ZWEI FLIESENGEMÄLDE DES WILLEM VAN DER KLOET IM MUSEUM NOGUEIRA DA SILVA IN BRAGA

OS AZULEJOS DE WILLEM VAN DER KLOET EM BRAGA

WILLEM VAN DER KLOET TILE PICTURES IN BRAGA

 

      

Die beiden Fliesengemälde stammen aus dem Palácio Galvão Mexia, der bis 1899 in der Lissaboner Bairro Alto im Stadtteil Encarnação in der Rua dos Mouros nahe dem Convento de São Pedro de Alcântara, stand.

 

 

Die Fliesengemälde im Garten des Museu Nogueira da Silva in Braga und dieses große Tableau im Lissaboner Museu Nacional do Azulejo waren wahrscheinlich in direktem Zusammenhang in einem Saal des Palácio Galvão Mexia als Wandbekleidung angesetzt. Sie sind in Stil und Aufbau der Bilder sehr ähnlich und haben als integrierte Rahmung jeweils markante Bogenleisten.

Die drei Tableaus sind gleichmäßig 13 Fliesen = 1.72 Meter hoch. Ihre Breiten sind unterschiedlich: ‚Spiel auf einer Terrasse’ 13 x 16 Fliesen, ‚Musikanten auf einer Terrasse’ 13 x 14,5 Fliesen und ‚Tanz auf einer Terrasse’ 13 x 30,5 Fliesen.

Bemerkenswert ist die Tatsache, dass die Fliesengemälde nicht an Ort und Stelle an- oder eingepasst wurden, sondern die Tableaus ‚Musikanten auf einer Terrasse’ und ‚Tanz auf einer Terrasse’ gleich in Amsterdam auf das vorgegebene Maß gearbeitet wurden. Sie enden jeweils links mit Passstücken.

 

 

Der Weg der Fliesengemälde von Lissabon nach Braga

Fliesengemälde im Treppenhaus des Palácio Galvão Mexia zeigten spielende Kinder, in den Sälen Tanz-, Musik- und häusliche Szenen. Die schönsten waren in der Hauskapelle zu bewundern. Es waren Szenen aus dem Leben Jesu. Auf einem Tableau aus der Kapelle findet man die Signatur ‚Willem van der Kloet fec.’ Alle Fliesengemälde wurden aus dem Palácio Galvão Mexia ausgebaut und kamen am 10. Juli 1899 in Lissabon in eine Versteigerung, fanden aber keinen Käufer.

Während die Fliesengemälde aus der Hauskapelle später in den Besitz des Adriano Julio Coelho kamen, erwarb Alfredo Keil die beiden Fliesengemälde ‚Spiel auf einer Terrasse’ und ‚Musikanten auf einer Terrasse’.

Die beiden in diesem Bericht beschriebenen Fliesengemälde kamen aus dem Nachlass der Sammlung Alfredo Keil (1) in das Casa-Museu Nogueira da Silva (2) nach Braga.

 

 

 Spiel auf einer Terrasse

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Fliesengemälde ‚Spiel auf der Terrasse’ im Garten der Casa-Museu Nogueira da Silva in Braga.

 

 

 

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Spiel auf einer Terrasse / Jogo num terraço / Game on a terrace

Es heißt: Die heiße Hand / La main chaude / Le frappe main / Hot Cockles / Handjeplak
Ein Spieler verbirgt sein Gesicht im Schoß eines Mitspielers mit einer Hand auf dem Rücken. 
Die anderen Spieler schlagen die Hand, so dass sie "heiß" wird, während der Besitzer erraten muss, 
wer gerade geschlagen hat. 

13 x 16 = 208 Fliesen (1,72 x 2,11 m)

 

 

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Ein junges Paar in Kleidertrachten, wie sie vor allem in höfischen Kreisen in Frankreich in der Zeit um 1685 bis 1715 getragen wurden.

 

 

 

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Den Herrn ziert eine Allongeperücke (3). Die Dame und das Mädchen im Hintergrund tragen die Fontange (4).

 

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Detail aus Bild 04

 

 

 

 

 

 Musikanten auf einer Terrasse

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Musikanten auf einer Terrasse / Músicos num terraço / Musicians on a terrace
13 x 14,5 = 195 Fliesen, davon 13 Passstücke.

Eine sitzende Dame spielt das Tympanum und wird von zwei Herren begleitet, einer sitzt am Tisch und spielt die Laute, der andere steht dahinter und spielt die Querflöte.

