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Fenster der Wohneinheit ‘de Walvis‘ des
Kaufmannshauses d’Mol über der Zaan
Zaanse
Schans
Die
Zaanse Schans ist ein Dorf in der Zaanstreek und liegt nordwestlich
von Amsterdam. Der Name ist zurückzuführen auf eine 1574 als
Schutz gegen spanische Truppen errichtete Festungsschanze.
Bestehende Windmühlen wurden restauriert und viele alte Gebäude
aus der Zaanstreek zur Zaanse Schans gebracht und in altem Glanz
wieder aufgestellt.
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Kaufmannshaus d’Mol, Kalverringdijk 19,
auf der Zaanse Schans in Zaandam
Geschichte
des Kaufmannshauses d’Mol
Das beeindruckende Handelshaus
spiegelt immer noch Größe und Stand der ehemaligen Bewohner
wieder.
Ein stattliches Gebäude für stattliche Menschen. Dass sie begütert
waren kann man an der Fassade des Hauses, vor allem aber in den
Innenräumen sehen.
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‘T KOOPMANSHUYS D’MOL 1795
Reich verzierter Eingangsbereich mit Emblemen von Neptun und Merkur
für Schifffahrt und Handel
Das Anwesen d'Mol stammt aus der
zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts und stand ursprünglich in
Zaandijk, Lagedijk 238. Es kam Ende des 18. Jahrhunderts in den
Besitz des Kaufmanns Claes Neven Molszoon, einem Mitglied der
Mol-Familie, die in Jisp (Teil
der Gemeinde Wormerland) ein Vermögen mit Walfang gemacht
hatte.
Der Neu-Zaandijker ließ das Haus
im Jahre 1795 nach einem Entwurf des Architekten Samuel Daesdonck
umbauen. Bei dieser Renovierung erhielt das Haus seine
Backsteinfassade mit dem reich verzierten Eingangsbereich. Nach den
Umbauten aus dem Jahr 1795 gab es in den Jahren 1853 und 1903
weitere umfangreiche Restaurierungen des Anwesens.
Bei den Umbauten im Jahr 1903, bei
denen eine neue Küche angebaut wurde, gab es in der alten Küche
durch den Einbau von Fliesenbildern Veränderungen der Wandflächen.
Die Fliesentableaus hatten den Walfang zum Thema.
Mit den Fliesentableaus geschah
etwas Besonderes. Gerrit Jan Honig kaufte zwei Tableaus, als ein
Haus an der Gedempte Gracht in Zaandam abgerissen wurde. Sein Enkel,
Simon Honig erzählte 2007, dass während des Transports etwas
schief gelaufen sei. ,, Beide Fliesentableaus wurden auf einem
Handkarren von der Gedempte Gracht in Zaandijk abgeholt. Die
Tableaus waren breiter als der Handkarren. Um sie im Gleichgewicht
zu halten, setzte sich einer der Abbrucharbeiter während des
Transportes auf die Tableaus. Aufgrund seines Gewichts, brachen sie.
Durch beide Fliesentableaus gingen Risse. Es war allgemein bekannt,
dass Opa Honig, wenn bei Abrissarbeiten etwas Besonderes zum
Vorschein kam, er dies für ein Kiste Zigarren erwarb.“
Das Anwesen wurde seit 1853 von Mitgliedern der Familie Honig bewohnt,
zuerst von Jacob Jansz. Honig Jr. und später von seinem Sohn Gerrit
Jan Honig.
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Fliesentableau
im Kaufmannshaus d’Mol in Zaandijk, Lagedijk 238 vor dem
Abbau des Hauses
Im Jahr 1903 wurde das Kaufmannshaus d’Mol um die Wohneinheit Walvis
erweitert, bei der eine neue Küche angebaut wurde. Die alte Küche
erhielt durch den Einbau von Fliesenbildern Veränderungen der
Wandflächen.
