Vorbemerkung
Erst nach dem 2. Weltkrieg kam es zur Umbenennung von
Wandplatten zu Wandfliesen.
Die terminologische Festlegung erfolgte im Dezember 1952
mit der DIN 18154.
Durchscheinende
Bleiglasuren wurden ‚Majolika-Glasuren‘ bezeichnet. Die Färbung
der Bleiglasur (selten auch Zinkglasur) erreichte man durch Zusatz
unterschiedlicher Metalloxide (zum Beispiel Eisenoxid, Kupferoxid, Manganoxid
und Kobaltoxid). Bei der M.7 wurde die optisch ‚schwarze‘ Farbe
durch Zugaben von Kobalt-, Mangan- und Eisenoxid zur Bleiglasur
erzielt.
Opake
Glasuren waren eingefärbte deckende Glasuren. Als Trübungsmittel
wurde meist Zinnoxid eingesetzt.
Bei geflammten Glasuren wurden unterschiedliche
Glasurmassen vor dem Glasurbrand nass in nass auf die Scherben (auch
Biskuit genannt) aufgebracht.
Die Wessels Wandplattenfabrik A.G. hatte 1930 vierzig
verschiedene Farben geflammter Glasuren im Angebot.
Wessels Wandplattenfabrik A.G. fertigte Platten in elf
verschiedenen Formaten. Das
gängige Format war die Nr. 1 mit 151x151 mm.
Abdeckplatten
wurden als oberste Reihe einer Wandbekleidung angesetzt und
schlossen ohne Kantenbildung an den Wandputz an. Sie fanden
aber auch an steigenden Aussenecken Verwendung.
Diese 10 verschiedenen Platten waren passende
Sonderformate zu den mit Tafel 6 gezeigten Abdeckplatten.
In
den dreißiger Jahren waren noch Ausführungen keramischer
Badewannen und Bottiche Arbeitsfelder von Platten- und
Fliesenlegern.
Nach
der Verordnung über den Aufbau des deutschen Handwerks vom 18.
Januar 1935 war Voraussetzung zur Ausübung eines selbständigen
Handwerkerberufs, die erfolgreich abgelegte Meisterprüfung in dem
betreffenden Berufszweig. Der Reichsverband Deutscher Fliesengeschäfte
beschloß am 28. Oktober 1937 die Herausgabe eines Handbuches, das
die Möglichkeit der Leistungssteigerung in technischer und kaufmännischer
Weise sowie die Senkung der Kosten behandeln sollte. Robert Stelzer
veröffentlichte im Frühjahr 1939 in Zusammenarbeit mit dem
Reichsverband Deutscher Fliesengeschäfte sein Buch ‚Der
praktische Platten- und Fliesenleger – Handbuch für das gesamte
Platten- und Fliesen-Gewerbe. In diesem Buch findet man auf den
Seiten 376-382 die ersten fachlichen Vorschriften für die Meisterprüfung
im Platten- unf Fliesenlegerhandwerk.
Sockelplatten
mit 90°-Übergang zum Bodenbelag und Rinnleisten (Hohlkehlsockel)
waren zu unterscheiden. Rinnleisten kamen, hochkant gesetzt oder
flach gelegt, dort zum Einsatz, wo besondere Hygiene verlangt wurde,
da die Bodenreinigung bis über die Kehle erfolgen konnte.
Anwendungsbeispiele von Platten mit Fase findet man ausführlich
im 'Handbuch für das gesamte Platten- unf Fliesen-Gewerbe ‘DER
PRAKTISCHE PLATTEN- UND FLIESENLEGER‘ von Robert Stelzer (Berlin
1938) auf den Seiten 36-38 beschrieben.
Seifenschalen wurden in den Wessel-Werken bis zu ihrer
Schließung im Gießverfahren hergestellt.
Die
Vielzahl an Formstücken machte die Lagerhaltung für Fliesengeschäfte
fast unmöglich. Jeden Kundenauftrag mussten verarbeitende Betriebe
sorgfältig hinsichtlich benötigter Stückzahlen auswerten, um dann
entsprechende Mengen im Wessel-Werk in Bonn zu bestellen.
Schablonendruck
und Siebdruck waren bei Schablonenmuster zu unterscheiden.
Für
den Schablonendruck wurden Motive aus Folien ausgeschnitten. Die
Schablonen legte man auf die Biskuitscherben und strich eingefärbte
Glasurmasse darüber, die sich an den offenen Stellen mit dem
Scherben verband. Im Glasur- oder Glattbrand verschmolzen Scherben
und Glasuren unlösbar. Unter der Lupe sind die farbigen Bereiche
flächig zu erkennen.
