Wilhelm Joliet |
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Der Palast ist eines der Gebäude aus dem 16. Jahrhundert, das dem Erdbeben
von 1755 standgehalten hat.
Im Inneren des Palastes befinden sich mehrere Räume mit azulejaria
(Fliesenarbeiten) vom Ende des 17. Jahrhunderts bis zur zweiten Hälfte des
18. Jahrhunderts. Im Erdgschoß gibt es einen Saal mit mythologischen Szenen
aus den Metamorphosen des Ovid (1) nach
grafischen Blättern des Jean Lepautre (2).
Diese Fliesengemälde werden António de Oliveira
Bernardes (3)
zugeschrieben. Sie werden umrahmt von
Pflanzenranken, Engeln, Putten, Muscheln und Schilden mit dem Wappen der
Manuéis.
01
Wappen der Manuéis, der Erbauer des Palastes.
Flussgott Peneios, Vater der Daphne (Metam. I.452-461)
02
British Museum, 1891-1116.134
03
Peneios ist in der griechischen Mythologie der Flussgott des gleichnamigen
Flusses in Thessalien, der heute Pinios genannt wird. Peneios ist der Sohn
des Okeanos und der Tethys.
Mit der Najade Krëusa bekam er die Kinder Hypseus und Stilbe. Nach Ovid ist
er auch Vater der Daphne.
Pan und Syrinx (Metam. I.689-747)
04
British Museum London, 1891,1116.137
05
Pan ist in der griechischen Mythologie der Hirtengott. Seiner Gestalt nach
ist er ein Mischwesen mit Oberkörper eines Menschen und dem Unterkörper
eines Widders. Er verfolgte liebestrunken die Nymphe Syrinx, welche
aber vor ihm floh. Ihre Flucht endete jäh am Fluss Ladon, wo sie sich
plötzlich in ein Schilfrohr verwandelte, das Pan daraufhin umarmte. Als nun
der Wind in das Rohr blies, kamen klagende Töne hervor. Pan wollte die
Klänge nicht verlieren, also brach er aus dem Schilfrohr sieben Teile, eines
immer etwas kürzer als das vorherige, und band sie zusammen. So erfand er
die Hirtenflöte, die er nach der Nymphe ‚Syrinx‘
benannte.
Siehe auch
www.geschichte-der-fliese.de/fron.html
Coronis
und Neptun (Metam. II.550-588)
06 British Museum,
1891-1116.139
07
Coronis ist die Tochter des phokischen Königs
Coroneus. Der Gott Neptun verliebt sich in sie. Er möchte ihre Zuneigung
gewinnen, aber Coronis zeigt kein Interesse. Daraufhin versucht Neptun sie
zu vergewaltigen, während sie am Strand spazieren geht. Coronis will
fliehen, kommt aber im Sand nicht schnell genug voran. Sie wendet sich an
die Göttin Athene, die eingreift und Coronis in eine Krähe verwandelt, dami
sie davonfliegen kann.
Raub der Europa (Metam. II.812-836)
08
Rijksmuseum Amsterdam, RP-P-1926-643, 2/6
09
Nach Ovid verliebt sich Jupiter (röm. für Zeus) in Europa und verwandelt
sich wegen seiner argwöhnischen Gattin Hera in einen Stier. Er nähert sich
Europa, die mit Gefährtinnen am Strand ist. Europa füttert den Stier,
streichelt ihn und umwindet seine Hörner mit Blumen. Schließlich traut sie
sich sogar, auf ihn zu steigen – da geht der Stier ins Wasser und schwimmt
auf das offene Meer hinaus. Er bringt Europa nach Kreta, wo er seine
Stiergestalt ablegt und sich offenbart.
Aktaion von Artemis in einen Hirsch verwandelt (Metam.
III.158-252)
10
National Gallery of Art, Washington C.C.
11
Aktaion ist ein Heros der griechischen Mythologie. Ovid erzählt, wie Aktaion
auf der Jagd die Göttin Artemis, Tochter des Zeus und der Leto sowie
Zwillingsschwester des Apollon, beim Bad überrascht, worauf sie ihn in einen
Hirsch verwandelt und er von seinen eigenen Hunden zerfleischt wird.
Vom Fliesengemälde sind nur noch kleine Teilbereiche erhalten. Es gibt viele
Fehlstellen und Bereiche, in denen unterschiedliche Fliesen eingearbeitet
wurden.
Raub der Proserpina durch Pluto (Metam. V.385-424)
12
Rijksmuseum Amsterdam, RPP-2014-67-1
13
Die Gottheit Proserpina ist die Tochter Jupiters und der Ceres und Gattin
des Pluto, der sie in die Unterwelt entführte und sie zu seiner Gemahlin
machte.
Proserpina ist die Herrscherin über die Toten und Königin der Unterwelt.
Jagd auf den kalydonischen Eber (Metam. VIII.270-547)
14
Rijksmuseum Amsterdam, RP-P-H-H-993
15
Der kalydonische Eber wurde von Artemis ausgeschickt, um die Felder der
Stadt Kalydon zu verwüsten. Der Eber war von weißer Farbe und war so groß
wie ein Ochse. Er tötete Vieh und Arbeiter des Königs Oineus. Die tapfersten
Helden Griechenlands rief König Oineus auf, den Eber zu jagen. Unter den
Teilnehmern der Jagd war auch Atalanta, die jungfräuliche Jagerin aus
Arkadien. Als die Jagd nach einem neuntägigen Festgelage endlich beginnt,
versuchen die beiden Kentauren Hyalos und Rhoikos Atalante zu vergewaltigen.
