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Herstellung von Fayencefliesen in der Koninklijke Tichelaar Makkum im Jahr 1982

 

Diesen Bericht widme ich meinem Fliesenfreund Rainer Markgraf, der leider 1994 viel zu früh verstarb. Von ihm stammt das Bildmaterial der Produktion, das bei einem Besuch mit Studenten der Universität Osnabrück 1982 in Makkum aufgenommen wurde.

 

 

 

Werksgebäude

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‚Pothuis‘ Turfmarkt 55

 

 

Jan Pieters Tichelaar, damaliger Direktor des Familienunternehmens, gab 1895 den Auftrag den Giebel des zum Werksgelände gehörenden ‚Pothuis‘ zu erneuern. Bei dieser Erneuerung ließ er durch Jacobus ten Zweege jr. drei keramische Tableaus bemalen. Das mittlere Tableau zeigt eine Ansicht des Werksgeländes Tichelaar am Turfmarkt. Dieses Tableau wird von zwei auf keramische Platten gemalte Wappen flankiert, dem Wappen der Familie Tichelaar und dem Wappen von Makkum.

Im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts diente das ‚Pothuis‘ als Lagerhaus fertiger Produkte. Von 1960 bis 1984 wurde es als Museum und als Raum für Wechselausstellungen genutzt. In den frühen Jahren des 21. Jahrhunderts übertrug die Koninklijke Tichelaar in Makkum ihre Archivsammlung mit Modellen und anderen Gegenständen an die Ottema-Kingma-Stiftung (OKS), die sie dem ‚Keramiekmuseum Princessehof‘ in Leeuwarden als Leihgabe übertrug.

 

 


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Wappen der Familie Tichelaar


Schon 1565, vielleicht auch früher, wurden auf dem heutigen Werksgelände Ziegel gefertigt. Freerk Jans kaufte 1689 eine Hälfte eines Unternehmens und 1694 die zweite Hälfte. Er wurde Ziegler (Tichelaar) und nannte sich fortan auch so.



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Wappen von Makkum

Soweit bekannt, ist dies die älteste Abbildung des Wappen von Makkum, einer Ortschaft in der Gemeinde Súdwest-Fryslân der niederländischen Provinz Friesland. Der Ort liegt am Ijsselmeer nahe am Abschlussdeich zur Nordsee.

 

 

 

 

Das Wappen von Makkum hat einen Schild, auf dem eine Meerjungfrau (Symbol für die Schifffahrt) aus dem Meer aufsteigt, in der rechten Hand ein Segelschiff (Symbol für den Fischfang) und in der linken einen Kalkofen (1622 gab es in und um Makkum sehr viele Kalköfen).

Ein Kalkofen ist ein Brennofen für die Herstellung von Branntkalk aus Kalkstein.

Branntkalk, eine weiße kristalline Substanz, reagiert mit Wasser unter starker Wärmeentwicklung zu Löschkalk.

 

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Mittleres Tableau am Giebel des ‚Pothuis‘ am Turfmarkt in Makkum

 

Das Werksgelände Tichelaar am Turfmarkt von der ‚Grote Zijlroede‘ aus gesehen, dargestellt auf zwei Keramikplatten, die Jan Pieter Tichelaar 1895 von Jacobus ten Zweege bemalen ließ.


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Signatur des J. ten Zweege mit Datierung in der linken unteren Ecke des Fliesengemäldes am Pothuis ‚J. ten Zweege 1895`.
Jacobus ten Zweege (Makkum 1855 – Makkum 1917)

 

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Werksgelände am Turfmarkt von der ‚Grote Zijlroede‘ aus gesehen

 

 

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Seitenansicht des Firmengeländes mit dem Emblem der Firma

 

 

 

 

 

Suche nach Tonvorkommen

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Auf der Suche nach geeignetem Ton

 

 

 

 

 

Lagerung von Ton und Mergel

 

Wichtig ist die Bevorratung der Rohstoffe.

Lagerhaltung von Ton und Mergel im Freien ist wegen der Effekte von Aussommern und Auswintern vorteilhaft.

 

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Prüfung der Rohstoffe im Labor

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Schautafel unterschiedlicher Rohstoffe

 

Im Labor werden die einzelnen angelieferten Schargen auf Eignung überprüft und danach die prozentuale Zusammensetzung für die Produktion festgelegt.

 

 

Befüllen des Grundstofftanks

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Wiegen von Ton und Mergel vor dem Einfüllen in den Grundstofftank

 

 

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Im Grundstofftank werden die Erden mit Wasser verquirlt.

