Wilhelm Joliet |
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Dornburg
Dornburger
Schlösser Wenige
Kilometer von Jena entfernt erheben sich auf einem Muschelkalkfelsen über
dem Saaletal die drei Dornburger Schlösser. Zwischen dem Alten Schloss
auf der östlichen und dem Renaissanceschloss auf der westlichen Seite
liegt das Rokokoschloss. Die
Dornburger Schlösser waren Sommerresidenzen der Großherzöge von
Sachsen-Weimar-Eisenach. Johann Wolfgang von Goethe schätzte die Atmosphäre
über dem Saaletal zeitweise als Aufenthaltsort. Rokokoschloss
02 Rokokoschloss
mit einem Teil der Bastion Herzog
Ernst August I. von Sachsen-Weimar (1688-1748) ließ zwischen 1736 und
1741 das mittlere Dornburger Schloss als Lustschloss errichten. Zusammen
mit der Bastion betont das Untergeschoss zur Talseite die militärische
Nutzung des Schlosses als Feldherrnsitz des Herzogs. Im
Untergeschoss findet man heute im zentralen Saal sehenswertes chinesisches
Porzellan und hervorragende niederländische Fayencen. Erfurter
Fliesen des 18. Jahrhunderts Seit
1716 gab es Bemühungen in Erfurt eine Fayencemanufaktur zu errichten. In
dem nur etwa 25 km von Erfurt entfernten Arnstadt produzierte die
Fayencemanufaktur Dorotheenthal. Dass 1718 in so geringer Entfernung eine
gleichartige Manufaktur genehmigt wurde, ist dadurch zu erklären, dass
Erfurt von 1664 bis 1802 zum Kurfürstentum Mainz gehörte, also nicht wie
Arnstadt zu den sächsischen Fürstentümern. Erster Besitzer der Erfurter
Fayencemanufaktur war der Zinngießer Laurentius Silberschlag. Er führte
den Betrieb bis zu seinem Tod 1722. Sein Nachfolger war der Zinngießer
Johann Paul Stieglitz. Unter seiner Leitung erlebte die Fayencemanufaktur
Erfurt ihre Blütezeit. Alle
für die Erfurter Manufaktur nachgewiesenen Fliesen sind oder waren in
Schlossanlagen des Herzogs Ernst August I. von Sachsen-Weimar
(Regierungszeit von 1707 bis 1748) angesetzt oder verlegt. Der
Herzog hatte den „Bauwurmb“ und liebte wie viele andere Fürsten
Porzellan. Der „Bauwurmb“ veranlasste den Herzog in der Zeit seiner
Regentschaft zweiundzwanzig Schlösser und Jagdhäuser zu errichten. Die
meisten wurden in Eile und unsolide gebaut, so dass nur drei die Zeiten
bis heute überlebten. Jedes dieser drei Schlösser –Belvedere und
Tiefurt bei Weimar und das mittlere der Dornburger Schlösser bei Jena –
besitzt noch Bestände Erfurter Fliesen. Im 18. Jahrhundert waren Fliesen
als „porcellaine Plätgen“ Ersatz für Porzellan. Echtes Porzellan war
wesentlich teurer und konnte dank seiner fehlenden Saugfähigkeit der
Scherben nicht mit Mörtel angesetzt oder verlegt werden. Erfurter
Fliesen im Dornburger „Rokokoschloss" Im
mittleren Dornburger Schloss findet man eine besonders sehenswerte
Fliesenarbeit in der Eingangshalle. Diese diente gleichzeitig als
Anrichte. Bei einigen Fliesen wird das Mittelstück von aufwendigen
Bandwerkornamenten eingefasst. Die Fliesenmitte wird in diesem Fall vom sächsischen
Wappen oder den Buchstaben EA, den Initialen des Herzogs, eingenommen.
Zwei gebogene Blätter bilden das Eckmotiv, aus deren Mitte ein
Bandwerkornament hervorgeht. Bereits zu Lebzeiten Herzogs Ernst August I.
verfielen einige seiner Neubauten. Es ist davon auszugehen, dass die
Fliesen aus einem anderen Bau stammen und in Dornburg ihre Zweitverwendung
fanden. Ein Indiz dafür sind von mir bei der Besichtigung des Schlosses
1991 festgestellte historische Rand- und Kantenbeschädigungen. Nach
Vergleichen mit Erfurter Fliesen in den Schlössern Belvedere und Tiefurt
bei Weimar kann für die Fliesen in der Eingangshalle des mittleren
Dornburger Schlosses davon ausgegangen werden, dass sie in den Jahren 1720
bis 1730 gefertigt wurden. Im
Juni 1991 besuchte ich das mittlere der Dornburger Schlösser und
erstellte eine Fotodokumentation. Fotodokumentation
1991
03 Eingangshalle
mit Kassenbereich In
Wandputz und Anstrich gab es deutlich sichtbare Schäden durch
aufsteigende Feuchtigkeit.
04 Detailbereich
links neben der Durchreiche Die
Wandbekleidung zeigte Ausblühungen in Bereichen der Mörtelfugen und
frische Rand- und Kantenschäden. Dieses
Foto veröffentlichte ich auf Seite 186 meines 1996 in Köln erschienenen
Buches „DIE GESCHICHTE DER FLIESE“.
05 Detailbereiche
links neben und über der Durchreiche Besonders
markant sind die Dekore der hellen Blumenschalen an der linken oberen Ecke
der Durchreiche, darunter die sehr dunkle Fliese mit der lustwandelnden
Dame und rechts daneben ein Müller auf dem Weg zur Mühle. Für
eine Zweitverwendung der Fliesen sprechen unterschiedliche Eckornamente
und deutliche historische Rand- und Kantenbeschädigungen.
