Wilhelm Joliet |
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Wandfliesen und Fliesentableaus von Tichelaar Makkum,
dem ältesten keramischen Werk der Niederlande
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‚Pothuis‘ Turfmarkt 55
Jan Pieters Tichelaar, damaliger Direktor des Familienunternehmens, gab 1895
den Auftrag den Giebel des zum Werksgelände gehörenden ‚Pothuis‘ zu
erneuern. Bei dieser Erneuerung ließ er durch Jacobus ten Zweege jr. drei
keramische Tableaus fertigen. Das mittlere Tableau zeigt eine Ansicht des
Werksgeländes Tichelaar am Turfmarkt. Dieses Tableau wird von zwei auf
keramische Platten gemalte Wappen flankiert, dem Wappen der Familie
Tichelaar und dem Wappen von Makkum.
Im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts diente das ‚Pothuis‘ als Lagerhaus
fertiger Produkte. Von 1960 bis 1984 wurde es als Museum und als Raum für
Wechselausstellungen genutzt. In den frühen Jahren des 21. Jahrhunderts
übertrug die Koninklijke Tichelaar in Makkum ihre Archivsammlung mit
Modellen und anderen Gegenständen an die Ottema-Kingma-Stiftung (OKS), die
sie dem ‚Keramiekmuseum Princessehof‘ in Leeuwarden als Leihgabe übertrug.
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Das Wappen von Makkum hat einen Schild, auf dem eine Meerjungfrau (Symbol
für die Schifffahrt) aus dem Meer aufsteigt, in der rechten Hand ein
Segelschiff (Symbol für den Fischfang) und in der linken einen Kalkofen
(1622 gab es in und um Makkum sehr viele Kalköfen).
Ein Kalkofen ist ein Brennofen für die Herstellung von Branntkalk aus
Kalkstein. Branntkalk, eine weiße kristalline Substanz, die mit Wasser unter
starker Wärmeentwicklung zu Löschkalk reagiert.
04 Mittleres Tableau am Giebel des ‚Pothuis‘ am Turfmarkt in Makkum
Das Werksgelände Tichelaar am Turfmarkt von der ‚Grote Zijlroede‘ aus gesehen, dargestellt auf zwei Keramikplatten, die Jan Pieter Tichelaar 1895 von Jacobus ten Zweege bemalen ließ.
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Werksgelände am Turfmarkt von der ‚Grote
Zijlroede‘ aus gesehen
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Seitenansicht des Firmengeländes mit dem Emblem der Firma
Firmengeschichte
Nachweislich wurden 1565 auf dem heutigen Werksgelände Ziegel gefertigt.
Freerk Jans kaufte 1689 eine Hälfte einer Ziegelei und 1694 die zweite
Hälfte. Die Produktion grobkeramischer Erzeugnisse wurde 1698 beendet und
man verlegte sich auf die Fertigung glasierter Fliesen, Gebrauchs- und
Zierkeramik.
Mitglieder, die über die Jahrhunderte Produktion und Vertrieb leiteten:
Freerk Jans Tichelaar (bis 1712), Yme Freerks Tichelaar (1712-1770), Pieter
Ymes Tichelaar (1770-1808), Jelmer Pieters Tichelaar (1808-1827), Pieter
Jelmers Tichelaar (1827-1868), Gebrüder Tichelaar, Jelmer Pieters
(1831-1900), und Jan Pieters (1835-1919) waren von 1868 bis 1900 gemeinsam
Direktoren, Pieter Jans Tichelaar (1900-1913), Jan Pieters Tichelaar
(1913-1964), Pieter Jan Tichelaar (1964-1985), Jan Pieter Tichelaar
(1985-2014).
Die traditionelle Herstellung dekorativer Keramik wurde im März 2013
vollständig eingestellt.
Tichelaar stellte bis März 2013 ca. 475 Millionen Fliesen her und war damit
der größte Produzent handgefertigter Fliesen der Niederlande.
Der Löwenanteil des ehemaligen Familienunternehmens befindet sich jetzt im
Besitz der Oranjewoud Participaties.
Fliesentableaus
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Makkum, Turfmarkt 7, 1876
Das Ehepaar Jan Pieters Tichelaar (1835-1919) und Riemke Brouwer (1843-1924)
bauten 1876 hinter Büro und Lager eine Küche. Dort wurden aus Lagervorrat
Fliesentableaus angesetzt. Es ist eine bunte Sammlung aus den Jahren 1730
bis 1876.
Die Kaminhaube ziert ein Fliesengemälde des Willem ten Zweege. Mit
sogenannten ‚schildpattegels‘ ist die Herdwand bekleidet.
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Tableau an der Kaminhaube der Küche des Hauses Tichelaar, Turfmarkt 7 in
Makkum (Vereniging Hendrick de Keyser, Amsterdam)
Das Fliesentableau malte Willem Jacobus ten Zweege (1831-1896), der mit
siebzehn Jahren zu Tichelaar kam, wo sein Vater als erster Maler angestellt
war.
Von ihm sind 149 Arbeiten, Fliesengemälde und Zierkeramiken, bekannt.
Sechszehn Beispiele von Dekoren, die bei Tichelaar auf Fliesen im Format
13,0 x 13,0 cm im 18. Jahrhundert gemalt wurden
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1 roos op steel, 2 kussentje, 3 bakhuisbloempot, 4 landschap op land, 5
historie op land in cirkel, 6
roosjes bloempot, 7 herder in cirkel, 8
roosje, 9 historie met tekst, 10 grote
bloem, 11 bloemvaas, 12 kleine bloem, 13
fruit, 14 jagt, 15 herderin op land, 16 landschap
in achtkant.