 

 

 

 

 

Filterpresse

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Aus dem Grundstofftank hochgepumpte Schlämme wird in der Filterpresse zwischen Stofftüchern bis zum plastischen Zustand zu ‚Filterkuchen‘ auf etwa 25% Feuchtigkeitsgehalt entwässert.

 

 

 

 

 

 

Formpresse

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Links neben der Formpresse liegen die ‚Filterkuchen‘ aus der geleerten Filterpresse.
In der Formpresse wird die Masse nun maschinell bearbeitet und durch ein Mundstück als Strang gepresst.

 

 

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Ein Draht trennt den Strang in handliche Blöcke, die ein Mitarbeiter der Formpresse entnimmte und stapelt.

 

 

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Fliesen aus dem Block schneiden

 

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Drähte schneiden jeden Block zu 22 Fliesen.

 

 

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Die geschnittenen Fliesen kommen zum nächsten Arbeitsschritt, zur Formung.

 

 

 

 

 

 

Formung der Fliesen mittels Formrahmen und Rollholz

 

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Der vorgeschnittene Fliesenrohling wird in den Formrahmen gelegt und mit einem nassen Rollholz auf Maß gebracht.

 

Es folgt der Trocknungsprozess der Fliese.

 

 

 

Stempeln der Fliese

 

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Die Rückseite der lederharten Fliese wird gestempelt.

 

 

 

 

 

Der Stempel trägt das Logo der Koninklijke Tichelaar und einen Buchstabencode für das Produktionsjahr.

 

 

 

 

Trocknen der Fliesen

 

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Hinter dem Herrn, der Fliesen nach dem Schrühbrand überprüft, stehen Stapel geformter und gestempelter Fliesen zum Trocknen. Die Fliesenstapel sind beschwert, um ein Verziehen der Fliesen zu vermeiden. Es ist wichtig, dass Luft um die Fliesenstapel zirkulieren kann, damit der Trocknungsprozeß von allen Seiten gleichmäßig verläuft.

 

 

 

Roh- und Schrühbrand

 

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Das Foto zeigt einen geöffneten elektrischen Brennofen nach dem Roh- oder Schrühbrand.

Die Fliesen konnten gestapelt werden, da sie bei ordnungsgemäßer Brenntemperatu nicht aneinander ‚backen‘.

 

Der Ofen konnte erst geöffnet werden, nachdem die Fliesen abgekühlt waren. Bei einem Temperaturschock wären die Fliesen zerborsten.

Im Brand gibt die Tonsubstanz zwischen 500 – 800° C ihr chemisch gebundenes Wasser ab. Sie wandelt kristallin um und verfestigt sich je nach Höhe des Brandes.

 

 

 

 

Kontrolle nach dem Schrühbrand

 

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Die Fliesen aus dem Schrühbrand – hier sind es Fliesen mit einer abgerundeten Kante – werden kontrolliert und Oberflächen und Kanten wenn erforderlich vor dem Absaugstutzen geglättet.

 

 

 

 

Glasuren werden auf das keramische Halbprodukt aufgebracht und sind wässrige, gemahlene Suspensionen auf Glasbasis, die mit Farbpigmenten eingefärbt werden können.

Aus technischer Sicht haben Glasuren den Zweck der keramischen Oberfläche Dichte, Härte und Glätte zu verleihen.

Glasieren von Hand

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Zinnglasur wird mittels Schöpfteller angeworfen.

Der Scherben nimmt durch das Saugvermögen offener Poren genau die richtige Menge Glasurmasse.

 

 

Glasurband

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Das Glasurband beschleunigt das Aufbringen der Zinnglasur gegenüber dem Glasieren von Hand.
Hierbei ist es wichtig die Laufgeschwindigkeit so einzustellen, dass weder zu wenig oder zuviel Zinnglasur auf die Scherben aufgebracht wird.

 

 

 

 

 

 

Anfertigen einer Durchstaubschablone

 

 

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Konturen und Details werden in Papier gestochen.

 

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Nach dem Stechen von Konturen und Details in das Papier wird dieses abschließend geglättet.

 

 

 

 

 

Arbeit mit der Durchstaubschablone

 

 

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Die Durchstaubschablone wird auf die mit einer Lage Zinnglasur bedeckte Fliese gelegt.

 

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Mit einem mit Holzkohlenstaub gefüllten Leinensäckchen schlägt man auf die Durchstaubschablone. Holzkohlenstaub dringt durch die Einstiche und legt sich auf die weiche Zinnglasur.

