Zwölf von Adam Sijbel gemalte Schiffstableaus im Hotel ‚De Prins‘ in Makkum

Gemeinde Südwest-Fryslan, niederländische Provinz Friesland

 

 

Makkum, Fliesentableau am Pothuis, Turfmarkt 55.

Soweit bekannt, ist dies die älteste Abbildung vom heutigen Wappen von Makkum,
einer Ortschaft in der Gemeinde Südwest-Fryslan der niederländischen Provinz Friesland. Der Ort liegt am IJselmeer und nahe am Abschlussdeich zur Nordsee.

 

 

Hotel ‚De Prins‘

- Geschichte der Seeschleuse und des Gebäudes -

 

Die vollständig aus Holz und Erdwällen gefertigte Seeschleuse aus dem Jahr 1440 wurde 1606 in Stein umgebaut. Außer dem Wartebereich (Lügenbank) wurden in direkter Nachbarschaft zur Schleuse keine weiteren Gebäude erwähnt. Die erste Erwähnung eines Gasthauses an diesem Ort stammt aus dem Jahr 1655: Haus mit dem Aushangzeichen ‚Het Springend Hert‘ (der springende Hirsch). Dies gab dem Haus einen offiziellen Charakter, da ‚Het Springend Hert‘ das Wappen von Makkum und der Gemeinde Wonseradeel war. Die Meerjungfrau mit Kalkofen und Schiff kam erst um 1878 als Wappen auf.

 

Der Name ‚De Prins‘ wird erstmals 1695 erwähnt, als das Haus von Christoffel de Kock gepachtet wurde. 1700 erwähnt: Huis waar ’De Prins’ uithangt (Haus mit dem Aushangzeichen ‚De Prins‘). Das derzeitige Gebäude besteht aus zwei benachbarten Häusern. Das nördliche Gebäude wurde als ‚elegantes Haus mit Namen ‚De Kuyl‘ (Die Grube) mit Zimmern im Obergeschoss beschrieben, die einen schönen Blick über die See bieten‘. Das Haus wurde möglicherweise nach einer angrenzenden Grabung benannt.

Der Zusammenschluss von ‚De Prins‘ und dem Haus ‚De Kuyl‘ fand wahrscheinlich im Jahr 1760 statt. Beide Gebäude behielten aber ihre ursprünglichen Bezeichnungen.

 

In der französischen Zeit geriet der Name ‚De Prins‘ unter Druck.

Orangisten und Republikaner hatten abwechselnd die Macht. 1787 zwangen beschwipste Utrechtse Huzaren einen lokalen Maler, das Aushangzeichen blau zu streichen. Jelte van Gunst ließ die Farbe vom Schild schnell entfernen, wechselte jedoch 1797 die Richtung und benannte das Gästehaus ‚De Prins‘ in ‚De Zon‘ um. Unmittelbar nach dem Rückzug der Franzosen wurde es wieder ‚De Prins‘. 1881 ließ Pieter Babois über beiden Gebäuden einen oberen Raum unter neuem Dach errichten. Drei interessierte Vereine; NUT, der Gesangs- und Theaterverein und die Herensociëteit Eendracht liehen Babois das erforderliche Geld zu günstigen Konditionen.

 

1969 wurde das Gebäude erheblich vergrößert. Dafür musste der Bau der sogenannten Leugenbolle (Lügenbank), in dem die Feuerlöschausrüstung gelagert war, abgerissen werden. Das Haus wurde durch eine Küche neben dem Schankraum, separate Nebenräume in den oberen Etagen und neue Hotelzimmer erweitert.

 
Das Hotel-Café-Restaurant 'De Prins' wurde wegen des Vorhandensein der wertvollen Fliesenwand aus dem späten 18. Jahrhundert und der herausragenden Lage des Gebäudes an der Schleuse innerhalb vom Makkum zum Rijksmonument ID: 510854 erklärt.

Die 12 Schiffstableaus in ‚De Prins‘ wurden zwischen 1785 und 1800 von dem berühmten Adam Sijbel in Kingma‘s Fliesen- und Zierkeramikwerkstatt an der Krommesloot gemalt. Die Tableaus im Schankraum und das große Tableau 'Gesicht op Dordrecht' (in der ehemaligen Küche) wurden um 1828 von Johannes van Gunst ab Lager gekauft, teilweise zur Dekoration, aber hauptsächlich zur Sperrung von aus dem Boden in den Wänden aufsteigende Feuchtigkeit.

