Vila
Oeiras ist eine Kleinstadt innerhalb der Gemeinde Oeiras e São Julião
da Barra und dem gleichnamigen Kreis im Westen des Großraums Lissabon.
Die Stadt liegt am rechten
Ufer der Flussmündung des Tejo und ist im Norden durch die Kreise
Sintra und Amadora, im Osten durch Lissabon, im Westen durch Cascais
und an der Südküste durch die Mündung des Tejo in den Atlantik von
Almada getrennt. Oeiras liegt 15 Fahrminuten von Lissabon entfernt und
befindet sich in Nähe der Strände von Estoril und Sintra.
Das Gebiet ist seit
prähistorischen Zeiten besiedelt. Der Ursprung der Stadt Oeiras geht
auf das 12. Jahrhundert (1147) zurück. Oeiras bekam das Stadtrecht im
Jahre 1759 von König Joseph I. von Portugal durch Erlass verliehen.
Im Jahr 1770 ließ Sebastião
José de Carvalho e Mello, Conde de Oeiras, seit 1769 Marquês de Pombal
die erste Industrie- und Landwirtschaftsmesse Portugals in Oeiras
stattfinden, möglicherweise die erste in Europa. Obwohl diese Messe von
nationaler Bedeutung war, errichtete er auf kommunaler Ebene unter
anderem einen Hafen für Fischer sowie Zoll- und Handelsplätze. Eines
der wichtigsten Vermächtnisse aus dieser Zeit ist die Quinta do Marquês
de Pombal, die fast in ihrer ursprünglichen Form mit Palast und Gärten
erhalten ist.
01
Palácio Pombal
Fliesen aus Lissabon im
Rokoko-Stil an der Südveranda, um 1767
Bauherr
Sebastião
José de Carvalho e Mello, Conde de Oeiras,
seit 1769 Marquês de Pombal (* 13. Mai 1699 in Lissabon; † 8. Mai 1782
in Pombal)
Am Vormittag des 1. November
1755 wurde die Hauptstadt Lissabon von einem katastrophalen Erdbeben
fast völlig zerstört. Sebastião José de Carvalho e Mello organisierte
den Wiederaufbau. Nachdem er so sein organisatorisches Geschick unter
Beweis gestellt hatte, wurde er 1756 Erster Minister Portugals unter
König José I.. Der König war an Regierungsgeschäften nicht sonderlich
interessiert und gewährte dem Marquês de Pombal weitestgehend freie
Hand, so dass dieser zum eigentlichen Herrscher von Portugal wurde.
Fliesenarbeiten im
Garten der Casa da Pesca, Quinta de Cima
Auf Betreiben des Sebastião
José de Carvalho e Mello, Conde de Oeiras, wurde 1767 die ‚Real Fábrica
de Louca, ao Rato’ in Lissabon errichtet. Unter Leitung des ersten
Meisters Tómas Brunetto, einem aus Turin zugewanderten Experten, wurden
von 1767 bis 1771 neben Gebrauchs- und Zierfayencen auch Fliesen
(azulejos) hergestellt. Meisterwerke dieser Epoche sind sechszehn
Fliesenbilder und Fliesenbekleidungen der Gartenmauern im Garten der
Casa da Pesca der Quinta de Cima, dem einstigen Landsitz Pombals in
Oeiras. Sie stammen aus den Jahren 1769 bis 1770 und sind Beispiele im
Übergang zum Spätrokoko.
Es war ein äußerst großer
Auftrag. Für die sechszehn Fliesengemälde wurden 6000 Fliesen bemalt,
für die kobaltblauen Rahmungen 5008 Fliesen hergestellt und für die
Bänder über den Tableaus 1056 Fliesen hergestellt und bemalt. Das sind
insgesamt 12064 Fliesen.
Nicht mitgerechnet sind die
kobaltblauen Fliesen in Türdurchgängen (Bilder 03-05, 08 und 09) und
die Fliesen an Gartenmauern (Bilder 02 und 47).
02
Treppe
zur Casa da Pesca im Garten der Quinta de Cima do Marquês Pombal.