 

 

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Nach vorsichtiger Abnahme der Durchstaubschablone sieht man Konturen und Details aus kleinen schwarzen Punkten.

 

 

 

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Das komplette Dekor ist sichtbar und kann vom Fliesenmaler mit Glasurfarbe nachgearbeitet werden.

Der Kohlenstaub verbrennt im Glattbrand.

Bei Fliesen mit Benutzung gleicher Durchstaubschablone weichen fertige Fliesen meist voneinander ab. Dies ist durch die persönliche Umsetzung der Bemalung bedingt. Minimale Details können weg gelassen oder ergänzt werden.

 

 

 

 

 

 

 

 

Bemalen von Einzelfliesen und Fliesentableaus

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Blick in den Malersaal

 

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Arbeit an einem Fliesentableau

 

 

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Arbeitsplatz einer Fliesenmalerin

 

Arbeit mit 10 unterschiedlichen Pinseln. Neben der Fliesenmalerin liegt eine Schere, mit der sie sich bei Bedarf den Pinsel in gewünschte Form bringt.

 

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Mit einem Pinsel, an dem einige Haare die Spitze bilden und Glasurfarbe wird das Motiv gemalt. Die weiteren Haare des Pinsels dienen als Reservoir für die Glasurfarbe.

 

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Die Fliesenmalerin legt letzte Striche auf. Alle Farben verändern sich im Glattbrand.

 

 

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Nach Ausführung der Eckmotive schiebt die Malerin die Fliese in eine Brennkassette, in der zwölf Fliesen beim Glattbrand getrennt liegen. Ein ‚Anbacken‘ ist ausgeschlossen.

In der Brennkassette liegen schon vier fertig gemalte Bibelfliesen mit Angabe der entsprechenden Textstelle in der Bibel.

 

 

 

Glattbrand

 

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Bemalte Fliesen warten in Brennkassetten auf den Glattbrand.

 

Der Ofen ist gefüllt.

 

 

 

Fertige Fliesentableaus

 

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„Trekschuit“ - von einem Pferd gezogener Kahn

 

Beim „Treideln“ zogen Treidelpferde und Treidelknechte die Schiffe auf dem eigens hierzu angelegten Leinpfad an bis zu zwei Zoll dicken Hanfseilen flussaufwärts. Auf alten Stichen und Gemälden wirken Treidelpferde und Treidelknechte in idyllischer Umgebung recht romantisch. Tatsächlich waren die Arbeitsbedingungen für Tier und Mensch überaus hart, mühevoll und alles andere als beschaulich.

 

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„Die pleit om een Koe, geeft er één toe“ - niederländisches Sprichwort.

"Wer um eine Kuh prozessiert, den kostet es eine weitere."

Zwei Männer zerren an einer Kuh, während ein Advokat die Kuh melkt.

 

 

 

 

 

 

Zusammenfassende Erläuterung der Herstellung einer Fayencefliese in der Koninklijke Tichelaar Makkum im Jahr 1982

 

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1   Malvorlage

2   Durchstaubschablone (Papier mit durchstochenen Konturen und Details)

3   Geformte, erdfeuchte Fliese

4   Mit einem Firmenstempel  versehene lederharte Fliese, die noch weiter trocknen muß.

5   Die Fliese ist zum ersten Mal gebrannt (Roh- oder Schrühbrand).

6   Mit einer Lage Zinnglasur bedeckte Fliese

7   Die Durchstaubschablone wurde auf die mit einer Lage Zinnglasur bedeckte Fliese gelegt.

8   Mit einem mit Holzkohlenstaub gefüllten Leinensäckchen schlug man auf die Durchstaubschablone. Holzkohlenstaub drang durch die Einstiche und legte sich auf die weiche Zinnglasur.

9   Mit einem Pinsel, an dem einige Haare die Spitze bilden und Glasurfarbe wird das Motiv und die Eckmotive gemalt. Die weiteren Haare des Pinsels dienen als Reservoir für die Glasurfarbe.

10 Die Fliese kam nach dem Glattbrand aus dem Ofen und ist nun fertig. Zinnglasur und Malfarbe (Glasurfarbe) sind mit dem Scherben (5) eine innige Verbindung eingegangen.

 

 

Bei Pieter Frietema und Rutger Stoffels bedanke ich mich für die Informationen über das Koninklijke Tichelaar Makkum.
Meinem Sohn Norbert danke ich für die Bearbeitung und Veröffentlichung des Berichtes.