 

 

Zevenorenpot‘,  1805

 

 

 

Kingma Makkum

Fabrik für Fliesen, Gebrauchs- und Zierkeramik 1784-1812

 

Nach dem Tod von Hylke Jans Kingma (1708 - 1782), Reeder, Ölhändler und Kaufmann in Makkum, gründete seine Witwe Ytje Hayes (1712 – 1798) im Laufe des Jahres 1783 eine Fabrik für Fliesen, Gebrauchs- und Zierkeramik an der Krommesloot in Makkum. Noch vor dem Tod  ihres Mannes wurden 1781 Vorbereitungen zur Gründung der Firma getroffen.

Ytje Hayes beauftragte 1784 Jan Rommerts mit der Leitung der Fabrik. Bald kamen die ersten (verkaufsfähigen) Produkte aus der Fabrik. Es waren Schüsseln und Teller.

 

Im Juli 1784 wurde Adam Sijbel aus Amsterdam eingestellt, um zehn Jahre in Folge als erster Maler bei Kingma in Makkum zu arbeiten. In der ersten Hälfte des Jahres 1784 bis zur Ankunft des Amsterdamer Malers Sijbel im Juli 1784 wurden insgesamt 15.829 Fliesen verkauft, die hauptsächlich Landschaften, Hirten und kleine Blumen darstellten. In dieser ersten Periode wurden 11 Fliesenbilder verkauft.

Das Ertragsverhältnis für Fliesen / Tableaus und dekorative Keramik betrug jeweils die Hälfte. Ein Former produzierte ungefähr 100.000 Fliesen pro Jahr, ein Maler malte ungefähr 10.000 Fliesen pro Jahr. Dies beweist die gute Kapazität der Produktion.

 

Nach der Ankunft von Sijbel in der Firma verdoppelte sich die Keramikproduktion in den Monaten Juli bis Dezember 1784. In dieser Zeit stieg die Anzahl der Tableaus auf 37.

Um die Fabrik in Betrieb zu halten, wurden Mitarbeiter für die Tonaufbereitung, Fertigung der Produkte und Männer am Brennofen benötigt und mindestens ein Maler.

Nur die Schuldnerbücher von Kingma blieben erhalten, es fehlen Gehaltsabrechnungen. Daher ist es nicht möglich, einen Einblick in die Belegschaft zu erhalten.

Belegt ist eine Lieferung von 391 Apothekergefäßen. Diese wurden 1797 und 1798 für einen Apotheker aus Sneek gefertigt.

 

Die Fliesenherstellung bestand aus weißen und bemalten Fliesen. Die uni weißen Fliesen von 13 x 13 cm wurden für jeweils 2 Cent verkauft, verschiedene Größen kosteten mehr. Mit wenigen Ausnahmen waren die Dekore der bemalten Fliesen die gleichen wie bei Tichelaar in Makkum. Fliesenbilder spielten beim Umsatz nur eine untergeordnete Rolle. Sie sind aber proportional am besten erhalten. Tableaus zeigen auch am deutlichsten die Besonderheiten der Arbeit eines Malers. Tableaus sind auf der Rückseite nummeriert. Diese Nummerierung ist oft ein Hinweis für die Bestimmung des Herstellers oder / und des Malers. Die meisten Fliesenbilder von Kingma sind in blauer Bemalung ausgeführt. Manganfarben gemalte Tableaus sind selten. Tableaus mit einem Pferd, einer Kuh, einer Katze, einem Hund und einem Vogelkäfig waren beliebte Motive (von 4 bis 9 Fliesen).

Nach dem Tod von Ytje Hayes im Jahr 1799 wurden Jan Rommerts und seine Frau Eigentümer der Firma. Das Ende der Firma zeichnete sich bald ab. Ein Grund war die Kontinentalsperre, eine von Napoleon am 21. November 1806 in Berlin verfügte Wirtschaftsblockade über das Vereinigte Königreich und seine Kolonien. Die Fliesenproduktion wurde dadurch ungefähr halbiert.

 

Die Firma Kingma überlebte die französische Ära nicht. Das Jahr, in dem die Produktion eingestellt wurde, ist wahrscheinlich 1812. Dies lässt sich aus folgenden Fakten ableiten:

1. Der erste Maler, Poppe Meinsma, ging im August 1812 zum Konkurenzunternehmen Tichelaar. 2. 1812 wurde noch eine kleine Menge Geschirr verkauft, danach nicht mehr. Der Verkauf von Fliesen und Tableaus ging weiter. Am 7. November 1823 erschien im Leeuwarder Courant eine Anzeige, in der angekündigt wurde, dass der gesamte Bestand zum Verkauf steht und dass beim Kauf von mehr als 1000 Fliesen ein Rabatt von 30% auf die Preisliste von 1823 gewährt wird.