An der Mauer rechts,
Fliesenmuster aus zwei kontrastierenden, im Wechsel angeordneten
Blütenmotiven und einfassenden Fries.
03
Großformatige Fliesengemälde
beherrschen den Garten der Casa da Pesca.
04
Auf dem Foto sieht man von
links nach rechts bis zum Tor die Fliesenbilder 1 bis 8
05
Fliesenbilder spiegeln sich
im Wasser des Teiches.
06
Der Kontrast vom Kobaltblau
der Fliesen zum satten Grün der Rasenflächen ist beeindruckend.
07
Dieses Foto zeigt die
Fliesengemälde 4, 6, 7 und 8.
08
09
10
Tableau
01 im Format von 14 x 26 = 364 Fliesen zeigt Meereswesen in ihrem
Element. Die Rahmung ist vier Fliesen breit und besteht aus 384 Fliesen.
Leider haben sich durch
Witterungseinflüsse bedingt durchscheinende kobaltblaue Bleiglasuren
partiell vom Scherben gelöst.
11
Detail aus Tableau 01 (Bild
10)
12
Tableau 02 im Format von 7 x
26 = 182 Fliesen zeigt Meereswesen in reicher Rokokorahmung. Das
Tableau wird umgeben von 328 kobaltblauen Fliesen.
13
Detail aus Tableau 02 (Bild
12)
Die kobaltblaue
Inglasurmalerei bezeugt in ihren feinen Abstufungen künstlerisches und
handwerkliches Können.
14
Tableau
03 im Format von 47 x 26 = 1222 Fliesen zeigt Mischwesen, Meeresgötter
und geflügelte Putten in reicher Rokokorahmung. Das Tableau wird
umgeben von 648 Fliesen mit durchscheinender kobaltblauer Bleiglasur.
Mehr oder weniger Glasurauftrag lässt die Fliesen der Rahmung heller
oder dunkler erscheinen.
15
Detail 1 aus Tableau 03 (Bild
14)
16
Detail 2 aus Tableau 03 (Bild
14)
17
Detail 3 aus Tableau 03 (Bild
14)
18
Detail 4 aus Tableau 03 (Bild
14)
19
Tableau 04 im Format von 14 x
26 = 364 Fliesen zeigt zwei Meerjungfrauen in ihrem Element und einen
Flussgott. Die Rahmung ist vier Fliesen breit und besteht aus 384
kobaltblauen Fliesen.
20
Detail aus Tableau 04 (Bild
19)
21
Tableau
05 im Format von 14 x 26 = 364 Fliesen. Die Rahmung ist vier Fliesen
breit und besteht aus 384 kobaltblauen Fliesen.
22
Detail aus Tableau 05 (Bild
21)
23
Tableau 06 im Format von 11 x
18 = 198 Fliesen. Die Rahmung ist zwei Fliesen breit und besteht aus
132 kobaltblauen Fliesen.
24
Detail aus Tableau 06 (Bild
23)
25
Tableau 07 im Format von 11 x
18 = 198 Fliesen. Die Rahmung ist zwei Fliesen breit und besteht aus
132 Fliesen mit kobaltblauer Glasur.
26
Detail aus Tableau 07 (Bild
25)
27
Tableau 08 im Format von 6 x
18 = 108 Fliesen. Die Rahmung ist zwei Fliesen breit und besteht aus
112 Fliesen mit kobaltblauer Glasur.
28
Detail aus Tableau 08 (Bild
27)
29
Tableau 09 im Format von 6 x
18 = 108 Fliesen. Die Rahmung ist zwei Fliesen breit und besteht aus
112 Fliesen mit kobaltblauer Glasur.
30
Detail aus Tableau 09 (Bild
29)
31
Tableau 10 im Format von 11 x
18 = 198 Fliesen. Die Rahmung ist zwei Fliesen breit und besteht aus
132 Fliesen mit kobaltblauer Glasur.
32
Detail aus Tableau 10 (Bild
31)
33
Tableau 11 im Format von 11 x
18 = 198 Fliesen. Die Rahmung ist zwei Fliesen breit und besteht aus
132 Fliesen mit kobaltblauer Glasur. Das Tableau mit Rahmung wird
bekrönt durch ein Band in einer durch die Fassadengestaltung
vorgegebenen Breite von zweieinhalb Fliesen.
