Keramische Bildplatten der Sammlung Demmin im Stadtmuseum Wiesbaden

 

August Friedrich Demmin (1. April 1817 in Berlin - † 17. Juni 1898 in Wiesbaden) war ein deutscher Kunstschriftsteller und Sammler.
Mit 17 zog er nach Paris, wo er bis 1872 lebte und als Kaufmann tätig war. Er schrieb hauptsächlich in französischer Sprache, weshalb er in der französischen Schreibung Auguste Frédéric Demmin bekannter ist. Er heiratete eine Französin. Einen großen Teil jedes Jahres verwendete er wegen seiner Kunststudien zu ausgedehnten Reisen durch ganz Europa, hauptsächlich auf dem Gebiet der Keramik und der Waffenkunde. Demmin verfasste zudem Bühnenstücke und Romane. 1873 zog er nach Wiesbaden. Seine kunstgewerblichen Gegenstände und Werke der bildenden Kunst schenkte er der Sammlung Nassauischer Altertümer in Wiesbaden. Diese lagern jetzt im Stadtmuseum am Markt.

Kontakt nach Wiesbaden
Seit 1986 hatte ich wegen der Keramiksammlung Demmin schriftlichen und telefonischen Kontakt mit Herrn Dr. Günther Kleineberg, Leiter der Kunstsammlungen.
Mit seiner Genehmigung wurden keramische Objekte für Veröffentlichungen im Herbst 1987 im Depot fotografiert.

Erläuternde Texte zu den Objekten
Die Texte entnahm ich dem Buch August Demmin, Beschreibendes Verzeichnis seiner Sammlungen (Leipzig, bei Edwien Schloemp, 1882).
* Anmerkung: Die erläuternden Texte des August Demmin entsprechen nicht alle dem heutigen Wissensstand.

 

demmin bildplatten

924 Viereckige Platte, 20/30 cm, in mit weissem Zinnschmelz überzogener Fayence, von Delft und dem Ende des XVI. Jahrhunderts. Der in Schwarz, Gelb und Blau ausgeführte Vorwurf stellt: „Abraham Hagar verstoßend“ mit der Inschrift: „Genese 21“, dar und ist nach einem Stiche der von Gérard de Jode, illustrirten und 1585 gedruckten Bibel nachgebildet. Dieses schöne Exemplar kann als ein Unicum gelten hinsichtlich seiner mit schwarzen Strichen in Radirungsart ausgeführten Zeichnung.

demmin bildplatten
Rijksmuseum Amsterdam, RP-P-1904-3483

Genesis 21, Abraham schickt Hagar und Ismael weg.
Adriaen Collaert (* ca. 1560 – + 29. Juni 1618) zugeschrieben, nach Maerten de Vos (* 1532 in Antwerpen - + 4. Dezember 1603 in Antwerpen), 204 mm x 257 mm.

 

demmin bildplatten

948 Viereckige Platte, 16/22 cm, in mit weissem Zinnschmelz überzogener und von Jan Steen in blau mit seinem eigenen Abbild decorirter Fayence, von Delft, aus dem XVII. Jahrhundert. Der berühmte Künstler hat dieses auf ungebranntem Schmelz (sur le cru) ausgeführte Portrait in der Zeit gemalt (gegen 1649), als er Besitzer einer Bierbrauerei zu Delft war, die viel von den dortigen Keramisten besucht wurde. Der Ausdruck des Kopfes ist hier besser als in dem von Jan Gole am Ende desselben Jahrhunderts gestochenen Bildes, wo Jan Steen nicht dasselbe Alter hatte.

* Anmerkung: Jan Havickszoon Steen (* um 1626 in Leiden – begraben am 3. Februar 1679 ebenda), war ein Maler im Goldenen Zeitalter der Niederlande. Er war Zeit seines Lebens Maler und Wirt. Ab 1654 leitete Steen in Delft die Brauerei „De Roscam“, aber ohne großen Erfolg.

demmin bildplatten
Rijksmuseum Amsterdam, RP-P-OB-17.385

Ein junger Mann mit Barett sitzt auf einem Stuhl, in seiner linken Hand ein Stock.
Mezzotinto von Wallerant Vaillant (* 30. Mai 1626 in Lille - + 28. August 1677 in Amsterdam), 256 mm x 190 mm.

