Niederländische Fliesen in Schloss Nordkirchen
Reiter im Achteck auf gesprenkeltem Grund mit ausgesparter Lilie
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Mittelpunkt des imposanten Schlosses ist das Hauptgebäude, das Corps de
Logis, von dem aus die niedrigeren Flügelbauten den Ehrenhof umschließe
Schloss Nordkirchen befindet sich in der Gemeinde Nordkirchen im Kreis Coesfeld. Es wird aufgrund seiner Ausmaße und der barocken Gestaltung auch als das „Westfälische Versailles“ bezeichnet. Es ist das größte Wasserschloss Westfalens.
Das heutige Schloss ist der Nachfolgebau einer Wasserburg des 16. Jahrhunderts der Herren von Morrien. Es wurde von 1703 bis 1734 in mehreren Bauabschnitten vom Fürstbischof Friedrich Christian von Plettenberg-Lenhausen begonnen und schließlich von seinem Neffen, dem Premierminister Ferdinand von Plettenberg vollendet.
Die Architekten des Gebäudekomplexes waren Gottfried Laurenz Pictorius, ab 1706 Peter Pictorius der Jüngere und ab 1724 Johann Conrad Schlaun. Der Mittelpunkt des Schlosses ist das Hauptgebäude, das Corps de Logis, von dem aus sich die niedrigeren Flügelbauten, die unter anderem die Schlosskapelle enthalten, fortentwickeln und U-förmig den Ehrenhof umschließen. Der gesamte Baukomplex ist im höchsten Maße symmetrisch und in dieser Form ein klassisches Beispiel einer komplett erhaltenen Barockanlage, wenngleich im frühen 20. Jahrhundert umfangreich ergänzt. Das Schloss folgt niederländischen Vorbildern, wie zum Beispiel Het Loo in der Nähe von Apeldoorn. Die aus Backstein errichteten und mit Sandsteinelementen gegliederten Fassaden des Schlosses Nordkirchen sind typisch für die Barockarchitektur Westfalens, insbesondere für die Werke Johann Conrad Schlauns. Der gesamte Baukomplex ist in dieser Form ein beeindruckendes Beispiel einer komplett erhaltenen Barockanlage.
Restaurierungsarbeiten in den 1980er Jahren mit handgefertigten Fliesen aus Makkum
Im 18. Jahrhundert wurden wie in vielen anderen deutschen Schlösser auch in Schloss Nordkirchen niederländische Fliesen eingearbeitet. Diese waren damals in Rotterdam gefertigt.
Da das Schloss in den 1980er Jahren restaurierungsbedürftig war, entschloss man sich, im Westflügel des Schlosses Fliesenflächen in sieben Räumen in die Maßnahme mit einzubeziehen. Leider waren nur wenige Originalfliesen noch vorhanden. Die Koninklijke Tichelaar, ein niederländisches Familienunternehmen, das 1689 in Makkum gegründet wurde, war durch Fliesenlieferungen für die Brühler UNESCO-Welterbestätten Jagdschloss Falkenlust und Schloss Augustusburg den Entscheidungsträgern bekannt. Man bestellte Musterfliesen von Landschaften und Reitern. Historische und Musterfliesen wurden zusammengelegt; es stellte sich heraus, dass es nicht möglich war, alte und neue Fliesen zu unterscheiden. Die Koninklijke Tichelaar aus Makkum erhielt den Auftrag, 2000 handgefertigte Fliesen nach alten Vorlagen zu liefern. (1)
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Koninklijke Tichelaar
Tableau am Giebel des ‘Pothuis‘ am Turfmakt in Makkum
Makkum ist eine kleine Ortschaft in der Gemeinde Súdwest-Fryslân in der niederländischen Provinz Friesland.
Reiterfliesen in den Räumen 111 und 112 im Obergeschoss des Westflügels
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Grundriss der Räume WF 111 und WF 112.
Dokumentation der Wandflächen
mit Reiterfliesen in Raum WF 111
Die Anfertigung von Fotos war durch Büromöbel extrem beeinträchtigt. Tische und Schränke konnten nicht bei Seite geschoben werden. Dieser widrige Umstand verhinderte auch die Feststellung der Stückzahl im Raum angesetzter handgefertigter Reiterfliesen.
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Eingang vom Flur (WF 105) in das Geranienzimmer (WF 111).
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Detail aus Abbildung 04.
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Tische verdecken vor allem die oberen Reihen Reiterfliesen.