 

 

 

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Die Dame schlägt die Seiten des Tympanum an.

 

 

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Ein sehr aufwendig gestaltetes Detail. Typisch für den Malstil des Willem van der Kloet ist die bogenförmige Gestaltung des Blattwerkes im Hintergrund.

 

 

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Musikanten mit Querflöte und Laute.

 

 

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Er spielt die Flûte d’Allemagne, die um 1700 in Frankreich in Mode gekommene Querflöte.

 

 

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Er spielt die Laute.

 

 

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Niederländische Fliesenfreunde fanden für das Fliesengemälde ‚Musikanten auf einer Terrasse’ eine entsprechende grafische Vorlage ‚ Simphonie du Tympanum, du Luth, et de la Flûte d’Allemagne’.

Nicolas Bonnart (5) veröffentlichte das Blatt in Paris um 1700 nach Robert Bonnart (6) mit seiner Verlagsadresse rue St. Iaques à l’aigle.

 

 

 

 Vergleich von Fliesengemälde und grafischer Vorlage

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Detail des Fliesengemäldes.

 

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Detail der grafischen Vorlage.

Willem van der Kloet (7) und seine Mitarbeiter in der Werkstatt ‚De Twee Romeinen aan de Prinsengracht’ in Amsterdam übernahmen sehr genau viele Details.

 

 

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Das grafische Blatt von Nicolas Bonnart nach Robert Bonnart war auch Vorlage für die Dekoration um 1700 bis 1720 in China gefertigter Porzellanteller.

Sie sind 342 mmm im Durchmesser und 58 mm hoch.

Gut erhaltene Exemplare findet man im British Museum und Victoria & Albert Museum in London und im Princessehof in Leeuwarden (Leeuwarden, 1986, nr. 100).

 

 

 

Anmerkungen

(1) Alfredo Keil (* 8. Juli 1854 in Lissabon; † 4. Oktober 1907 in Hamburg) war ein portugiesischer Komponist, Maler und Sammler portugiesischer Kunst. Bekannt ist Alfredo Keil als Komponist der portugiesischen Nationalhymne (A Portuguesa).

(2) Der aus Braga gebürtige António Augusto Nogueira da Silva vermachte der Universidade do Minho sein vom bekannten portugiesischen Architekten Raul Rodrigues Lima entworfenes Haus Avenida Central 61 in Braga (Schenkungsurkunde vom 25. September 1975).

(3) Die Allongeperücke war eine langlockige Perücke für Herren aus der Zeit um ca. 1665 bis 1715. Vom Mittelscheitel aus fielen auf beiden Seiten die Locken herunter. Als Material wurde - je nach Qualität und Preis - Menschen- oder Tierhaar verwendet. Alle natürlich vorkommenden Haarfarben waren vertreten, sowie weiß oder grau gepudert. Unter der Perücke war das Haar oft kurz geschnitten oder geschoren.

(4) Die Fontange war eine hohe, über einem Gestell aus Draht aufgebaute Haube, die etwa von 1685 bis 1715 von Frauen in Europa getragen wurde. Der Name bezieht sich auf die Herzogin von Fontanges, eine Maitresse von Ludwig XIV..

(5) Nicolas Bonnart, (ca. 1637 – 1718) Stecher und Verleger, Sohn des Henri I (1610-1682), Bruder von Henri II (1642-1711), Robert und Jean-Baptiste Bonnart. Seine Aktivitäten als Stecher sind vor allem für die Zeit zwischen 1664 und 1670 nachgewiesen. Nach seinem Tod wurde der Verlag von seiner Frau und seinem Sohn Nicolas bis 1727 weitergeführt. Die Verlagsadresse war seit ca. 1674 ‚Rue St. Jaques, paroisse St. Séverin, à l’Aigle, Paris’.

(6) Robert Bonnart, (ca. 1652 – 1729 oder später), Maler und Stecher, Sohn des Henri I (1610-1682) und einer der vier Bonnart-Brüder. Er war Schüler des flämischen Schlachten-, Genre- und Landschaftsmalers Adam Frans van der Meulen (1632 - 1690).