 

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950 Viereckige Platte, 20/25 cm, in mit weissem Zinnschmelz überzogener und von Jan Steen mit einem mehrfarbigen Vorwurf decorirter Fayence, aus derselben Zeit wie No. 948. Hier sind zwei im Kampf begriffene Männer dargestellt, welche von ihren herbeigeeilten Frauen getrennt werden. Die Ausführung ist ebenso bewunderungswürdig wegen des Ausdruckes der Köpfe als wegen der einsichtigen Anwendung blauer, rother, gelber, grüner und violetter Mineralfarben bei einer nur leicht schattierten skizzenartig in rothen Umrissen hingeworfenen Ausführung. Tracht, Haltung, Alles ist vollkommen passend und gelungen.

 

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958 Viereckige Platte, 28/34 cm, in mit weißem Zinnschmelz überzogener und durch Jan Asselyn, genannt Krabbetje, mit einer Landschaft blau bemalter Fayence von Haarlem. Asselyn, geboren in Antwerpen 1610, gestorben zu Amsterdam 1660, hatte den Styl Claude  Lorrain’s angenommen und war ein Schüler Jesaias van der Velde und Jan Miel’s. Die hier dargestellte Landschaft, wo als Staffage zwei Figuren dienen, hat, wie die Claude Lorrain’s, etwas Akademisches, ist aber doch bewunderungswürdig wegen der herrlichen Fernsicht, da derartige Perspectiven äusserst schwierig in Keramikmalerei zu erlangen ist.

 

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960 Viereckige Platte, 32/42 cm, von selber Fayence, ähnlicher blauer Malerei und selbem Meister wie No. 958. Hier ist die Landschaft mit Schloss, Wasser und Brücke noch viel reicher und die Bäume des ersten Plans von erstaunlicher Einzelausführung, welche aber dennoch der Wirkung nicht schadet. Als Staffage dienen fünf Figuren im zweiten und dritten Plane.

 

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966 Achteckige Platte, in mit weissem Zinnschmelz überzogener Delft’scher Fayence, vom XVII. Jahrhundert, worauf das Brustbild der Prinzessin Amalia von Solms, Gemahlin des Statthalters Friedrich Heinrich (1625-1647) in blauer Farbe auf ungebranntem Schmelz (sur le cru) gemalt ist.

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Rijksmuseum Amsterdam, RP-P-1911-142

Maria Princesse van Orange – Portrait der Maria Stuart II.
Mezzotinto von Gerard Valck (* 30. September 1652 - + 21. Oktober 1726) nach Sir Peter Lelij, eigentlich Pieter van der Faes, (* 14. September 1618 - + 30. November 1680), Amsterdam 1678, 350 x 256 mm.

 

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968 Ovale Platte, 15/21 cm. in mi tweissem Zinnschmelz überzogener Delft’scher Fayence, vom XVII. Jahrhundert, dessen Malerei eine Gelder’sche Landschaft mit weiter Perspektive, - auf ungebranntem Schmelz (sur le cru) ausgeführt ist.

 

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970 Ovale Platte, 38/42 cm, in mit weissem Zinnschmelz überzogener Delft’scher Fayence, vom XVII. Jahrhundert, dessen auf Rohschmelz (sur le cru) ausgeführte Blaumalerei: „Abraham seinen Sohn Isaac opfernd“ – derartigem Rubens’schen Vorwürfen ähnlich darstellt.

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Rijksmuseum Amsterdam, RP-P-1939-155

Cornelius Galle d.Ä. (* 1576 - + 1650) nach Peter Paul Rubens (* 1577 – + 1640),
1476 x 1875 mm.

 

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972 Runde Platte, 33 cm, in mit weissem Zinnschmelz überzogener Delft‘schen Fayence, vom XVIII. Jahrhundert, obschon die Trachten der darauf in Blaumalerei abgebildeten acht Personen, welche die vier Lebensalter des Menschen darstellen sollen, dem XVII. Jahrhundert angehören. Auf der Rückseite : „Anno 1720, 16. February –François Houwerda“.

* Anmerkung: Es gibt einen Fehler bei den Zuschriften. Es muß heißen: overgrotevader en overgrotemoeder.

 

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1014 Ausgeschweifte Platte, 36/36 cm, in mit weissem Zinnschmelz überzogener Delft’scher Fayence, vom Anfange des XVIII. Jahrhunderts. Eine Chinesin mit Potichen in den Händen, von Rococo-Verzierungen, Blumen. Vögeln und Pflanzen umgeben, sowie nach Rouener Art Verzierungen auf der Flachbilnerei des Randes – alles in Blau, Grün, Gelb, Violett, Schwarz und Roth, bilden die brillanten Malereien dieses schönen Stückes.