34
Detail aus Tableau 11 (Bild
33)
35
Tableau 12 im Format von 14 x
26 = 364. Die Rahmung ist vier Fliesen breit und besteht aus 384
Fliesen.
36
Detail aus Tableau 12 (Bild
35)
37
Tableau 13 im Format von 14 x
26 = 364 Fliesen. Die Rahmung ist vier Fliesen breit und besteht aus
384 Fliesen. Auf dem Foto aus dem Jahr 2001 sind dort deutlich weiße
Auslaugungen zu erkennen. Dies ist ein Beleg
dafür, dass das Mörtelbett durchfeuchtet wird. Die Ursache der
Durchfeuchtung des Mörtelbettes der keramischen Wandbekleidung muss
unbedingt beseitigt werden, um Weiterungen der Schäden zu vermeiden.
38
Detail aus Tableau 13 (Bild
37)
39
Tableau 14 im Format von 26 x
47 = 1222 Fliesen zeigt Mischwesen, Meeresgötter und geflügelte Putten
in reicher Rokokorahmung. Es wird umgeben von 648 Fliesen mit
durchscheinender kobaltblauer Bleiglasur. Mehr oder weniger
Glasurauftrag lässt die Fliesen der Rahmung heller oder dunkler
erscheinen.
Das Foto aus dem Jahr 2001
zeigt, dass die Fliesenbekleidung zu diesem Zeitpunkt enorme Schäden
aufwies. Es waren Glasurschäden in erheblichem Umfang feststellbar. Als
Ursache konnte die Durchnässung des Mörtelbettes festgestellt werden.
Die Durchnässung ist deutlich an weißen Auslaugungen zu erkennen. Links
oben ein Riss in der keramischen Bekleidung. Durch das Eindringen von
Wasser in das Mörtelbett bauten sich Spannungen auf, die zur
Rissbildung führten.
40
Detail 1 aus Tableau 14 (Bild
39)
41
Detail 2 aus Tableau 14 (Bild
39)
Eine Vielzahl von Fliesen
weisen vor allem an den Kanten Glasurschäden auf.
42
Detail 3 aus Tableau 14 (Bild
39)
43
Tableau 15 im Format von 7 x
26 = 182 Fliesen. Das Tableau wird umgeben von 328 Fliesen mit
kobaltblauer Bleiglasur.
44
Detail aus Tableau 15 (Bild
43)
45
Tableau
16 im Format von 14 x 26 = 364 Fliesen zeigt Meereswesen in ihrem
Element. Die Rahmung ist vier Fliesen breit und besteht aus 384 Fliesen.
Am
rechten und linken Rand haben sich leider durch Witterungseinflüsse
bedingt durchscheinende kobaltblaue Bleiglasuren partiell vom Scherben
gelöst.
46
Detail aus Tableau 16 (Bild
45)
47
Fliesenmuster aus zwei
kontrastierenden, im Wechsel angeordneten Blütenmotiven an der
Gartenmauer der Quinta de Cima do Marquês Pombal in Oeiras.
Fotonachweis
José Meco und Rainer Margraf
unter Mitarbeit von Karl-Heinz Voth (1987)
01-10, 12, 14, 19, 21, 23, 25, 27, 29, 31, 33, 35, 37, 39, 43, 45, 47
Wilhelm Joliet
Detailaufnahmen (2001)
11, 13, 15-18, 20, 22, 24, 26, 28, 30, 32, 34, 36, 38, 40-42, 44, 46
und Bildbearbeitungen.
Danksagungen
Herrn José Meco danke ich
dafür, dass er im September 2001 meiner Frau und mir die
Fliesenarbeiten im Palácio Pombal und im Garten der Quinta de Cima
zeigte und erläuterte.
Benutzte Literatur
José
Meco, Azulejaria Portuguesa (Oeiras 1989)
Rainer Marggraf und José Meco, Fliesenkultur in Portugal (Bramsche 1989)
Wikipedia für Oeiras und Marquês Pombal
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