Der
Rijksdienst voor het Cultureel Erfgoed hat in seiner Bildbank eine
Aufnahme eines der Fliesentableaus aus der alten Küche vor der
Umsetzung des Anwesen d’Mol archiviert.
Das
Fliesengemälde im Format von 8 x 11 Fliesen hat den Walfang zum
Thema.
Ab 1914 besaß Gerrit Jan Honig
auch das aus dem 17. Jahrhundert stammende angrenzende Kaufmannshaus
Het Noorderhuis, Lagedijk 240. Im Jahr 1970 schenkten seine Erben
die beiden historischen Häuser der Zaanse Schans. Die Anwesen kamen
von ihren Standorten auf Lastkähnen zur anderen Seite der Zaan.
Haus d'Mol wurde auf seinem neuen Platz spiegelbildlich erbaut.
Das Anwesen d’Mol, heute
Kalverringdijk 19 ist seit dem 11. November 1967 als Rijksmonument
eingetragen.
Alte Küche im Wohnbereich ‘Walvis‘
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Der Anbau ‚Walvis‘ von 1903 erstreckt sich nach der Umsetzung des
Anwesens in den siebziger Jahren bis zur Zaan
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Detail der farbig gefassten hölzernen Decken- und Wandverkleidung in der Küche
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Der Sinnspruch auf einem tragenden Balken weist auf den Walfang hin
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In Holz ausgeführte Pfeilerimitationen
Der Sinnspruch lautet:
„Die door de groote See, met cromme Kielen varen – Hollant
schoon vermaert gepresen, Soo met Schepen over See
Die sien Gods groote Macht en Wondren in de Baren – Wat foud‘
all uw Luister waren – Godt niet bracht Syn Segen mee“
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Offener
Kamin in der Küche der Wohneinheit ‚Walvis‘ – Ansicht von
links –
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Schiffstableau
an der Wand rechts vom offenen Kamin
Das
Schiffstableau zeigt einen Walfänger (bootschip) mit mehreren
Booten der Harpunierer.
Bei
genauer Betrachtung fällt eine nicht sach- und fachgerecht ausgeführte
Restaurierung auf.
Klebungen
und Kittstellen sind deutlich zu erkennen und stören die Ansicht.
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Walfänger
(bootschip), mit kleinen Booten der Harpunierer
Jan
Pluis schreibt dieses Schiffstableau dem Harlinger Fliesen- und
Fayencemaler Simon Ydes Keijser zu. Von ihm ausgeführte Arbeiten
sind für die Jahre 1764 bis 1799 belegt. Vergleiche zu diesem
Fliesentableau sind in dem Buch von Jan Pluis, Fries
Aardewerk, Harlingen, Producten 1720-1933, auf den Seiten
165-169 zu finden. Typisch für die Malweise von Simon Ydes Keijser
sind die Gestaltung von Wellenstruktur, Wolken und Vögel.
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Schriftzug
am Heck des Schiffes D. JEFVROU ANNO 1776 ANNA
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Offener
Kamin in der Küche der Wohneinheit ‚Walvis‘ – Ansicht von
rechts –
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Feuerstelle
in der Küche der Wohneinheit ‚Walvis‘
Die
äußere Rahmung besteht aus Fliesen des Ornaments A.01.05.-15
(Vogelveren) und die Bekleidung der Innenwände aus Fliesen des
Ornaments A.01.05.-45 (Servetster / Alkmaarder Sits). Das größte
Eckmotiv bildet meist das Zentralmotiv von vier Fliesen.
Die
Beschreibung der Ornamente fand ich im Buch von Jan Pluis, De Nederlandse Tegel Dekors en benamingen 1570-1930, Leiden 2013.
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A.01.05.-15
A.01.05.-45
Ein von Cornelis Bovmeester signiertes Fliesentableau
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Seitenansicht
des großen Tableaus mit Szenen des Walfangs
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Frontansicht
des Fliesentableaus an der Kaminhaube
Bei
genauer Betrachtung des 8 x 11 Fliesen großen Tableaus stellte sich
heraus, dass es sich um ein von
dem bekannten Rotterdamer Cornelis Boumeester gemaltes und
signiertes Fliesengemälde handelt.