Vier Beispiele von Dekoren, die bei Tichelaar auf Randfliesen im Format 6,5
x 13,0 cm im 18. Jahrhundert gemalt wurden
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1 bloemhalfjes, 2 uitgevulde lijst, 3 bloemlijst, 4 bloemslaghalfjes.
Im 18. Jahrhundert wurde bei Tichelaar zu besonderen Anlässen dekorative
Keramik hergestellt, die nicht mit einer Marke versehen war, sondern
gelegentlich Jahreszahlen und einige Initiale trug.
Hauptprodukte des alten Familienunternehmens waren bis 1880 Wandfliesen und
Schüssel, die in großen Mengen hergestellt wurden. Diese Produkte verließen
das Unternehmen ohne Kennzeichnung.
1868 wurde das Unternehmen von den Brüdern Jan und Jelmer Tichelaar
geleitet, die das Unternehmen unter dem Namen Gebrs. Tichelaar führten.
Sie mussten sich mit einer schnell sinkenden Nachfrage keramischer Schüssel
auseinandersetzen und entwickelten verschiedene Ersatzprodukte, für die
Absatzmärkte gesucht wurden. Eine davon war blau und mehrfarbig bemalte
dekorative Keramik, die in alle Welt verkauft wurde.
Veränderungen bei bemalten Fliesen
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Titelseite eines aus vierzig Seiten bestehenden Katalogs aus dem Jahr 1903
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Blattseite 5 des Katalogs aus dem Jahr 1903
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Blattseite 30 des Katalogs aus dem Jahr 1903
Kunstglasurfliesen
Veränderungen von Geschmack und Einfluß des Art Deco veranlaßten
Jan Pieters Tichelaar 1924 einen neuen Fliesentyp in die Produktion
aufzunehmen. Der dekorative Effekt wurde durch Nuancierung von Farben und
Strukturen der Glasur erzielt.
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Kassette mit sechszehn Farbmuster von Kunstglasurfliesen
Fliesenkatalog aus dem Jahr 1991
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Seite eines Fliesenkatalogs aus dem Jahr 1991
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Seite eines Fliesenkatalogs aus dem Jahr 1991
Kennzeichnung der Fliesen mit Jahrescode
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Gestempelte Fliese vor dem Rohbrand
Die Buchstaben HB im Stempeleindruck bedeuten, dass diese Fliese 1982
hergestellt wurde.
Liste der Jahrescodierungen für Erzeugnisse der Koninklijke Tichelaar
Die Liste der Jahrescodierungen kann auch für Sammler von Fliesentableaus
und Zierkeramik der Koninklijke Tichelaar von Nutzen sein.
Zierkeramik
Die Zierkeramik ist nicht direkter Bestandteil dieses Berichtes, soll aber
doch kurz mit zwei Blätter aus einem Katalog vorgestellt werden, der von
1924 bis ca. 1970 Gültigkeit hatte.
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Der erste Katalog für Zierkeramik wurde 1901 veröffentlicht und die Objekte
nummeriert. Dies dauerte bis ± 1980, als der aktuelle Code, bestehend aus
einer Kombination von zwei Buchstaben und zwei Zahlen, sowie dem Jahrescode
eingegeben wurden. Die Zahlen des jeweiligen Jahres werden in Buchstaben
angezeigt.
Benutzte Literatur
Pieter Jan Tichelaar, Tichelaar
Makkum, 1700 – 1876, Leiden 2004
Pieter Jan Tichelaar, Tichelaar
Makkum, 1868 – 1963, Leiden 2004
Jan Pluis, Nederlandse Tegels, 1900 –
2000, Leiden 2008
Wikipedia
Bildnachweis
Pieter Jan Tichelaar 1-18, 25-27, 33 und 34
Jan Pluis, 19-24
Rainer Marggraf, 28
Koninklijke Tichelaar B.V., 29-32 und 35
Danksagung Mein Dank gilt vor allem Pieter Jan Tichelaar,
Direktor der Koninklijke Tichelaar Makkum von 1964 bis 1985. Er gab mir
Hinweise zu diesem Bericht und stellte vor allem Bildmaterial zur Verfügung.
Ich konnte ihn seit 1971 ‚Tegelvriend‘ nennen. Pieter Jan schrieb mehrere
Standardwerke über Makkumer und Bolswarder Keramik. 2004 war ich dabei, als
Pieter Jan in Nijmegen seine Dissertation ‚Fries Aardewerk – Een studie in
delen‘ im mündlichen Examen vortrug und in dem sich daran anschließenden
Disput vor den Prüfern verteidigte. Wir waren in regelmäßigem Kontakt über
Internet und Telefon. Pieter Jan starb am 25. August 2020 im Alter von 92
Jahren in Makkum. Dank sagen möchte ich Jan Pluis, meinem
‚Tegelvriend‘ der mir seit fast fünfzig Jahren bei jeder meiner
Veröffentlichungen mit Rat und Tat zur Seite stand und auch bei dieser
Veröffentlichung half. Herrn Pieter Frietema aus Makkum danke ich für seine
Informationen zur Codierung von Arbeiten der Koninklijke Tichelaar. Meinem Sohn Norbert danke ich für Überarbeitung und
Veröffentlichung des Berichtes. Koninklijke Tichelaar B.V.
* Leider ist es nicht möglich, das Werk zu
besichtigen; es sei denn, man hat einen Termin mit einem Mitarbeiter
vereinbart.
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