.
Wilhelm II. (*27.01.1859 in Berlin, + 04.06.1941 in Doorn,
Niederlande) war von 1888 bis 1918 letzter Deutscher Kaiser und König
von Preußen.
Abgebildet ist die Vorderseite
einer Medaille der GERMAN EXHIBITION LONDON 1891.
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Putto mit einer Medaille. Die
dargestellte Rückseite trägt die Aufschrift „GERMAN EXHIBITION
LONDON 1891“ und „PALMAM QUI MERUIT FERAT“ („Die Siegespalme
erhalte, wer sie verdient hat.“).
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Im Fries findet man immer wieder
Putten, die um eine Fruchtgirlande tollen. Schmetterlinge, Tauben
und eine Katze lockern das Bildgeschehen noch weiter auf.
Bei den Putten findet man auch
einen Putto mit Flügeln.
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Im Durchblick vom Nebenraum zum
Verkaufsraum erkennt man einen Teilbereich der keramischen
Deckenbekleidung.
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Ein geflügelter Putto mit zwei
Verpackungseinheiten der Art 6344.
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Knabe mit einer Dose
Kondensmilch. Im Ornament findet man die Darstellung von Medaillen,
die den Gebrüdern Pfund in großer Zahl verliehen wurden.
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Keramischer Säulenfuß mit
Masken im Verkaufsraum.
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Keramischer Säulenfuß mit
Masken im Nebenraum.
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Putto mit Flügeln trinkt
sterilisierte Milch.
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Hütebuben in unterschiedlichen
Tätigkeiten.
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„Nütze die Zeit“ –
Ermahnung über dem Kühlschrank hinter der Theke.
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Perfekte Harmonie von Fliesen
und baukeramischen Elementen mit dem Monogramm GP
der Gebrüder
Pfund.
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Geflügelter Putto mit gläsernem
Messzylinder.
Zwei mythologische
Darstellungen
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Im Medaillon ist Diana, die Göttin
der Jagd, dargestellt.
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Silvanus war ein römischer Gott
und galt als Erfinder des landwirtschaftlichen Pflanzenanbaus. Er
wurde häufig in Hirtentracht dargestellt und gelegentlich auch –
wie hier – mit Winzermesser. Er war für die Natur, für Feld und
Fruchtbarkeit und - wie sein Name besagt - auch den Wald (silva)
zuständig.
Keramische Deckenbekleidung
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Villeroy & Boch Dresden
stellte auch die baukeramischen Elemente für die Deckenbekleidungen
her und brachte sie in Verkaufs- und Nebenraum mechanisch gesichert
an die Deckenunterkonstruktion.
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Detailbereich aus der Decke des
Ladenlokals.
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Drachenornamente in der
Deckenkeramik.
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Deckenelement mit
Verschraubungen der tragenden Leistenkonstruktion.
Fliesen in der Durchfahrt zum
ehemaligen Betriebsgelände der Molkerei Gebrüder Pfund
Als schönster Milchladen der
Welt ist das Ladenlokal mit Nebenraum an der Bautzner Straße
bekannt.
Wenig Beachtung findet die
Fliesenbekleidung in der Durchfahrt zum ehemaligen Betriebsgelände.
Auch diese Wandbekleidungen wurden von Villeroy & Boch Dresden
erbracht.
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Wandbekleidung aus Fliesen im
Format von 15x15 cm in der Durchfahrt.
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Keramische Wandbekleidungen an
beiden Seiten der Durchfahrt.
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Die Wandbekleidungen haben
Nutzung und Kriegseinwirkungen gut überstanden.
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Fachlich einwandfrei ausgeführte
Fliesenarbeiten im Hauseingang.
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Rechte Seite des Hauseingangs.
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Detail der Wandbekleidung mit
relativ engem Fugenbild.
Das Ansetzen mit möglichst
wenig Fugenbreite stellte erhebliche Anforderungen an die ausführenden
Handwerker, da Fliesen noch nicht kalibriert angeliefert wurden.
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Diese Musterkarte zeigt Fliesen
der Artikelnummer 85a für Flächen und Randfliesen mit der
Artikelnummer 86a.
Die Fliesen kosteten, wie
handschriftlich auf der Karte notiert, pro qm 17,50 Reichsmark.
Zur Wertschätzung von Fliesen:
Arbeiter verdienten 1900 im
Baugewerbe durchschnittlich 1072 Mark im Jahr.
Mein Bericht über die
Restaurierung des Milchladens nach der Wiedervereinigung folgt noch.
Danksagung
Mein besonderer Dank gilt Herrn
Geschäftsführer Dr. Frank Zabel, der mir die Fotoerlaubnis und die
Erlaubnis zur Veröffentlichung des Bildmaterials erteilte.
Frau Elvira Kless und Herr
Klaus-Peter Dyroff fertigten das Bildmaterial.
Dresdner Molkerei Gebrüder
Pfund GmbH
Bautzner Straße 79
01099 Dresden-Neustadt
http://www.pfunds.de
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