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	 Emblemfliesen 
	und ihre literarischen Vorlagenim Sommerspeisesaal von Schloss Wrisbergholzen
   Wrisbergholzen, Ortsteil der Gemeinde Sibbesse, liegt  zwischen den Städten Hildesheim und Alfeld.    
 
	SchlossbauSchloss Wrisbergholzen wurde zwischen 1740 und 1745 vom Freiherrn 
	Rudolf Johann von Wrisberg (1677-1764), Oberappelationsgerichtspräsident des 
	Königs von Großbritannien und Kurfürsten von Hannover Georg II., im Stil 
	Barock errichtet. Baumeister waren die Gebrüder Bütemeister aus Moringen bei 
	Northeim, die schon 1736 im Auftrag des Freiherrn von Wrisberg die 
	nahegelegene Fayencemanufaktur errichtet hatten.
 Die Schlossgebäude bestehen aus zweigeschossigen Mitteltrakt und den beiden 
	rechtwinklig vorspringenden zweigeschossigen Seitenflügeln. Im Bereich des Mittelrisalits sieht man die Wappen der Catharina Eva Sophie von Wrisberg, 
	des Freiherrn Carl Friedrich von Schlitz gen. von Goertz und die Jahreszahl 
	1745.
 Im Innern des Mitteltrakts ist die große Eingangshalle mit der großzügigen 
	Treppenanlage, dem dahinter liegenden Gartensaal und im Obergeschoss der 
	große Prunksaal mit prachtvollen Stuckarbeiten erwähnenswert.
 
	Fliesensaal
 Im Erdgeschoss des nördlichen Seitenflügels befindet sich der 
	beeindruckendste Raum des Schlosses, ein Saal, dessen Wandflächen mit ca. 
	800 großformatigen Fliesen im Format 23 x 27,5 cm aus der ehemaligen 
	gräflichen Fayencemanufaktur bekleidet sind. Die Fliesen zeigen 
	Landschaften, Chinoiserien, biblische und emblematische Darstellungen. Bei 
	den Emblemfliesen unterscheiden sich die Verse hinsichtlich der gewählten 
	Sprachen. Es gibt Verse in lateinischer, italienischer und französischer 
	Sprache. Eine zahlenmäßig große Gruppe Emblemfliesen haben neben Bild und 
	Spruch eine elegante Rahmenverzierung.
 Die Wände sind wie folgt gegliedert: den Sockel bilden drei Reihen 
	Ornamentfliesen, es folgen acht Reihen Emblemfliesen umrahmt von 
	Profilleisten. Den Abschluss bilden eine Doppelreihe Fliesen ohne 
	emblematische Darstellungen und ein Fries mit Landschaftsdarstellungen als 
	Deckenanschluss.
 Im Fliesensaal erscheint die Jahreszahl 1749 elfmal auf Emblemfliesen.
 Der große langrechteckige Raum diente der freiherrlichen und ab 1803 der 
	gräflichen Familie als Sommerspeisesaal.
 
	Fayence-Manufaktur
 In der 1736 als „Porcellain Fabrique“ gegründeten Manufaktur wurden 
	Zier- und Gebrauchsfayencen hergestellt. Es gelang die schwierige Produktion 
	großformatiger Wandfliesen. Neben dem Fliesenzimmer in Schloss 
	Wrisbergholzen fanden nachweislich großformatige Fliesen aus Wrisbergholzen 
	Verwendung im Schloss Ruthe bei Sarstedt, im Gartensaal des bischöflichen 
	Palais in Münster und im königlichen Badehaus in Bad Rehburg.
 