 

 

 

P. Vizeer

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1016 Viereckige Platte, 24/24 cm, in mit weissem Zinnschmelz überzogener Delft’scher Fayence, des berühmtesten Keramik-Coloristen dieser Schule Piet Viseer. Auf rohem Schmelz (sur le cru), in Grün, Rosa, Braun, Schwarz, Blau und Roth, mit einem Hahn bemalt, ist diese Fayencemalerei wegen ihres im stärksten Feuer glasirten Roth (Eisenhalbsäure) für den Kenner und Liebhaber keramischer Erzeugnisse sehr belangreich. Auf der Rückseite Namenszeichnung sowie Jahreszahl. (1)

demmin bildplatten

Signatur und Datierung auf der glasierten Rückseite der Platte 1016.
SW-Aufnahme von 1987.

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Rijksmuseum Amsterdam, RP-P- 1939-1397

Anonymer Stecher nach Johan Teyler (* 1648 - + zwischen 1697 und 1709).
Maße des Blattes: 242 mm x 192 mm.

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Rijjsmuseum Amsterdam, BK-NM-12400-198

Fliese aus der Sammlung J.F.Loudon, im Format 135 x 135 x 10 mm, bemalt mit dem Wappen Prins Willem IV und der Jahrzahl 1765.
Signatur auf der Rückseite: ‚P. Vizeer‘.

 

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1018 Medaillon, 18 cm, in mit weissem Zinnschmelz überzogener Fayenc, aus derselbem Werkstatt wie No. 1016. Hier zeigt die Malerei einen Blumenkorb, wo die herrlichen Farben  des berühmten Coloristen Viseer ebenso in’s Auge springen.

 

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1022 Geschweifte (festonnierte) Platte, 37/43 cm,in mit weißem Zinnschmelz überzogener Fayence, von Piet Viseer (s. No. 1016 und 1018) zu Delft, vom XVIII. Jahrhundert. Dieser berühmte Colorist hat hiermit Alles übertroffen, was in derartigen Thongebilden bekannt ist.
Unmöglich, den Reichthum, die Farbenpracht und dir feine Ausführung der Malweise im chinesischen Mandarinen-, teilweise im Rückgriffstyl gehaltenen Verzierungen zu schildern.
Gelb, Blau, Grün, Roth sind die darin vorherrschenden Farben.

 

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1027 Achteckige Platte, 30/30 cm, mit in Flachbildnerei gearbeitetem Rococo-Rahmen Delft’scher Fayence, vom XVIII. Jahrhundert, deren auf weißem Zinnschmelz in gelb, blau und violett gemalter Vorwurf einen angelnden Knaben in der damaligen Tracht vorstellt.

 

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1027 1/2 Seitenstück zu No. 1027. Statt des Knaben, einen Fisch mit der Hand emporhaltendes Mädchen.

 

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1068 Viereckige Platte, 11/13 cm, in mit weißem Zinnschmelz überzogener Delt’scher Fayence, aus dem XVII. Jahrhundert. Der Vorwurf: „Die Grablegung Christi“ zeigt elf Figuren und die mehrfarbige Malerei mit viel Roth. Der mit Kupferverzierungen ausgestattete und guillachierte Rahmen im Style Ludwig XIII. ist ebenfalls aus der Zeit.

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Rijksmuseum Amsterdam, RP-T-1968-35

Zeichnung des Dirck Barendsz (* 1534 Amsterdam - + 1592 ebenda), 223 x 193 mm.

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Rijksmuseum Amsterdam, RP-P-OB-5331

Johan Sadeler (I), (* 1550 Brüssel - + 1600 Venedig) nach Zeichnung des Dirck Barendsz
(* 1534 Amsterdam - + 1592 ebenda), 237 x 197 mm.

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Rijksmuseum Amsterdam, BK-NM-12400-438

Fayence (petit feu) eines nicht bekannten Malers, Format 136 x 178 x 11 mm.
Diese Fayence entspricht der 1068 aus der Sammlung Demmin.

