Wilhelm Joliet |
|||||
Entwicklung Das
Pressverfahren stellte bis zum Jahr 1946 die einzige industrielle
Fertigungsmethode für keramische Fliesen dar. Das änderte sich mit der
Entwicklung des Gießverfahrens, bei dem im Herstellungsprozess auf den
Glattbrand verzichtet werden kann. Die
Fabrikation im Gießverfahren hergestellter Fliesen begann 1946 in einem
eigens für diese Fertigungsmethode errichteten Werk in Veggia / Italien.
Verfahrensentwickler war Professor Dr. Korsch aus Budapest. Für die im
Gießverfahren entstandene Fliese wählte man die Bezeichnung KERVIT, weil sie
ihren Bestandteilen nach eine Stelle zwischen Keramik und Glas einnimmt
(KERamos – VITrum). Die gegossene Platte / Fliese wird bei diesem Verfahren
gemeinsam mit der Gießform gebrannt. Der mit hohem Glasanteil gemahlenen
Masse wird Wasser zugegeben. Die Masse wird in den Mischer verbracht und
nach erfolgter Abscheidung eventueller Verunreinigungen durch ein
Vibrationssieb mit Hilfe einer Gießapparatur auf eine Trennschicht
aufgegossen. Diese Trennschicht besteht aus 95 % Bentonit und 5 % Kalkstein.
Sie hat die Aufgabe, die Masse bis zum Abschluss des Brennprozesses an der
Unterlage festzuhalten und eine Schwindung in Flächenrichtung zu vermeiden.
In weiteren Arbeitsschritten werden im Gießverfahren noch Engobe und Glasur
aufgebracht. Bei der KERVIT-Fliese läßt die aufgebrachte Zwischenschicht nur
eine Schwindung in den Dicken zu. Nach diesem Produktionsvorgang an einer
Gießbandstrecke schließt sich der etwa 2 Stunden dauernde Brennprozess im
ca. 60 – 70 Meter langen Tunnelofen (Schnellbrand) sofort an. Die
Brenntemperatur beträgt in der Brennzone 960 -1000°C.
Wegen der minimalen Saugfähigkeit der Scherben bot sich die im Gießverfahren
hergestellte Ware auch zur Verwendung im Außenbereich an.
kervit GmbH
Meckenheim (Bonn)
Keramische Wandfliesen
und Mosaik
Ein schon fast in
Vergessenheit geratenes Werk im Dreiklang
WESSEL – SERVAIS -
kervit. Im
Werk Meckenheim wurden von 1963 bis 1976 Fliesen und Mosaik gefertigt. Die
Herstellung von Fliesen im Gießverfahren endete schon recht bald. Mosaik
stellte man dagegen noch bis 1976 im Gießverfahren her. In
Meckenheim wurden nach Einstellung der Produktion von Fliesen im
Gießverfahren unglasierte Fliesen bezogen und überwiegend im damals üblichen
Siebdruckverfahren dekoriert. Die
Steingutscherben aus Pressverfahren kamen zunächst von der
Muttergesellschaft Wessel-Werk in Bonn, später dann bis zur Aufgabe der
Fliesenproduktion vom Schwesterunternehmen Servais-Werk in Witterschlick.
01 Das
Foto zeigt eine mit kervit-Mosaik ausgeführte Fassade in der Bonner
Innenstadt.
02 Produktionsübersicht der kervit- Werke.
03 Rubin-Serie und Dekor-Programm.
04 Anwendungsbeispiele Innenbereich.
05 Anwendungsbeispiele von kervit-Mosaik in den Formaten 3
x 7,5 cm, 5 x 7,5 cm und Das
großformatige Foto zeigt Fassadenbereiche der WESSEL-Werke in Bonn,
ausgeführt mit kervit-Mosaik weiß-matt 5 x 7,5 cm.
06 Die
Fliesen der Serie 5000 waren die ersten Dekorfliesen der kervit-Werke.
07 Fliesen der Serie 5000 im Format 15 x 15 cm.
08 Prospekt 1974.
09 ‚74‘
Dekorfliesen Rhenus, Toscana und Puszta im Format 15 x 15 cm.
10 ‚74‘
Dekorfliesen Rubin und Napoli im Format 15 x 15 cm und
Bodenfliesen Toledo im Format 15 x 14 cm.
11 ‚74‘
Dekorfliesen Rhenus, Klassik, Tessin und Kolibri im Format 10,8 x 10,8 cm.
12 Prospekt 1975.
Prospekt ‚75‘ ist außer dem Cover identisch mit Prospekt ‚74‘!
13 Prospekt 1, Seite 1.
Bilderfliesen fertigte man in Witterschlick auf Bestellung in
Transfertechnik auf Fliesen der WESSEL-Werke Bonn und der SERVAIS-Werke
Witterschlick. Als Untergründe eigneten sich Pastellglasuren. Die
Stückzahlen der Serien waren unbedeutend. Trotzdem finden sich heute noch
Bilderfliesen aus Witterschlick – vor allem in Rahmen aus Metall und Plastik
– als sogenannte ‚Untersetzer‘ im Antikhandel.
14 Prospekt 1, Seite 2.
Besonders beliebt waren die niederländischen Motive der Serie 4034.
15 Prospekt 2, Seite 1.
16 Prospekt 2, Seite 2.
17 Prospekt 2, Seite 3.
18 Prospekt 2, Seite 4.
Kervit Spezialprogamm Im
der letzten Phase existierte die kervit GmbH wesentlich von Erträgen aus dem
Vertrieb der folgenden bauchemischen Produkte 1
kerfix - Dünnbettmörtel 2
kerplast - S Gebrauchsfertiger Fliesenkleber 3
kerfog 50 - Erzeugnisse zum säurebeständigeb Verlegen und Verfugen 4
KRIT Fugenweiß – Gebrauchsfertiger Mörtel bis 3 mm Fugenbreite 5
Kunstharz-Dispersion ‚M‘ Zur Herstellung von Dichtungsschlämmen
19 Prospekt zum kervit Spezialprogramm
20 Beschreibungen der bauchemischen Produkte. In
Witterschlick stehen übrigens noch die Silos für Sand, Zement und
Sonderprodukte. Sie dienen heute der Telekom als Basisstationen für ihre
Sendemasten.
Herrn Heinz-Dieter Linzbach aus Meckenheim danke ich für wertvolle Hinweise
und meinem Sohn Norbert für die Bearbeitung und Veröffentlichung des
Berichtes. |
|||||