	Maler der Fliesen im Sommerspeisesaal
 Maler von Großfliesen war, nachweislich und durch Markierungen belegt, 
	Johann Christoph Haase (tätig 1746 - 1749). Auf einer Fliese nach Saavedra 
	mit der Aufschrift “Les jouets de la mort“ erscheinen 
	die Jahreszahl 1749 und die Buchstaben I.U.V.D. für Johann Ulrich von Dassel 
	(tätig 1739-1748). Weitere Maler, die zwischen 1745 und 1749 in der 
	Fayencewerkstatt arbeiteten waren Thilo Ziegenbein (tätig 1739-1745 und 
	1758-1765), Heinrich Ernst Grote (tätig bis 1750), Johann Heinrich Schröder 
	(tätig ab 1738-?), H. Pickart (tätig ab 1737-?).
 Arbeiten der oben genannten Maler sind Teile der Fayencesammlung im 
	Kestner-Museum Hannover. Darunter eine achteckige Platte und eine 
	Doppelhenkelvase mit dem Wappen der Grafen von Görtz-Wrisberg; von Ulrich 
	von Dassel gemalt.
 H. N. Kornrumpf leite die Manufaktur als Werkmeister von 1739 bis 1756.
 Christian Rupprecht war um 1738 Glasurmeister und Christian Lohmann Dreher 
	bis 1752.
 Christian Lohmann war wahrscheinlich auch bei der Formung der Großfliesen 
	tätig.
 
	
 
	
	 Detail der Westwand mit Emblemfliesen
 
	  
	Literarische  Vorlagen für die Emblemfliesen Für die Emblemfliesen im Fliesensaal benutzten die  Fliesenmaler der Fayencewerkstatt Wrisbergholzen literarische Vorlagen aus vier  Emblembüchern von drei Autoren:
 Diego de Saavedra, Le prince  chrestien et politique, Paris 1668
 Otto van Veen, Amorum Emblemata  Figuris Aeneis Incisa, Antwerpiae 1608
 Otto van Veen, Emblemata Horatiana,  Amstelaedami 1684
 Joachim Camerarius, Symbolorum et Emblematum Centuriae quatuor,  Moguntia 1668
   Diego de Saavedra 
	Fajardo, 1584-1648Le  prince chrestien et politique, Paris 1668
 Die Ausgabe gehörte, wie die lateinische aus Amsterdam und  dem Jahr 1659, 1749 zur Bibliothek in Schloss Wrisbergholzen.
 * Johannes Köhler: „Von den vier Emblembüchern, die als  Vorlage für die Emblemfliesen in Wrisbergholzen dienten, wurde kein anderes so ausführlich  und sorgfältig behandelt wie das von Diego Saavedra. Von den insgesamt 103  Emblemen können bis auf zwei, Nr. 37 und 97, alle nachgewiesen werden.“
 
      
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 |    Beispiele für Emblemfliesen nach Saavedra im 
	Fliesensaal 
      
        |   Harren und Hoffen
 |   Symbolum XXXIV.
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        |   Unter dem Honig verbirgt sich Gift
 |   Symbolum XLVIII.
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        |   Zwischen den beiden Polen
 |   Symbolum LXVIII.
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        |   Harte Arbeit überwindet alles
 |   Symbolum LXXXIX.
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        |   Keine Halbheiten
 |   Symbolum LXXXV.
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        |   Schön an der Oberfläche
 |   Symbolum LXXVIII.
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        |   Mehr durch Planung als durch Kraft
 |   Symbolum LXXXIV.
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        |   Alles weicht der Einigkeit
 |   Symbolum LXIX.
 |      Das  sind die fehlenden Embleme 37 und 97 aus: Diego de Saavedra  Fejardo,  1584-1648
 Abris  Eines Christlich-Politischen Prinzens, Coloniae 1674
 
      
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 …“Also pfleget es der Schiffer zu thun / welcher (nach    allem widerstand) wan er alle hoffnung und muht verloren hat / dan besitzet    er die gelegenheit deß Landts / und läst also das Schiff stranden / damit wo    solches in stücken gehet / er auffs wenigste sein Leben und gut erhalten möge“. |  MINIMUM ELIGENDUM
 Wähle das geringste Übel
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		  "Als Hercules den Löwen oberwunden / wuste er sich stets Meisterlich zu    gebrauchen / dan mit desselbigen haut bedeckete er sich / auf das er desto    leichter andere wunderthier oberwältigen möchte.Also machet nach erlangte sieg der raub / den obsiger desto    mächtiger / und versihet ihn mit mehr wehr von waffen.“
 |   FORTIOR SPOLIS
 Mächtiger durch die Beute
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       Veen, Otto van, 1556-1629Amorum Emblemata Figuris Aeneis Incisa, Antwerpiae  1608
 * Johannes Köhler: „Von den, nicht nummerierten, 124 Emblemen  aus Amorum Emblemata können 121 Fliesen gezählt werden, doch dienen nur 97  Embleme als Vorlagen. Die Differenz ergibt sich daraus, dass einzelne Embleme  zweimal bzw. sogar dreimal gestaltet wurden.“   Beispiele  für Emblemfliesen nach Otto van VeenAmorum  Emblemata im Fliesensaal
 