(7) Willem van der Kloet (1666-1747) war das dritte von sieben Kinder der Eheleute Willem Cornelisz. van der Kloet und Celetje Os. Alle Söhne außer dem als Kind gestorbenen Jan (gestorben 1689) folgten ihrem Vater im Beruf des ‚tegelbakker’, Willem (1666-1747), Cornelis (1672-1733) und Bartholomeus (geboren 1675). Auch zwei Töchter blieben in diesem Berufsmilieu der Fliesenbrenner. Trijntje (geboren 1664) heiratete 1683 einen Berufskollegen und die jüngste Tochter Maria (1678-1761) arbeitete über lange Jahre in der Werkstatt ‚De Twee Romeinen aan de Prinsengracht’. Nur Johanna (geboren 1669) heirate einen berufsfremden Mann.

Willem van der Kloet arbeitete, schon lange bevor er diesen erbte, im elterlichen Betrieb. Im Alter von zweiundzwanzig Jahren war er schon Mitglied in der angesehenen Amsterdamer St. Lucas Gilde. 1694 übernahm Willem van der Kloet die Leitung der Werkstatt. Drei Jahre nachdem er Eigentümer der Werkstatt ‚De Twee Romeinen’ geworden war, heiratete er 1697 Maria de Jongh, eine gut situierte Frau, die zwei junge Töchter mit in die Ehe brachte. Dem Ehepaar wurden mehrere Kinder geboren, doch starben bis auf Maria (geboren 1706) alle im Kindesalter. Die Lage der Werkstatt ‚De Twee Romeinen` am äußersten Rand der Stadt Amsterdam war äußerst günstig, denn sie hatte ausreichenden Abstand zu Wohngebieten, konnte über Kanäle Grundstoffe, Halbfabrikate und Erzeugnisse günstig transportieren. Es bestand auch ein gutes Wegenetz für den Transport mit Pferd und Wagen. Willem van der Kloet profitierte vom raschen Aufschwung und der Ausbreitung der Stadt. Amsterdam zog damals viele Immigranten an. Die Weltoffenheit der Stadt verhalf den Fliesen produzierenden Werkstätten auch zu Kunden in Portugal.

Willem van der Kloet lieferte Fliesengemälde nach Portugal, für die Kirche Madre de Deus (nach dem Tod des Jan van Oort), 1707 für den Palácio Galvão Mexia und 1707-1709 für die Kirche Nossa Senhora de Nazaré.

 

 

Literatur für die Fliesentableaus

J.M. dos Santos Simões: Carreaux céramiques Hollandais au Portugal et en Espagne (La Haye 1959)

‘Willem van der Kloet en het tableau met een hertejacht’ in: Vormen uit Vuur. Mededelingenblad Nederlandse vereniging van vrienden van ceramiek en glas (1992/1)

Tichelaar Makkum: ‘Willem van der Kloet en het tableau met een hertejacht’ (Makkum 1992)

Museu Nacional do Azulejo: ’Os azulejos de van der Kloet em Portugal – Van der Kloet tiles in Portugal’ (Lisboa 1994)

 

 

Literatur für Mode und Personen

Wikipedia

 

 

Bildnachweis

Fotoarchiv Rainer Marggraf, Pieter Jan Tichelaar und Hans van Lemmen

Bildbearbeitungen des Verfassers

 

 

Links in Sachen ‚WILLEM VAN DER KLOET’  

Mythologische Darstellungen auf Amsterdamer Fliesentableaus

www.geschichte-der-fliese.de/klomy.html

Willem van der Kloet und das Fliesengemälde einer Hirschjagd

www.geschichte-der-fliese.de/klohi.html 

 

Zwei großformatige Fliesengemälde aus der Amsterdamer Werkstatt des Willem van der Kloet

www.geschichte-der-fliese.de/kloe.html

 

Acht Fliesengemälde mit Szenen aus dem Leben Jesu der Amsterdamer Werkstatt des Willem van der Kloet

www.geschichte-der-fliese.de/kloet.html

 

Fliesengemälde des Willem van der Kloet aus Amsterdam in der Kirche Nossa Senhora da Nazaré / Portugal 

Tegeltableaus van Willem van der Kloet uit Amsterdam in de kerk Nossa Senhora da Nazaré in Sítio (Nazaré) in Portugal 

Tile panels made in Amsterdam by Willem van der Kloet in the church of Nossa Senhora da Nazaré / Portugal

Igreja et Santuário de Nossa Senhora da Nazaré os azulejos de Willem van der Kloet

http://www.geschichte-der-fliese.de/nossa_senhora.html