Mettlacher Platten in der Kreuzerhöhungsbasilika (nl.: Basiliek van de Heilige Kruisverheffing) im niederländischen Raalte

 

 

Raalte

Die Gemeinde in der Region Salland der niederländischen Provinz Overijssel gilt als katholische Enklave in einem protestantischen Umland.

 

 

Kreuzerhöhungsbasilika


01 Turm der Basilika

Die zum Erzbistum Utrecht gehörende römisch-katholische Kreuzerhöhungsbasilika wurde in den Jahren 1891 und 1892 als dreischiffige Hallenkirche mit Turm nach einem Entwurf von Alfred Tege in neugotischem Stil errichtet.

Der neugotische Hochaltar und zwei Seitenaltäre wurden in der Werkstatt von Friedrich Wilhelm Mengelberg, wie Alfred Tepe Mitglied der St. Bernulphusgilde, ausgeführt.

Petrus Matthias Snickers, Erzbischof von Utrecht, weihte die Kirche am 19. Oktober 1892 ein. Sie erhielt neben dem Patrozinium des heiligen Kreuzes auch das des hl. Antonius von Padua. Am 25. April 1992 wurde die Kirche zur ‚Basilika minor‘ erhoben. Dies ist ein Ehrentitel, den der Papst einem bedeutenden Kirchengebäude verleihen kann.

Die Kreuzerhöhungsbasilika ist als Rijksmonument 32265 eingetragen.

 

 

 

Architekt

Wilhelm Victor Alfred Tepe (* 1840 in Amsterdam - † 1920 in Düsseldorf), ein niederländischer Architekt, neben Pierre Cuypers der bedeutendste Architekt der Neugotik in den Niederlanden.
Von 1865 bis 1867 arbeitete Tepe in Köln für einen der wichtigsten deutschen Architekten der Neugotik, Vincenz Statz. So war er auch an der Restauration des Kölner Doms beteiligt.
1867 kehrte Tepe nach Amsterdam zurück, wo er bei einem Architekten namens Ouderterp arbeitete. 1872 zog er nach Utrecht. Dort wurde er zu einem der wichtigsten Unterstützer der St. Bernulphusgilde. Hierbei handelte es sich um eine Gruppe katholischer Geistlicher, die die Wahrung der nationalen Tradition und Fachkunde in religiöser Kunst und Architektur zum Ziel hatten. Insbesondere der Gebrauch von einheimischen Materialien wie Backsteine war von Bedeutung.
Zwischen 1871 und 1905 entwarf Tepe 70 Backsteinkirchen. Die Innenausstattung der Kirchen wurde in vielen Fällen durch Künstler, die ebenfalls der St. Bernulphusgilde angeschlossen waren, ausgeführt. Alfred Tepe arbeitete in mehreren Kirchen, so auch in Raalte, mit dem Bildhauer Friedrich Wilhelm Mengelberg (* 1837 Köln - † 1919 Utrecht) zusammen.

 

Mosaik-Fabrik von Villeroy & Boch Mettlach

Für Bodenbeläge in von Tepe erbauten Kirchen hatte Villeroy & Boch Mettlach fast eine Monopolstellung. Besonders schöne Arbeiten mit Mettlacher Platten führte Villeroy & Boch in folgenden Kirchen aus:

1887 Heilige Michaëlkerk Schalkwijk

1889 Sint Nicolaasbasiliek Ijsselstein

1890 Onze-Lieve-Vrouwe-Hemelvaart Vianen

1891 Onze-Lieve-Vrouwe-Hemelvaart Houten

1891/92 Basiliek van de Heilige Kruisverheffing Raalte

 

 

Raumansichten

 

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Blick nach Osten

 

Langhaus der Basilika mit 1891/92 verlegten Mosaikplatten von Villeroy & Boch Mettlach.

Im Eingangsbereich liegt ein beeindruckendes Sternornament.

 

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Blick nach Südwesten

 

 

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Blick vom Hochaltar noch Westen

 

Vor den Kommunionbänken liegen drei diagonal verlegte Fliesentableaus im keramischen Bodenbelag.

 

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Blick vom von F.W. Mengelberg entworfenen Hauptaltar zum ebenfalls von F.W. Mengelberg entworfenen Antonius-Seitenaltar

 

Der Padiglione, ein gelb-rot gestreifter kegelförmiger Seidenschirm, der ursprünglich zum Schutz der Priester und Kantoren bei Prozessionen diente, ist Emblem einer Basilica minor.

Die Verleihung des Titels Basilica minor bezweckt die Stärkung der Bindung der Kirche an den Papst und soll die Bedeutung dieser Kirche für das Umland hervorheben.