 

 

Adam Sijbel (Amsterdam getauft 5-4-1746 - Makkum 24-9-1803)

Scherenschnitt des Matthias van Geuns, Mennoniten-Prediger von 1783 bis 1788 in Makkum.

 

Adam Sijbel wurde gemäß Taufregister der Evangelisch-Lutherischen Kirche am 5. April 1746 getauft. Seine Eltern waren Davit Sijbel, Kommandeur unter Kapitän Lastevenon und Catharien Swart. Er heiratete am 12. Juli 1778 im Alter von 35 Jahren in der Nieuwe Kerk in Amsterdam die 30-jährige Sara Pietersd. van Woensel. In Amsterdam arbeitete Sijbel in der Fliesenwerkstatt D'Oude Prins in der Anjeliersstraat, zwei Straßen von seiner Wohnung entfernt. Man mag sich fragen, warum Adam Sijbel mit seiner Frau von der Großstadt Amsterdam nach Makkum zog. Höchstwahrscheinlich wurde Adam Sijbel von Mennoniten-Prediger Matthias van Geuns nach Makkum geholt.

Das Jahr 1784 war aus wirtschaftlicher Sicht ein schlechtes Jahr, es war das letzte Jahr des vierten englischen Krieges (1780-1784). Dieser Krieg war für Handel und Schifffahrt katastrophal. Die Beschäftigung war aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Aussichten nicht garantiert. Es war wahrscheinlich so: Mennoniten-Prediger Matthias van Geuns sah, dass Kingma 1783 an der Krommesloot eine Fliesenwerkstatt in Makkum gründete und erfuhr, dass sie einen guten Maler suchten. Van Geuns teilte Adam Sijbel mit, dass er als erster Maler für einen Zeitraum von zehn aufeinander folgenden Jahren nach Makkum kommen könne, um dort zu arbeiten und unter Mennoniten leben zu können. Adam Sijbel wurde in das Mitgliederbuch der mennonitischen Gemeinde in Makkum eingetragen.

Zunächst lebte Adam Sijbel bis 1788 in der Nähe der Werkstatt, danach zog er häufig um, insgesamt zehnmal. Sara van Woensel starb im Januar 1790 in Makkum.

Da Adam Sijbel zuerst bei Kingma und später auch bei Tichelaar arbeitete, ist es nicht leicht festzustellen, in welcher der beiden Werkstätten ein bestimmtes Werk von Sijbel hergestellt wurde. Der Farbton des Weißes der Glasur kann hier manchmal der entscheidende Faktor für die Zuordnung sein. Tichelaars Weiß ist cremeweiß, Kingmas Weiß ist oft etwas graustichig.

Obwohl der Arbeitsvertrag besagte, dass Adam Sijbel von 1784 bis 1794 für Kingma arbeiten musste, malte er dennoch für das Konkurenzunternehmen Tichelaar. In einem Tichelaar-Ofenbuch wurden bereits am 7. April 1788 400 von Sijbel bemalte Fliesen erwähnt. Adam Sijbel hatte keinen festen Platz auf der Gehaltsliste, sondern malte gelegentlich für Tichelaar. Er beeinflusste die Malerei auf Zierkeramik, Fliesen und Tableaus in Makkum und indirekt auch in Harlingen deutlich.

Es existiert ein Album mit mehr als 400 Scherenschnitt-Porträts, die zwischen 1781 und 1790 von Matthias van Geuns gefertigt wurden. Diese Porträts aus schwarzem Papier sind auf hellgrauem Papier aufgeklebt. Details zu den portraitierten Personen findet man auf den Rückseiten notiert. Scherenschnitt-Porträts von Adam Sijbel und seiner Frau Sara fertigte Matthias van Geuns 1786.

Adam Sijbel starb in Makkum am 24. September 1803. Archivdokumente (Diakonat der mennonitischen Kirche) zeigen, dass es Adam Sijbel am Ende seines Lebens nicht gut ging.

 

 

Schiffstableaus 

    

Tableaus 1-5 an der linken Wandseite           Tableaus 6-12 an der rechten Waseite

 

Die Fliesenflächen werden am oberen und unteren Rand sowie um den Türrahmen von Randfliesen der Art ‚Druifhaljes‘ begrenzt.

Am Deckenanschluss ist das Dekor in der oberen Hälfte einer ganzen Fliese aufgebracht und nannte sich in Makkum im 18. Jahrhundert ‚Druifhalfje op heel steen‘.