      
        |   Herberge der Schmerzen
 |     AMORVM 197
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        |  Statt Eisen Milde
 |     AMORVM 209
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   Veen, Otto van, 1556-1629Emblemata Horatiana, Amstelaedami, 1684
 Beispiel  für Emblemfliesen nach Otto van VeenEmblemata  Horatiana im Fliesensaal
 * Johannes Köhler: „Bei den Emblemata Horatiana war die  Übertragung aus dem Buch auf die Fliese deswegen verhältnismäßig leicht, weil  bereits das Buchbild ein Format hatte, das dem der Fliese fast gleich war.“ 
      
        |   Jeder kann sich mit seinem Schicksal zufrieden geben
 |    Emblemata Horatiana 40.
 ‘t Genoegen is ‘t al.
 Das Genügen ist alles
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   Camerarius,  Joachim, 1534-1598Symbolorum  et Emblematum Centuriae quatuor, Moguntia 1668
 Beispiele  für Emblemfliesen nach Camerarius im Fliesensaal * Johannes Köhler: „Von vierhundert möglichen Emblemen wurden  in Wrisbergholzen 210 ausgewählt. Von den 210 Fliesen tragen 197 die  Rahmenverzierung, die 13 anderen sind entsprechend ganzflächig und ohne  Rahmenverzierung.“ 
      