 

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Bodenbelag aus Mettlacher Platten im Chorbereich

 

 

Fliesentableaus nach Vorlagen aus Musterbüchern der Mosaik-Fabrik von Villeroy & Boch Mettlach

 

Keramisches Sternornament im Eingangsbereich

 

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Detail des Sternornamentes (siehe Abbildung 02)

 

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Muster-Blätter der Mosaik-Fabrik von Villeroy & Boch Mettlach 1880, Seite 21

 

Diagonale Bereiche dieser beiden beiden Muster fanden beim großen Sternornament Verwendung.

 

 

Zwei Fliesentableaus zur Ehre Papst Leos XIII

 

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Südliches Fliesentableau mit Papstwappen (siehe Abbildung 04)

 

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Nördliches Fliesentableau mit Papstwappen (siehe Abbildung 04)

 

Zur Zeit des Baus der Kirche residierte Papst Leo XIII in Rom.

Vincenzo Gioacchino Pecci, * 02. März 1810 in Carpineto Romano, + 20. Juli 1903 im Vatikan, war von 1878 bis 1903 Papst Leo XIII der römisch-katholischen Kirche.

Die beiden Fliesentableaus zeigen Tiara und von zwei Engel gehaltenen Wappenschild des Papstes.

Die Schlüssel Petri (auch: päpstliche Schlüssel) sind Attribut des Apostels Petrus sowie Symbol der Bindegewalt des Papstes als Nachfolger Petri und Stellvertreter Jesu Christi auf Erden.

 

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Dieses Musterblatt, mit handschriftlichen Preisangaben, diente als Vorlage No. 517 für ‚Papstwappen’ und als Vorlage No. 516 für ‚Sankt Georg‘ in der Basilika der Heiligen Kreuzerhöhung.

Das Blatt ist Teil einer Mappe mit 184 Musterblättern, die in der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart unter 32/80213-1886 liegt.

 

 

Entwerfer des Musterblattes

Philipp Baum (* 1849 - + 1886) war ein deutscher Architekt mit Schwerpunkt auf kunstgewerblichen Arbeiten. So ergab sich die Zusammenarbeit Baums mit der Firma Villeroy & Boch in Mettlach. Das Bedeutendste waren seine Entwürfe für die Bodenflächen aus Mettlacher Platten und Stiftmosaik der Stiftskirche zu Einsiedeln in der Schweiz.

Für die Bodenbeläge aus Mettlacher Platten in der Liebfrauenkirche zu Dortmund entwarf Baum die Tableaus ‚Papstwappen‘ und ‚Sankt Georg‘.

 

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Im keramischen Bodenbelag vor den Kommunionbänken liegt mittig dieses Fliesentableau

 

Das Fliesentableau zeigt Sankt Georg (lateinisch: Georgius), einen legendären christlichen Heiligen, der gemäß Überlieferung unter Diokletian (284-305) ein Martyrium erlitt. Sankt Georg zählt zu den vierzehn Nothelfern. Seine Attribute sind seine Darstellung als Ritter mit Lanze und der von ihm getötete Drache.

 

Um das aus sechszehn Mosaikplatten bestehende Fliesenbild sind sechszehn Fliesen mit einem Text verlegt. Der Text lautet:

GEO   RGI     US.F   IDE
LMS    .MIL   ES.X   RI.O

FELI   X.ET   .INCL ITUS

.DNI.  PRO    ELIA  TOR

Georgius fidel(issi)m(u)s miles Xri (= Christi) o felix et inclitus D(omi)ni proeliator.

(Georgius, getreuer Soldat Christi, glücklicher und berühmter Krieger des Herrn.)

 

Gleiche Fliesentableaus des heiligen Ritters Georg findet man in Deutschland in der Dortmunder Liebfrauenkirche, in der Rheder Pfarrkirche St. Gudula und in der Sankt-Anna-Kapelle in Haltern am See.

 

In den Niederlanden sind mir gleiche Fliesentableaus in St. Michael in Schalkwijk, St. Antonius von Padua in Kortenhoef und in der Petrus und Paulus-Kirche in Hengevelde bekannt.

 

 

Teilbereiche nach Vorlagen aus einem Musterbuch von 1886 der Mosaik-Fabrik von Villeroy & Boch Mettlach

 

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Muster Nr. 245

Detail aus Abbildung 06

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Muster 268

Detail aus Abbildung 06

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3 = Muster 278

4 = Muster 25

5 = Muster 193

Detail aus Abbildung 06

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Bodenbelag im Langhaus der Basilika

Muster Nr. 119a

Der Preis betrug 16,- Mark per qm.

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Wie wurden die Mettlacher Platten hergestellt?

 

Den Wert Mettlacher Platten kann nur der ermessen, der ihre weitestgehend in Handarbeit erbrachte Fertigung kennt.

