Wilhelm Joliet |
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Fliesen des 16. J
in der Quinta das Torres, Azeitão |
Azeitão
ist ein Ort in Portugal im Landkreis Setúbal, auch bekannt unter
dem Namen Vila Nogueira de Azeitão. Das Wort Azeitão stammt von
azzeittum, aus dem Arabischen, und bezieht sich auf den extensiven
Anbau von Ölbäumen in dieser Region. Der Ort liegt an den Ausläufern der Serra Arrábida
im Süden von Lissabon, ist bekannt für ausgezeichnetes Olivenöl
und den Anbau guter Weine.
01 Die
Quinta das Torres ist eines der renommiertesten Beispiele von
Landhauskultur in Portugal. Das prunkvolle Haus liegt versteckt in
einem Wäldchen. Über einen offenen Innenhof gelangt man zum von
zwei Pyramiden gekrönten Haus.
02 Vom Speiseraum mit Fliesenarbeiten des 16. Jahrhunderts geht der
Blick auf einen angrenzenden See mit einem kleinen Teehaus. Der bekannte portugiesische Fliesenforscher J.M. dos
Santos Simoes erwähnte die Tableaus in der Quinta das Torres in
seiner Veröffentlichung „Panneau de Majolique au Portugal“
(Bolletino de Museo Internationale della Ceramiche, fasc. III-IV,
Faenza, F. Lega 1946), datierte diese in die Zeit um 1570 und
schrieb sie Orazio Fontana (*um 1510 Castel Durante - +1571 Urbino)
zu.
03 Auf einer Fläche von 2,76 x 1,84 m (ohne Rahmung)
ist »Der
Brand von Troja«, eine Episode aus der »Aeneis« des Vergil dargestellt. Das Maß jeder
Fliese beträgt 23 x 23 cm. Im großen Epos der »Aeneis« des Vergil erzählt Aeneas Dido, der
Königin Karthagos, von der Eroberung seiner Heimatstadt Troja mit
Hilfe des Trojanischen Pferds, von seiner Flucht mit dem alten Vater
Anchises auf den Schultern, seinem Söhnchen Askanius an der Hand
und dem Verlust seiner Frau Kreusa.
04 Ausschnitt
aus dem Fliesentableau »Der Brand von Troja«.
05 Der
linke Teil des Fliesentableaus wird vom zerstörten Stadttor
dominiert. Im Tordurchgang liegen Rammböcke und im Vordergrund
erschlagene und sterbende Krieger.
06 In
der unteren Reihe gibt es Differenzen in der Anordnung der Fliesen.
07 Im
Hintergrund sieht man die brennende Stadt, im Mittelfeld das
Trojanische Pferd.
08 Dieses
Detail zeigt beispielhaft Schrecken eines Krieges.
09 Aeneas flüchtet mit seinem greisen Vater Anchises
auf dem Rücken und dem Sohn Askanius zur Seite aus Troja. Dem
Verteidiger von Troja war es vom Schicksal bestimmt den Untergang
Trojas zu überleben. Buch XIII, Aeneas verläßt Troja, (623-642) (623-627) "Doch erlaubt das Schicksal nicht,
dass Trojas Hoffnung mit seinen Mauern vernichtet bleibe. Cytheras
Spross, der Heros, trägt das Geheiligte und den Vater, der nicht
minder heilig ist, auf den Schultern als ehrwürdige Last. Von so
großen Schätzen wählt der Fromme dies als Kostbarstes und seinen
Sohn Askanius."
10 »Der Tod der Dido« (Aeneis des Vergil 4.258-705) Im Speisesaal der Quinta das Torres ist gegenüber
dem Fliesentableau »Der
Brand von Troja« auf einem Fliesentableau von 2,76 x 1,84 m (ohne
Rahmung) »Der
Tod der Dido« dargestellt. Das Fliesentableau ist in zwei Bildebenen aufgeteilt.
Beide Ebenen sind durch einen Regenbogen, der zur Königin Dido führt,
miteinander verbunden. Mit dem Regenbogen wird der Einfluss der
olympischen Götter auf das irdische Geschehen gezeigt. Dido, nach der Legende die Gründerin Karthagos,
verliebt sich in den Helden Aeneas, der ihre Liebe erwidert, aber
auf Befehl Jupiters seinen Weg nach Italien fortsetzen muss.