 

    
1 statenjacht                                                  2 jacht

 

    
3 statenjacht                                                   4 jacht

 

    
5 jacht                                                            6 galjoot

 

    
7 kof                                                               8 kof

 

    
9 galjoot                                                         10 kof

 

    
11 smak                                                         12 kof

 

Mit Ausnahme der statenjacht, die zweimal vorkommt, unterscheiden sich alle Schiffe voneinander. Die Tableaus sind wie Gemälde in den Hintergrund aus weißen Fliesen eingearbeitet.
Charakteristisch für eine Reihe von Schiffstableaus, die Adam Sijbel malte,  ist ein heller Hintergrund. Im Allgemeinen liegen die Schiffe hoch auf dem Wasser. Markant sind auch seine zwei Arten den Wellengang darzustellen.

galjoot, ein Plattbodenschiff für die Handelsschifffahrt, das aber auch in der Fischerei im Einsatz war. Dieser Schiffstyp wurde in der Küstenschifffahrt und in der Nord- und Ostsee eingesetzt. Er war aufgrund des geringen Tiefgangs sehr beliebt.

 

jacht , ein schnelles und oft luxuriös eingerichtetes Schiff, das ausschließlich für den Personen- und Freizeitverkehr bestimmt war. Die Schiffe 2, 4 und 5 konnten zusätzlich mit Kanonen bestückt werden.

 

kof, ein ca. 12 Meter langes Segelschiff für die Küsten- und Binnenschifffahrt. Es ähnelte einer smak und hatte einen runden Vor- uns Achtersteven und einen flachen Boden.

 

smak, ein leichtes Schiff für die Küstenschifffahrt. Die meisten konnten etwa 60 Tonnen Ladung an Bord nehmen. Der Rumpf war vorne und hinten rund, der Boden meist flach. Wie bei vielen niederländischen Schiffen wurde die smak mit Seitenschwertern versehen.

 

statenjacht  Im wasserreichen Land war sie früher vor allem für den Personentransport unentbehrlich. Die statenjacht konnte auf dem IJsselmeer und der Waddenzee eingesetzt werden.

 

 

Adam Sijbels Arbeiten umfassten Bemalung von Zierkeramik, Fliesen und Tableaus

 

Apothekergefäß mit der Aufschrift ROB: RIBES (rote Johannisbeeren).

Adam Sijbel 1797-1798.

Im Rechnungsbuch von Kingma ist 1798 die Lieferung von 391 Gefäße an den Apotheker Hendrikus Plechelmus  Bloemen in Sneek verzeichnet.

 

Neun Fliesen mit einer biblischen Darstellung im Quadrat mit gestreiftem Laubrand, blauer Bemalung und manganfarbenem Rahmen.

Adam Sijbel, Kingma, Makkum ca. 1785-1800. Vorbilder: Drucke von Pieter Schut in: Toneel ofte Vertooch der Bybelsche Historien, Amsterdam 1659. Diese waren die teuersten Bibelfliesen, die Kingma in Produktion hatte: f 0,13 pro Stück.
Die nächstteuerste Fliese war eine biblische Darstellung mit Text und einer Nelke als Eckmotiv mit f 0,10. Uni weiße Fliesen kosteten f 0,02 pro Stück.

In Rechnungsbüchern von Kingma werden nur 358 Stück der teuersten Bibelfliese erwähnt, die im März 1785 an Wiebe Joostes in Hindeloopen geliefert wurden.
Im Jahr 1823 standen jedoch noch 1550 auf der Inventarliste.

 

 

Prinz Willem V

in ovalem Rahmen mit Blumengirlanden; 26x26 cm.

Adam Sijbel, Makkum, ca. 1790.

 

 

Benutzte Literatur
Pluis, Jan, Tegelvaart, Sneek 1988
Pluis, Jan u.a., De Nederlandse tegel, decors en benamingen 1570-1930, Leiden 2013
Pluis, Jan u.a., Fries Aardewerk – Kingma Makkum-, Leiden 2000

Pluis, Jan, Dutch Ship Tiles Amsterdam – Utrecht – Harlingen – Makkum, 1660-1980,
Leiden 2018

Wikipedia

 

Fotos
Jan Pluis außer Hotel ‚De Prins‘ (Ald Makkum)

 

Danksagung

Jan Pluis danke ich für die Genehmigung zur Übernahme von Bildmaterial und für vielfältige Hilfe.

Meinem Sohn Norbert danke ich für  die Bearbeitung und Veröffentlichung des Berichtes.