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Detail
aus Abbildung 18 mit der Signatur des Cornelis Boumeester
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Detail
aus Abbildung 18 in Originalgröße der Fliese von 13 x 13 cm
Cornelis Pietersz. Boumeester (ca. 1652-1733) malte Fliesentableaus in der ‚tegelbakkerij
aan de Delftsevaart’ in Rotterdam. Diese Fayencewerkstatt
wurde 1635 von Carel Claesz Wijtmans gegründet. Nach dessen Tod
ging die Werkstatt 1648 in den Besitz der Familie De Meijer über
und blieb bis zur Schließung 1773 in Familienbesitz. Hester de
Meijer heiratete 1679 Hendrik Schut, der 1709 starb. Die Werkstatt
wurde nun von dessen Sohn Hendrik Schut II bis zu seinem Tod im Jahr
1738 geleitet.
Cornelis Boumeester arbeitete von ca. 1676 bis 1732 bei Hendrik Schut I und
Hendrik Schut II. Er malte maritime Szenen, wie Kriegsschiffe und
italienische Hafenansichten, aber auch Landschaften, vor allem
Parklandschaften. Seine Fliesentableaus sind meist großformatig von
einhundert bis zweihundert Fliesen. Er war aber nicht nur
Fliesenmaler, sondern von ihm sind auch Kohle- und
Bleistiftzeichnungen bekannt.
Das Museum Rotterdam besitzt von ihm mehrere Fliesentableaus und eine
Innenansicht einer Kirche in Bleistift und Tinte.
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Detail aus Abbildung 18
An der linken Seite sieht man in der zweiten Fliese von unten eine
Roststelle, an der früher ein Nagel eingeschlagen war.
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Detail aus Abbildung 18 in Originalbreite von 13 Zentimeter
Im Fliesentableau findet man zwei Stellen (siehe Abbildungen 21 und 22), an
denen Nägel eingeschlagen waren. Bei Feuchtigkeit dehnt sich Rost
aus und wirkt durch Druckaufbau schädigend auf die Fliesen.
Die beiden Roststellen sollten unbedingt von einem Restaurator beseitigt
werden, um Weiterungen von Schäden an diesem äußerst wertvollen
Fliesengemälde auszuschließen.
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Detail aus Abbildung 18 mit Szenen des Walfangs
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Walfänger
(bootschip) im Packeis von vorne gesehen
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Walfänger
(bootschip) von vorne gesehen
Deutlich
ist der bei einem Walfangschiff typische Kranbalken über dem
Achterdeck zu sehen.
Markant sind bei Boumeester-Tableaus Nagellöcher in den vier Eckbereichen
jeder Fliese, die von der
Formgebung der Fliesen herrühren.
Literaturnachweis
Jan
Pluis, Fries Aardewerk,
Harlingen, Producten 1720-1933, Leiden 2005
Ingrid de Jager, ‚Tweehondervijftig
jaar tegels‘ in: Tegels uit Rotterdam, Rotterdam 2009, Seiten
76-142
Jan
Pluis, De Nederlandse Tegel
Dekors en benamingen 1570-1930, Leiden 2013
Jan Pluis en Prosper de Jong, ‚Tegels
en Tegeltableaus van Cornelis Boumeester‘ in: TEGEL 41/2013,
Stichting Vrienden Nederlands Tegelmuseum Otterlo.
Fotonachweis
Abbildung
04: Bildbank Rijksdienst voor het Cultureel Erfgoed
Alle anderen Abbildungen: Joliet (23. September 2016)
Mit
Dank an Jan Pluis für wertvolle Hinweise und meinem Sohn Norbert für
Bearbeitung und Veröffentlichung des Berichtes.
Heerlijck
Slapen
http://www.zaanseschansbedenbreakfast.nl
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