Der Siebdruck war differenzierter
als der Schablonendruck, da es sich um eine Rastertechnik
handelte.
In
Seiden- oder Kupfergewebe brachte man das Motiv als
lichtempfindliche Schicht. Die belichteten Motive wurden alsdann
freigelegt und waren so negativ wiedergegeben. Mit einer Gummirakel
konnte die farbige Glasurmasse durch die offenen Gewebemaschen auf
die Biskuitscherben aufgebracht und im Glasurbrand mit dem Scherben
innig verbunden werden. Unter der Lupe sind die farbigen Bereiche
als Raster zu erkennen.
Bei mehrfarbigen Mustern waren Druckrahmen in der Anzahl
gewählter Farben erforderlich.
Der
Aerograph, eine Spritzpistole für keramische Farben und Glasuren,
erlaubte moderne Spritzdekore mit feinsten Farbverläufen in
industriell-technischem Verfahren.
Biskuitscherben
wurden mit Schablonen (nach Anzahl gewählter Farben) abgedeckt und
mit farbiger Glasurmasse überspritzt. Über die freien Bereiche der
Schablonen drang farbige Glasurmasse auf die Biskuitscherben. Nach
erforderlicher Trocknung konnten die Fliesen in Schamottekapseln
gesetzt zum Glasurbrand kommen.
Bei
dieser aufwendigsten Dekortechnik wurden farbige Glasuren mittels
Pinsel auf die Scherben aufgetragen.
Markante
Konturen hatte man vorher über Durchstaubschablonen oder mittels
Drucktechnik auf die Scherben übertragen.
Die
Scherben wurden sowohl bei der Nass- als auch bei der Trockenformung
vorderseitig geprägt. Schmelzglasuren konnten in Räume zwischen
Stegen in Handarbeit mit einem Pinsel oder später mit Spritzdüsen
eingebracht werden.
Vor
allem beim abschließenden Glasurbrand verhinderten die Stege das
Zusammenlaufen unterschiedlicher Glasurmassen. Bei dieser Technik
ergaben sich interessante unterschiedliche Helligkeiten der zwischen
Stege eingebrachten farbigen Glasurmassen. Beim Glasurbrand
verliefen diese Glasuren in unterschiedlichen Dicken und ergaben
somit unterschiedliche Helligkeitswerte. Je dicker die Glasur nach
dem Glasurbrand lag, desto dunkler erschien sie dem Auge des
Betrachters.
Die Wessels Wandplatten-Fabrik A.G. fertigte in Bonn über
mehrere Jahre Brunnenbecken und dazu entsprechende Wasserspeier.
Die Tafel 33 fehlt im Katalog 30, der im Stadtarchiv Bonn
unter der Signatur IK 778 liegt und Grundlage für diese Veröffentlichung
ist.
Die Wessels Wandplatten-Fabrik A.G. exportierte ihre
Produkte in den dreissiger Jahren und bis zum 2. Weltkrieg
(1939-1945) in alle Welt. Hauptabsatzgebiete waren südamerikanische
Staaten.
„Stadtarchiv und Stadthistorische Bibliothek Bonn“
Der Katalog liegt unter der Signatur IK 778.
Ich
danke den Damen und Herren des Stadtarchivs Bonn, die mir auf meine
Kosten Scans von Umschlag und Tafeln erstellten und die Genehmigung
zur Veröffentlichung des Katalogs 30 auf meiner Seite
www.geschichte-der-fliese.de erteilten.
Bitte beachten Sie:
© Das Bildmaterial durfte nur für diese Veröffentlichung
verwendet werden. Eine darüber hinaus gehende Nutzung oder
Verwendung (z.B. Publikation im Internet oder die Erstellung von
Kopien), bedarf der schriftlichen Genehmigung des Stadtarchivs Bonn.
Bisher
veröffentlichte ich zur WESSEL‘S WANDPLATTENFABRIK
TEIL 1
FIRMENGESCHICHTE
- VON DER MANUFAKTUR ZUR WANDPLATTENFABRIK
-
In
Arbeit:
TEIL 3
WESSEL-WERK
AKT.-GES. BONN AM RHEIN
ERSTER
KATALOG NACH DEM 2. WELTKRIEG
BONNA
WANDFLIESEN UND FLIESEN-TRENNWÄNDE ‘WAPROTECT-DOPPEL‘
Teil 4
FABRIKATION VON WANDFLIESEN IN DEN 50ZIGER JAHREN DES 20. JAHRHUNDERTS
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