 

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Einsetzen einer den Dekor darstellenden Schablone in einen würfelförmigen Stahlbehälter

 

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Aufsetzen einer Abdeckschablone

 

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Einfüllen der einzelnen Farbschichten in die von der Schablone vorgegebenen Felder

 

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Nach dem Herausziehen der Metallschablone Einschütten der Hinterfüllmasse aus gröberem und ungefärbtem Steinzeugtonpulver.

Abschließend Hochdruckpressung der Platte mit ca. 250 bar und Brand im Ofen bei 1.120 bis 1.200 °C.

So entstand jede Mettlacher Platte abgesehen vom Pressen und Brennen in reiner Handarbeit.

 

Im Preisverzeichnis über Mettlacher Platten von Villeroy & Boch (vom Januar 1896) ist das Herstellungsverfahren wie folgt beschrieben:
„Unsere sämmtlichen Platten werden trocken aus Staub gepresst mit Zusatz von Feldspath angefertigt und in Weissgluthitze gebrannt, so dass dieselben eine geschmolzene und verglaste Masse bilden.“

 

Unter § 1 des Preisverzeichnisses findet man die Beschaffenheit der seit 1852 gefertigten Steinzeugplatten wie folgt beschrieben: „Die Platten sind in hartgebrannter Steinmasse so hart und dauerhaft hergestellt, dass sie Funken am Stahl geben und jedem Einfluss der Witterung widerstehen. Die Farben sind 2-3 mm tief eingebrannt, treten sich daher auch bei stärkster Abnutzung nicht aus. Die Dauerhaftigkeit der Massen, die Schönheit der Färbung und die grosse Sorgfalt beim Sortiren sichern den Platten den Vorzug vor allem ähnlichen Material.“

 

 

Bildnachweis

Wikipedia (Pa3ems): 01

Thomas Klomp: 02-07, 09-10, 12-14, 16, 18,

Piet Borghardt: 20

Werksarchiv V&B Mettlach: 08, 22-25

Württembergische Landesbibliothek Stuttgart: 11, 15; 17, 19, 21

(Die Fotos aus der Württembergischen Landesbibliothe kaufte ich vor einigen Jahren.)

 

 

Benutzte Literatur

Broschüre ‚Basilika der H. Kreuzerhöhung Raalte‘

Wikipedia

 

 

Danksagung

Ich danke Herrn Thomas Klomp für die Genehmigung seine im Internet veröffentlichten Fotos 02-05 in diesem Bericht veröffentlichen zu dürfen.

Weiterhin bedanke ich mich bei Herrn Thomas Klomp für die Fotos 06-07, 09-10, 12-14, 16 und 18, die er auf meine Bitte ohne Stativ aufnahm.

Herrn Piet Borghardt danke ich für seine Bereitschaft, für mich in der Basilika zu fotografieren.

Mein Dank gilt Frau Agnes Müller vom Werksarchiv V&B Mettlach für Ihre Hilfe bei der Suche nach Vorlagen für die Mettlacher Platten in der Basilika.

Meinem Sohn Norbert danke ich für die Bearbeitung und Veröffentlichung des Berichtes.

 

 

 

Basiliek van de H. Kruisverheffing

Kerkstraat 8

NL-8102 EA Raalte

www.parochieheiligkruis.nl

secretariaat@parochieheiligkruis.nl

 

 

 

Meine früheren Veröffentlichungen zu Mettlacher Bodenplatten:

 

Muster-Blätter der Mosaik-Fabrik von Villeroy & Boch Mettlach; Teil 2 Bodenplatten

www.geschichte-der-fliese.de/Musterbl_Bodenplatten.html

 

Mettlacher Mosaikplatten in der Sankt-Anna-Kapelle, Haltern am See

www.geschichte-der-fliese.de/mmh.html

 

Mettlacher Platten- und Stiftmosaikböden in der Kölner Kirche Gross St. Martin

www.geschichte-der-fliese.de/GrossStMartin.html

 

Mettlacher Platten in Schloss Nöthnitz

www.geschichte-der-fliese.de/mpisn.html

 

Mettlacher Platten in der Seußlitzer Schlosskirche

www.geschichte-der-fliese.de/seusslitz.html

 

Mettlacher Platten in der Sonneberger Stadtkirche St. Peter

www.geschichte-der-fliese.de/stpeter.html

 

Mettlacher Mosaikplatten in der Stiftskirche Einsiedeln

www.geschichte-der-fliese.de/einsiedeln_mosaikplatten.html

 

Mettlacher Platten im Sommerrefektorium des Klosters Bebenhausen

www.geschichte-der-fliese.de/mettlacher_platten_bebenhausen.html