11 Merkur
hat den von Jupiter erteilten Auftrag, Aeneas zum Aufbruch nach
Italien zu mahnen, ausgeführt und erstattet Bericht.
12 Venus,
Mutter und Beschützerin des Aeneas, im Streitgespräch mit Hera,
der Feindin des Helden.
13 Die
Schiffe des Helden Aeneas und seiner Begleiter liegen im Hafen von
Troja zum Auslaufen bereit.
14 Die
verzweifelte Dido stürzt sich vor einem lodernden Scheiterhaufen in
ein Schwert.
15 Incendio di Borgo – Der
Borgobrand. Die Fresken des Borgo-Brandes schuf Raffael, auch
Raffaello Santi (*1483 in Urbino; †1520 in Rom), in den Jahren
1514-1517 in der Stanza dell'incendio di Borgo, einem Raum, der
unter Julius II. als Gerichtsraum und unter Leo X. als Speisezimmer
diente. Das Bild des Borgobrandes zeigt Papst Leo IV.
(847–855) auf einem Balkon, als er segnend den Großbrand im
Borgo, einem Nachbarviertel des Vatikans, löscht. 16 Raffaello Santi (*1483 in Urbino; †1520 in Rom)
17 Orazio
Fontana Aeneas,
Anchises und Askanius im »Brand von Troja« wurden vom Fliesenmaler
spiegelbildlich aus Raffaels Fresko »Der Borgobrand« übernommen.
18 Detail aus dem Fresko »Der
Borgobrand« des Raffaello Santi.
19 Detail aus dem Fliesengemälde »
Tod der Dido« des Orazio Fontana. Die links neben dem Feuer stehende Frau und die
rechts kniende Frau wurden vom Fliesenmaler spiegelbildlich aus
Raffaels Fresko übernommen. Fliesenfries
im Speisesaal (ehemalige Loggia) der Quinta das Torres In
der ehemaligen Loggia der Quinta das Torres ist ein besonders schöner,
reich bemalter Fliesenfries mit mythologischen Darstellungen und
Jagdszenen erhalten.
20 An der Schmalseite des Raumes sieht man über der Tür
das Fliesengemälde »Der Brand von Troja«. An der rechten Seitenwand ist ein Teilbereich vom
Fliesenfries zu erkennen. Diese Fliesengemälde in Sockelbereichen des
Speisesaals wurden nach Meinung des portugiesischen Fliesenexperten
José Meco im 3. Viertel des 16. Jahrhunderts vermutlich in einer
Lissaboner Werkstatt hergestellt.
21 Im
Vordergrund Mars und Venus, im Hintergrund Liebesgott Amor. „Mars, verwirrt durch wahnsinnige Liebe zu
Venus, wird vom schrecklichen Kriegsherren zum Liebhaber.“ „Auch den Sonnengott, der alles mit seinem
himmlischen Licht beherrscht, hat die Liebe ergriffen. Von seinen
Liebesabenteuern will ich berichten. Als erster soll dieser Gott den
Ehebruch der Venus mit Mars gesehen haben – sieht doch dieser Gott
alles als erster. Die Tat schmerzte ihn, und er zeigte dem Ehemann,
Junos Sohn, das Schäferstündchen an und den Ort an dem es
stattfand.“
22 Jagdszenen auf einem Fliesengemälde im
Sockelbereich.
23 Die Fliesengemälde mit den vorherrschenden Farben Grün-Blau-Gelb
sind durchgehend mit dem Eierstabmotiv gerahmt. „Die calydonische Eberjagd“ „Von zwei Lanzen, die er warf, blieb die erste
im Boden, die zweite mitten im Rücken des Ebers stecken. Während
dieser wütet, sich im Kreise dreht und mit frischem Blut vermengten
zischenden Schaum versprüht, ist der Held, der die Wunde schlug,
sofort zur Stelle, reizt den Gegner zur Wut und stößt den
blitzenden Jagdspeer von vorn tief in den Vorderbug, der auf ihn
zustürmt.“
24 Detail aus Bild 22.
25 Jagd auf einen Stier. Es handelt sich wahrscheinlich um die Darstellung
einer von Ovid in seinen Metamorphosen beschriebene Tat des
Herakles.