        |   Nicht dem Niedrigen gefolgt
 |  Et Emblematum Centur. I./XLIX.
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        |  Viel Kleines ergibt ein Großes
 Anmerkung: Der Maler hat das Motiv um 180° gedreht.
 |  Et Emblematum Centur. I./XCI.
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        |   Ohne unterweisendem Lehrer
 |  Et Emblematum Centur. I./XCVII.
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        |  Niedergetreten werde ich schöner aufstehen
 |  Et Emblematum Centur. I./LXXV.
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        |   Reines. Keusches gefällt den Göttern
 |  Et Emblematum Centur. II./I.
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        |   Nichts geht über die Kräfte
 |   Et Emblematum Centur. II./XVI.
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        |   Eine andere gemischte Art
 |   Et Emblematum Centur. II./XVIII.
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        |   Sie unterstützen Stärke und Geist
 |   Et Emblematum Centur. II./LXIV.
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		 Achtsamkeit
 |   Et Emblematum Centur. II./LXXIII.
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        |   Große Fähigkeit
 |   Et Emblematum Centur. II./LXXIV.
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        |   Und etwas von Nutzen
 |   Et Emblematum Centur. II./LXXV..
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        |  Symbole der vier Elemente
 Liebe ist Voraussetzung von allem
 |  Et Emblematum Centur. II./C.
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        |  Die Gegebenheiten und unsere Bemühungen bringen Lebenskraft
 |   Et Emblematum Centur. III./XVIII.
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        |  Unschuld hat keine Angst vor Verleumdung
 |   Et Emblematum Centur. III./XXV.
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        |  Man muß sich an Ort und Zeit anpassen
 |   Et Emblematum Centur. III./XXVIII.
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 Literatur
 Appuhn, Horst, Großfliesen für Kurfürst Clemens August von  Köln, in: Zeitschrift des deutschen Vereins für Kunstwissenschaft 26, 1972
 Boyken, Martin, Die Spruchfliesen von Wrisbergholzen,  Hildesheim 1967
 Boyken, Martin, Die geistesgeschichtlichen Quellen für die  Spruchfliesen von Wrisbergholzen, Sonderdruck zur Zeitschrift ‚Alt  Hildesheim’ Nr. 39 – 1968
 Henke, Artur und Schöne, Albrecht, Handbuch zur  Sinnbildkunst des XVI. und XVII. Jahrhunderts, Stuttgart 1996
 Hüseler, Konrad, Deutsche Fayencen, Bd. 1, Stuttgart  1956
 Köhler, Johannes, Angewandte Emblematik im Fliesensaal von  Wrisbergholzen bei Hildesheim, Beiträge zur historischen Bildungsforschung,  Herausgeber: Rudolf W. Keck, Hildesheim 1988
 ---, Die emblematischen Monatsfliesen in Wrisbergholzen, in: Gerhard F.  Strasser / Mara Wade (Hrsg.): 
	Die Domänen des Emblems. Außerliterarische  Anwendungen von Emblematik, Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel (=  Wolfenbütteler Arbeiten zur Barockforschung 39), Wiesbaden 2004, S. 15-27.
 ---, Joachim Camerarius, Embleme III, 16-42, im Fliesensaal von Wrisbergholzen,  in: Johannes Köhler / Wolfgang Christian Schneider (Hrsg.): 
	Das Emblem im  Widerspiel von Intermedialität und Symmedialität. Symposium an der Universität  Hildesheim (30. April - 1. Mai 2004) (= Philosophische Texte und Studien 89)  Hildesheim 2007, S.227-249.
 ---, Neues aus Wrisbergholzen? Korrekturen, Einsichten, Vorschläge, in:  Ingrid Höpel (Hg), 
	Architektur als Ort für Embleme. Beiträge zu einer Tagung  des Kunsthistorischen Instituts der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel am  23. Januar 2013, Kiel 2014, S. 58-66.
 La Corte, Michael, Emblematik als Teil der profanen  Innenraumgestaltung deutscher Schlösser und Herrenhäuser.  Vorkommen-Form-Funktion, Göttingen 2019, Darin: Der Fliesensaal von  Wrisbergholzen, S. 173-195.
 Riesenbieter, Otto, Die Fayencefabrik zu Wrisbergholzen,  in: Cicerone 3, 1911 (Digitalisat)
 Rinke, Bettina, Die Fayencefabrik Wrisbergholzen. Ein  Beitrag zur Keramikforschung in Niedersachsen. Unveröffentlichte  Magisterarbeit, Göttingen 1982.
 Schandelmaier, Hela, Niedersächsische Fayencen, Braunschweig  I und II, Hannoversch Münden, Wrisbergholzen, Hannover 1993
 Stahl, Siegfried, Deutsche Fliesen, Braunschweig 1977
 Stoehr, August, Deutsche Fayencen und deutsches Steingut,  Berlin 1920 (Digitalisat)
 Wikipedia
     DanksagungHerrn Alexander Graf von Goertz-Wrisberg danke ich für seine Genehmigung zur 
Veröffentlichung des Bildmaterials aus dem Fliesenzimmer. 
 Mein Dank gilt Herrn Dr.  Johannes 
Köhler für vielfache Hilfe.
 
 Herr Wolfgang Ness stellte mir freundlicherweise seine Fotos aus dem Fliesensaal 
des Schlosses für diese Veröffentlichung zur Verfügung.
 
 Meinem Sohn Norbert danke ich für Bearbeitung und Veröffentlichung des 
Berichtes.
 
 
     
	
	Bitte beachten Sie  
	Fliesensaal von Schloss 
	Wrisbergholzen 
	Wandansichten und 
	Monatsfliesenwww.geschichte-der-fliese.de/wrisbergholzen1.html 
	   Verein zur Erhaltung von Baudenkmalen in WrisbergholzenAlte Manufaktur / Am Schlosspark 9
 31079 Sibbesse-Wrisbergholzen
 www.baudenkmale-wrisbergholzen.de/verein
 
 Terminplan für öffentliche Besichtigungen:www.baudenkmale-wrisbergholzen.de/events
 
	
	
	 
	
	 
	
	
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