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Detail aus dem rechten Wandfeld (Abbildung 06).
Hier konnte der Tisch kurz weggeschoben werden.
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Auch hier verdecken Tische vor allem die oberen Reihen Reiterfliesen.
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Ein Wandfeld von 3 x 9 = 27 Fliesen.
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Eckbereich vor der ersten Fensternische.
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Fliesenfeld zwischen den beiden Fensternischen.
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Eckbereich zwischen Fenster- und Kaminwand.
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Tür zum Raum WF 112 und zwei Wandfelder zum offenen Kamin.
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Detail von Abbildung 14.
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Offener Kamin mit Marmorrahmung und Ziegelbelag.
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Fliesenfeld rechts neben dem offenen Kamin.
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Garderobenständer behindern die Sicht auf Reiterfliesen der Kaminwand.
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Eckbereich von Kaminwand und Wand zum Flur WF 105 mit Türanschlag.
Dokumentation der Wandflächen mit Reiterfliesen in Raum WF 112
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Türanschlag zum Raum WF 111 und Innenecke zur Wandnische.
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9 Fliesen zur rechten Fensternische, mit Falkner wie in Abbildung 20.
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Detail aus Abbildung 22.
Die dritte Fliese von links in der oberen Reihe hat starke Ähnlichkeit mit der Fliese in der unteren linken Ecke. Markanter Unterschied ist der heruntergefallene Hut.
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Detail aus Abbildung 24.
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Ein Aktenschrank verdeckt einen Teilbereich der Fliesenbekleidung.
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Dieses Feld von 3 x 7 = 21 Fliesen beginnt am rechten Abschluss von Abbildung 26.
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Dieses Feld schließt an Abbildung 27 an. Ein Hochschrank verdeckt Teilbereiche der rechten Seitenwand des Raumes.
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Teilbereich eines größeren Fliesenfeldes der Türwand zum Raum WF 111.
Auswertung der in den Räumen W111 und W112 vorhandenen Motive
1. Nach Antonio Tempesta (2)
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Cyrus Mayor / Kyros der Große (ca. 600-530 v. Chr.) war Gründer des achämenidischen Perserreiches, besiegte alle früheren Staaten des alten Nahen Ostens und schuf das größte Gemeinwesen der damaligen Zeit
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Ninus ist der mythische namensgebende Gründer der Stadt Ninive in Assyrien. |
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Semiramis, eine griechische Sagengestalt, die manchmal mit der assyrischen Königin Schammuramat gleichgesetzt wird.
Die hängenden Gärten der Semiramis zählten zu den sieben Weltwunder der Antike. |
2. Nicht bei Tempesta
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Anmerkungen
(1) In der Werkszeitung der Koninklijke Tichelaar Makkum’De Dieper’ (9. Jahrgang Januar / Februar 1981) erschien der Bericht ‘Uit eigen bedrijf - Restauratie Nordkirchen’.
(2) Antonio Tempesta (*ca. 1555 in Florenz - +5. August 1639 in Rom) war ein italienischer Maler, Zeichner und Radierer. Er war Schüler des aus Brügge stammenden Jan van der Straet alias Stradanus, dem wichtigsten Mitarbeiter von Giorgio Vasari. Im Team von Stradanus arbeitete Tempesta vermutlich an der Dekoration des Palazzo Vecchio und von Teilen des Korridors der Uffizien mit. Den größten Teil seiner Werke schuf er in Rom, wohin er ca. 1580 übersiedelte und, von kurzen Reisen abgesehen, bis zu seinem Tod blieb.
Fotonachweis
Wilhelm Joliet, 01, 02, 04
Schlossverwaltung, 03
Kupferstichkabinett Dresden, a. b, c aus dem Internet (public domain)
Dr. Birgit Beisch, 05-29
Literatur
Wikipedia
Danksagung
Dr. Birgit Beisch danke ich für ihre Fotos, Ruud Stoffels und Pieter Frietema für ihre Informationen zur Lieferung der Fliesen. Dank sage ich Jan Pluis für seine Hilfe und meinem Sohn Norbert für
die Bearbeitung und Veröffentlichung des Berichtes.
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Schloss Nordkirchen – Landschaftsfliesen im Achteck auf gesprenkeltem Grund
www.tegels-uit-rotterdam.com/nordkirchen.html
Rotterdamer Reiterfliesen des 18. Jahrhunderts in Schloss Nordkirchen
www.tegels-uit-rotterdam.com/nordreiterfliesen.html
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