Atalante kann jedoch beide töten. Als die Jagdgesellschaft auf den Eber
stößt und dieser mehrere Helden angreift, kann Atalante das Tier mit einem
gezielten Bogenschuss ablenken. Im Schlachtgetümmel durchbohrt Meleager die
Flanke des Ebers mit dem Speer und tötet das Ungeheuer.
16
Atalante kann den kalydonischen Eber mit einem gezielten Bogenschuss
ablenken.
17
Mehrere Helden bekämpfen den Eber.
18
Meleager durchbohrt die Flanke des Ebers mit dem Speer und tötet das
Ungeheuer.
Aphrodite und Adonis (Metam. X.708-739)
19
British Museum London, 1891.1116.136
20
In der griechischen Mythologie ist Adonis Gott der Schönheit und einer der
Geliebten der Aphrodite (in römischer Entsprechung Venus). Ihre Liebe musste
Aphrodite mit Persephone teilen. Zeus verfügte, dass Adonis jeweils den
dritten Teil seiner Zeit bei Aphrodite und Persephone leben sollte. Über das
restliche Drittel konnte er frei verfügen. Als der eifersüchtige Ares (in
römischer Entsprechung Mars), der sich in einen wütenden Eber verwandelt
hatte, Adonis tötete, verwandelte Aphrodite jeden Tropfen auf den Boden
fallendes Blut in ein Adonisröschen.
Der Fall von Troja (Metam. XII,580-619)
21
Rijksmuseum Amsterdam, RP-P-H-H-991
22
Mythischer Auslöser des Trojanischen Krieges war die
Entführung der Helena, der Ehefrau des Menelaos, durch Paris, den Sohn des
trojanischen Königs Priamos. Die vereinten Griechen zogen gegen Troja, um
sich zu rächen. Trotz zehnjähriger Belagerung gelang es jedoch nicht, die
stark befestigte Stadt zu erobern. Auf Rat des Odysseus bauten die Griechen
endlich ein großes hölzernes Pferd, in dem sich die tapfersten Krieger
versteckten, und täuschten die Abfahrt ihrer Schiffe vor. Die Trojaner
holten entgegen den Warnungen der Kassandra und des Priesters Laokoon das
Pferd in die Stadt. In der Nacht kletterten die Griechen aus ihrem Versteck,
öffneten die Tore und konnten so die Trojaner überwältigen.
Die List von Odysseus brachte Troja zu Fall und nur
wenigen Trojanern gelang die Flucht aus der brennenden Stadt. Unter ihnen
befand sich Aeneas, Sohn des Anchises und der Göttin Venus, seine Frau
Kreusa und sein Sohn Askanios. Da Anchises blind und gelähmt war, nahm ihn
Aeneas auf seine Schultern und Askanios an die Hand. In dem Gewirr des
Kampfgetümmels verlor er jedoch seine Frau und konnte sie nicht wieder
finden. Auf der Flucht schlossen sich ihm weitere Trojaner
an und gemeinsam erreichten sie das Ufer des Meeres.
Benutzte Literatur
José Meco, Rainer Marggraf,
Fliesenkultur in Portugal – Azulejaria Portuguesa, Rasch Verlag Bramsche
1989.
Ana Paula Rebelo Correia, Les
représentations des Métamorphoses d’Ovide dans les azulejos baroques
portgais. Influence des modèles gravés
français. Aspects dela
réceptions d’Ovide (Universitè de Toulouse, 10 octobre 2017). ANABASES
Traditions e Réceptions de l’Antique. 2019 p. 269-276 - Aspects de la
réceptionn d’Ovide planches pl.
III-VIII
Wikipedia
Fotonachweis
José Meco und Rainer Marggraf unter Mitarbeit von Karl-Heinz Voth.
Die Fotos aus dem
Palácio de Tancos
stammen aus dem Nachlass meines 1994 viel zu früh verstorbenen
Fliesenfreundes Rainer Marggraf.
Für die grafischen Blätter:
Rijksstudio Amsterdam.
Publiek domain.
British Museum London. ©
The Trustees of the British Museum.
National Gallery of Art, Washington C.C., ©
Public domain
(2)
Jean Lepautre (eigentlich le Pautre)
(1618-1682) war ein französischer Kupferstecher und Radierer. Er arbeitete
lange Zeit für eine Gobelin-Manufaktur. Sein Werk umfasst etwa 1.500
Kupferstiche, darunter auch ein Porträt von ihm selbst. Die meisten wurden
als Sammlungen unter verschiedenen Titeln (Livre de miroirs tables etc.;
Feuillages et autres ornements; Vases et bordures de miroirs; Escussons)
veröffentlicht.
(3)
António de Oliveira Bernardes
(1662 - 1732) war ein bedeutender portugiesischer Maler in Öl und auf
Azulejos (Fliesen) des späten 17. und frühen 18. Jahrhunderts. Er ist Teil
des ‚Zyklus der Meister‘ der portugiesischen Fliesenmaler. In späteren
Jahren arbeitete er mit Schülern, vor allem mit seinem Sohn Policarpo an
Fliesengemälden.
Palácio de Tancos Calçada do
Marquês
de Tancos 2, 1100-006 Lisboa,
http://acasasenhorial.org/acs/index.php/pt/casas-senhoriais/pesquisa-lista/155-palacio-tancos
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