Wilhelm Joliet |
||||
Amsterdamer und Utrechter Fliesen
des 18. Jahrhunderts in Schloss Reinhardtsgrimma
Reinhardtsgrimma ist ein Ortsteil der Stadt Glashütte im Landkreis
Sächsische Schweiz-Osterzgebirge im Freistaat Sachsen.
01
Schloss Reinhardtsgrimma – Ansicht von der Parkseite
Reinhardtsgrimma ist 1206 als Herrensitz urkundlich belegt. Mehrere
Adelsfamilien waren Besitzer des späteren Rittergutes. Dieses lag, von
einem Wassergraben umgeben, unterhalb des heutigen Schlosses. Die Gebäude
waren zu Beginn des 18. Jahrhunderts baufällig. Der Sächsische Kammerrat
Johann Christoph Lippold (1725-1768) ließ diese abtragen und das Schloss
zwischen 1765 und 1768 errichten. Architekt war der Sächsische
Oberlandbaumeister Johann Friedrich Knöbel (1724-1792).
Das Schloss hat einen U-förmigen Grundriss. Das zum Park vorwölbende
Mittelteil birgt im Parterre einen Gartensaal und im Obergeschoss einen
Festsaal. Überragt wird das Mansarddach von einem markanten schlanken
Glockenturm. Schloss Reinhardtsgrimma ist ein besonders schönes Zeugnis
des sächsischen Rokoko.
Dem Bauherrn Johann Christoph Lippold folgten mehrere Besitzer bis der
königlich-sächsische Generalmajor Friedrich Hugo Maximilian Senfft von
Pilsach (1854-1931) 1908 das Schloss mit Ländereien erwarb.
Seine niederländische Frau, Alpheda Tedding van Berkhout (1863-1959) trug
mit ihren finanziellen Mitteln erheblich zum Kauf und zu gründlichen
Umbaumaßnahmen bei.
In dieser Zeit wurden auch die Amsterdamer und Utrechter Fliesen im
Treppenhaus in Zweitverwendung angesetzt.
Im September 1945 wurde Schloss Reinhardtsgrimma durch die
Bodenreform
enteignet.
In die leer stehenden Räume zog eine Landwirtschaftsfachschule, aus der
1990 das Bildungszentrum des Sächsischen Landesamtes für Umwelt,
Landwirtschaft und Geologie hervorging.
Für die Öffentlichkeit finden gelegentlich Konzerte im barocken Festsaal
des Schlosses statt. Es ist auch möglich, im Schloss zu heiraten.
02
Die keramischen Wandbekleidungen in der ersten Etage des Treppenhauses
sind aus uni weißen-, Schiffs- und Hirtenfliesen im Wechsel erbracht.
03
Die Verarbeitung sehr vieler geschnittener Fliesen war das Ergebnis den
fortlaufenden Fugenschnitt innerhalb der keramischen Wandbekleidungen zu
gewährleisten.
04
Ich habe mehrere Fliesenforscher, unter ihnen vor allem Jan Pluis,
kontaktiert. Ihre Meinung: ‚Die Schiffsfliesen können dem Herstellungsort
Amsterdam und der Zeit um 1730-1740 zugeschrieben werden.‘
05
Mehrere Fliesenforscher, darunter Peter Spranger, Experte für Utrechter
Fliesen, stimmen meiner Meinung zu und schreiben die Hirtenfliesen Utrecht
und der Mitte des 18. Jahrhunderts zu.
Die Hirtenfliesen stimmen in vielen Szenen mit denen aus Schloss Nöthnitz
in Bannewitz überein.
Diese Fliesen dokumentierte ich in meiner Veröffentlichung
‚Niederländische Hirten- und Landschaftsfliesen des 18. Jahrhunderts im
Treppenturm von Schloss Nöthnitz‘
Bannewitz liegt südlich von Dresden wie Reinhardtsgrimma im Landkreis
Sächsische Schweiz-Osterzgebirge im Freistaat Sachsen.
Dokumentation der keramischen Wandflächen in der ersten Etage des
Treppenhauses
06
07
08
09
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
Die Hirtenfliesen messen 128 x 128 mm.
29
Die Schiffsfliesen messen 128 x 128 mm.
Die Amsterdamer Schiffs- und Utrechter Hirtenfliesen des 18. Jahrhunderts
in Schloss Reinhardtsgrimma sind kulturhistorisch bedeutsame Zeugnisse der
Raumgestaltung und niederländischer Fliesenkultur.
Schloss Reinhardtsgrimma
Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie
Bildungszentrum
Besucheradresse: Schlossgasse 2
01768 Reinhardtsgrimma
Telefon: 0355053-407-0
lfulg.bz.reinhardtsgrimma@smul.sachsen.de
Vom Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement, Niederlassung
Dresden I, erhielt ich mit Nutzungsvertrag vom 10. August 2017 die
Erlaubnis, historische Fliesenarbeiten im Schloss Reinhardsgrimma zu
fotografieren und Berichte mit diesen Fotos auf meiner nicht kommerziellen
Homepage
www.geschichte-der-fliese.de
zu veröffentlichen.
Mein Dank gilt Herrn Thomas Kitt, stellvertretender Leiter des Bildungszentrums Reinhardtsgrimma, für die vielfältige Hilfe, Herrn Klaus-Peter und Frau Anna Dyroff aus Dippoldiswalde für die Fotoarbeiten
und meinem Sohn Norbert für die Bearbeitung und Veröffentlichung des
Berichtes. |
||||