06 Fliesenfeld
über der Durchreiche
07 Blick
zu Wandbekleidungen über der Durchreiche, der rechten Wange der
Durchreiche und der Wandecke zur Eingangstür
08 Eckbereich
zum Eingang
09 1.
Ausplatzungen von Glasur zeigen extreme Feuchte- und damit verbundene
Salzbelastung. 2.
Teile der Fliese, sind bedingt durch Spannungen im Wandaufbau abgeschert. 3.
Aufgetretene Spannungen schädigten die Fliese. Die Fehlstelle wurde mit Mörtel
gefüllt.
Restaurierung
der historischen Erfurter Fliesen im mittleren Dornburger Schloss Schäden
an den historischen Erfurter Fliesen, bedingt durch Feuchte- und damit
verbundene Salzbelastung, erforderten im Jahr 2000 die Restaurierung der
historischen Fliesenbekleidung. Weiterungen von Schäden an den
keramischen Bekleidungen sollten unbedingt verhindert werden.
10 Bei
früheren Restaurierungsmaßnahmen hatte man Fliesen mit Zementmörtel
angesetzt. Deshalb wurde zum Abnehmen ein Hinterschneiden mittels
fahrbarem Blatt erforderlich. Das
Hinterschneiden musste sehr behutsam erfolgen, da viele Fliesen Risse
aufwiesen oder sogar schon zerbrochen waren und nur durch die Haftung am
Ansetzmörtel oder / und der Mörtelverfugung gehalten wurden.
11 Nach
dem Entfernen des Ansetzmörtels kam bei einigen Fliesen der Buchstabe E
auf dem Scherben zum Vorschein. Es ist die Signatur eines mir unbekannten
Fliesenmalers der Erfurter Fayencemanufaktur.
12 Nach
gründlichem Entsalzen stand die Restaurierung defekter Fliesen an.
13 Zu
den sehr stark beschädigten Fliesen gehörte auch die Fliese mit dem
Dekor des Weißen Falkenordens.
14 Eine
Auswahl Erfurter Fliesen auf dem Tisch des Restaurators.
15 Zur
Dekoration waren bei den Fliesenmalern der Erfurter Manufaktur
Durchstaubschablonen in Gebrauch. Holzkohlenpunkte gaben ihnen markante
Punkte und Linien des Dekors vor. An
den Fliesen zwei und drei der unteren Reihe ist zu erkennen, welche
Freiheit den einzelnen Malern bei der Augestaltung des Dekors blieb.
16 Im
mittleren Dornburger Schloss gibt es eine gute Übersicht über die große
Vielfalt Erfurter Dekore.
17 Fliese
mit den Initialen des Herzogs Ernst August von Sachsen-Weimar.
18 Unter
den Erfurter Fliesen gibt es neben Landschafts- und Tierdarstellungen auch
Szenen aus dem Leben der Chinesen. In der ersten Hälfte des 18.
Jahrhunderts war die Chinamode in Europa stark verbreitet. Der Adel überbot
sich u.a. mit Sammlungen chinesischer Porzellane aber auch mit niederländischen
und deutschen Fayencen mit Dekoren nach Kupferstichen, die die Welt der
Chinesen darstellten.
19 Die
Maße der Erfurter Fliesen im mittleren Dornburger Schloss differieren von
ca. 117x117x12 bis 120x120x14 mm. Dies machte beim Ansetzen der Fliesen
breite Fugen erforderlich.
20 Außer
den Wappenfliesen sind die Darstellungen in Kreisen und mit kräftigen
Eckornamenten gemalt.
21 Vor
dem Anbringen der Fliesenbekleidungen wurden bauseits Heizschlangen in den
Wandberich eingebaut. Trotzdem wählte man das Aufbringen der
restaurierten Fliesen im Flowting-Butteringverfahren auf
Aluminiumwabenplatten. Das Bild zeigt die linke Seite der Durchreiche. Der
Restaurator brachte die komplette Fliesentafel im Abstand zum tragenden
Untergrund an. Dies ermöglicht die Hinterlüftung und verhindert einen
erneuten Befall durch eventuell im tragenden Untergrund aufsteigende
Feuchtigkeit mit Salzbelastung.
22 Auch
die Vorderansicht der keramischen Wandbekleidung wurde auf kompletten
Fliesentafeln mit Abstand zum tragenden Mauerwerk angebracht.
23 Die
Erfurter Fliesen im mittleren Dornburger Schloss bleiben nach erfolgter
Restaurierung der Nachwelt erhalten. Seit
2009 ist die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten Eigentümerin des
Rokoko- und des Renaissanceschlosses. Bildnachweis 01
Wikipedia 02
Klaus-Peter Dyroff 03-09
eigene Aufnahmen 10-22
Klaus-Peter Dyroff Benutzte
Literatur Foerster,
Christel (Text), Renate und Roger Rössing (Fotos), Dornburger
Schlösser, VEB F.A. Brockhaus, Leipzig 1986 Wikipedia Ich
danke Herrn Klaus-Peter Dyroff und seiner Tochter Anna für Zurverfügungstellung
von Bildmaterial und der 2006 erstellten Dokumentation der Restaurierung. Meinem
Sohn Norbert danke ich für die Bearbeitung und Veröffentlichung des
Berichtes im Internet unter www.geschichte-der-fliese.de Schloss-
und Gartenverwaltung Dornburger Schlösser schlossverwaltung@dornburg-schloesser.de Museumsverwaltung
Dornburger Schlösser Restaurierungsatelier
und Mosaikkunst
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