 

Platten die 1987 nicht zur Verfügung standen:
918 Viereckige Platte, 15/18 cn, in gebrannter, vergoldeter und kalt bemalter Erde, aus dem XVI. Jahrhundert, wo der von einem holländischen Künstler in Flachbildmalerei ausgeführte Vorwurf den „Einzug Christi in Jerusalem“ darstellt und aus zahlreichen Figuren besteht.
938 Viereckige Platte, 13/27 cm, in mit von weissem Zinnschmelz überzogener und blau bemalter Fayence, von Haarlem. Der von Hendrik Vroom (1566-1640) ausgeführte Vorwurf, einem Künstler, welcher als der Schöpfer der Marinemalerei anzusehen ist, stellt segelnde Schiffe auf stillem Meer dar.
952 Viereckige Platte, 22/23 cm, in mit weissem Zinnschmelz überzogener und von Willem van der Velde (1688-1707) zu Haarlem bemalter dortiger Fayence. Der berühmte Marinemaler hat hier eine Hafenbeschiessung dargestellt, wo das Feuer der Fregatte durch die Landbatterien erwiedert wird, Johan Teylerwährend Bote die Landung bewerkstellingen. Im Hintergrunde bergische Landschaft, vorn das wenig bewegte Meer. Besonders erkennt man die Hand des Meisters in der ununterbrochenen Bewegung der sich kräuselnden kleinen Wellen.
954 Viereckige Platte, 21/22 cm, in mit weissem Zinnschmelz überzogener und wie ein Oelbild mehrfarbig von Jan van der Meer („de Delft’sche van der Meer“, 1632-1696, Schüler von Karel Fabricius) bemalter Delft’scher Fayence. Im Hintergrunde ein mit Bretterzaun verschlossener Garten, links ein Gebäude im Rohbau, d.h. in unbeputzten Backsteinen, derart, wie der Künstler auch auf sein berühmtes Oelgemälde im Berliner Museum (aus der Sammlung Suermondt von Aachen) abgebildet hat. Vorder Thüre um den mit Dambrett bedeckten Tisch fünf in der Tracht der Zeit gekleidete Männer der besseren Stände, von welchem drei spielen, einer raucht und der fünfte einen blauen Steinkrug in der Hand hält, während die Wirthin einen andern weissen Krug im Begriffe ist aufzutischen. Dieses Capitalstück, wo die Art des berühmten Meisters sich in allen Theilen kundgibt, gleicht vollkommen in wirkungsvoller Malerei seinen Oelgemälden. A. Verhast, keramischer Maler zu Delft, hat im XVIII. Jahrhundert diese Vorwürfe nachgeahmt, aber bei weitem nicht erreicht. Jan Luiken und Pieter de Hooch oder de Hooge sind die Einzigen, deren Manier der van der Meer’schen nahe kommt.
956 Viereckige Platte, 21/22 cm, das Gegenstück zu No. 954, von selbem Meister. Ein ähnlicher Vorwurf, nur dass hier Kartenspieler um den Tisch sitzen und statt der Wirthin der Wirth, Glas und Krug in Händen, die Gäste bedient.
964 Viereckige Platte 50/85 cm, in mit weissem Zinnschmelz überzogener und durch Antony Ter Himpel (1650) in blau (sur le cru) bemalter Delft’scher Fayence. Der Vorwurf stellt die sich im Tempel „Christo zu Füssen werfende Ehebrecherin“ dar und besteht aus zahlreichen Personen.


(1) Hahn und Papagei auf Blumenvasentableaus
www.tegels-uit-rotterdam.com/hahnundpapagei.html

 

Literatur
August Demmin, Beschreibendes Verzeichnis seiner Sammlungen (Leipzig, bei Edwien Schloemp, 1882).
Günther Kleineberg: „Vom Bier zur Fayence. Delfter Fayencen in der Sammlung Nassauischer Altertümer“, in: 200000 Jahre Kultur und Geschichte in Nassau, Wiesbaden 1993, S. 171 bis 178 & Tafeln 15 bis 18.
Wikipedia

 

Bildnachweis
Bildarchiv Wilhelm Joliet
(Farbaufnahmen Karl-Heinz Voth, SW-Aufnahme Wilhelm Joliet, Wiesbaden 1987)

 

Sam-Stadtmuseum am Markt, 65189 Wiesbaden
https://www.wiesbaden.de/sam

Museum Prinsenhof Delft, Sint Agathaplein 1, NL-2611 HR Delft
https://www.museumprinsenhofdelft.nl