26 Detail aus Bild 25.
27 Detail aus Bild 25. Herakles und der Stier von Kreta (Metamorphosen des
Ovid, VIII 169-176) Als siebte der zwölf von Eurystheus gestellten
Aufgaben sollte Herakles einen Stier bändigen und ihn dem
Eurystheus bringen. Herakles bändigte das Tier und brachte es zu
Eurystheus nach Mykene. Er zeigte den Stier diesem und ließ ihn
sogleich wider frei. Der Stier durchirrte Sparta und Arkadien und gelangte
endlich nach Marathon, wo er beträchtliche Schäden anrichtete und
viele Menschen tötete. Theseus bezwang den Stier schließlich und führte
ihn nach Athen, wo dieser dem Apollon geopfert wurde.
28 Aktaion überrascht Diana beim Bade und wird von ihr
in einen Hirsch verwandelt. „Sorglos
durch den Wald streifend, betritt Aktaion die Grotte und überrascht
die Badende. Die Nymphen suchen die Blöße der Göttin mit ihren
Leibern zu decken, die sie jedoch um Haupteslänge überragt und
unter dem Blick des Sterblichen glühend errötet. Ihres Bogens
beraubt, bespritzt sie Aktaion mit dem Wasser der Quelle und ruft
ihm zu: „Nun sag, wenn Du kannst, du habest mich nackt gesehen!“
Daraufhin wächst Aktaion ein Geweih aus der Mitte der Stirn, seine
Ohren werden länger und länger, Hände und Füße wandeln sich zu
gespaltenen Hufen und ein geschecktes Fell bedeckt seinen
Leib."
29 Detail aus Bild 28. Die Göttin Diana nimmt mit ihren Dienerinnen ein
Bad.
30 Detail aus Bild 28. Die Sockelzone im Speisesaal ist vier Fliesen hoch.
Alle Fliesengemälde sind durchgehend mit dem integrierten
Eierstabmotiv gerahmt.
31 Detail aus Bild 28.
32 Detail aus Bild 28.
33
34 Detail aus Bild 33. In der unteren Fliesenreihe wurde eine nicht zugehörige
Fliese angesetzt.
35 Detail aus Bild 33.
36 Detail aus Bild 33. In der oberen rechten Ecke hat der Fliesenmaler
hinter den schroffen Felsen ein Gebirgspanorama mit Gämsen
eingearbeitet.
37 Hirschjagd.
38 Detail aus Bild 37. Aktaion, von Diana in einen Hirsch verwandelt, wird gejagt. „Doch
seine Gefährten treiben ahnungslos die wilde Schar mit den
gewohnten Zurufen an; ihre Augen suchen Aktaion, und als wäre er
abwesend rufen sie ihn. Als er seinen Namen hört, wendet er den
Kopf zurück. Sie klagen darüber, dass er zu spät komme, um das
Schauspiel des Fanges zu genießen. O wie gerne wäre er wirklich
abwesend; doch er ist ja dabei! Wie gerne würde er das Wüten
seiner Hunde nur mit ansehen, statt es selbst zu spüren! Von allen
Seiten umstellen sie ihn, vergraben die Schnauzen in seinem Leibe
und zerfleischen ihren Herrn in der Truggestalt des Hirsches. Und
erst nachdem seinem Leben durch tausend Wunden ein Ende bereitete
war, soll der Zorn der Köcher tragenden Diana befriedigt gewesen
sein.“ -.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-. Diesen
Bericht widme ich meinem verstorbenen Fliesenfreund Rainer Marggraf.
Mit ihm
besuchte ich bei einer unserer Studienreisen 1992 in Azeitão die
Quinta das Torres und die Quinta da Bacalhoa. Meinem
Sohn Norbert danke ich für die Überarbeitung und Veröffentlichung
des Berichtes. Bildnachweis 01 15
(16 und 18 Bearbeitungen) 02-14
/ 17 / 19-38 Literaturnachweis
Simoes, J.M. dos Santos Ovid (Publius Ovidius Naso) Meco,
José und Marggraf, Rainer Publius
Vergilius Maro Joliet, Wilhelm Sabo, Rioletta und Falcato, Jorge Nuno Pluis,
Jan & Stupperich, Reinhard Wikipedia
Vatikanische
Museen http://mv.vatican.va/6_DE/pages/SDR/SDR_04_SalaInce.html Azulejos
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