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Wandplatten- und Ofenfabrik Erwin H. Niemann in Bendorf
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Rheinische Wandplatten-Fabrik Dirk Brouwer Bendorf
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Wandplatten- und Ofenfabrik
Erwin H. Niemann in Bendorf
1904 - 1906
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Eine erste Erwähnung gibt es im Jahresbericht des Bürgermeisteramtes Bendorf für das Jahr 1904. Es wurde handschriftlich vermerkt: „Mit dem 13. Sept. d.J. hat die Firma Erwin H. Niemann in Bendorf ein Werk für Kunsttöpferei in den Betrieb gesetzt“.
Am 26. Oktober 1904 schrieb der Unternehmer Erwin H. Niemann an den Bürgermeister von Bendorf: „Ich beschäftige 25 Arbeiter und als Ziel ist ein Ausstoß von 25000 Wandplatten pro Anno geplant“.
Die Gesellschaftsform vom Privatunternehmen zur Gesellschaft mit beschränkter Haftung änderte sich zum Ende des Jahres 1904.
Von 1904 bis Mitte des Jahres 1906 hatte sich das Unternehmen aufgrund des guten Absatzes der Wandplatten bestens entwickelt und es lagen ausreichend Aufträge vor.
Ein Brand vernichtete am 14. Juli 1906 Fabrikanlagen und Lagerstätten. Ein Großteil der Arbeitskräfte wurde entlassen.
Erwin H. Niemann schrieb am 21. September 1906 dem königlichen Landrat in Koblenz: „Nach vollständiger Wiederherstellung des Werkes beabsichtige ich den Betrieb wesentlich auszudehnen und plane mit einer Beschäftigtenzahl von 55 bis 60 Arbeitern“.
Die Schwierigkeiten beim Wiederaufbau der Betriebsanlagen waren scheinbar größer als erwartet, denn die bisherigen Besitzer Niemann und Nagel zogen sich aus der Firma zurück.
Eintrag vom 15. September 1906 in das Handelsregister des königlichen Amtsgerichts Neuwied unter B Nr. 35 bei der Firma Bendorfer Wandplattenfabrik G. mit beschränkter Haftung in Bendorf: „Der Kaufmann Erwin Niemann von Bendorf ist als Geschäftsführer ausgeschieden. Seine Vertretungsbefugnis ist erloschen.“
Wandplatten aus der Ära Niemann sind in Sammlerkreisen sehr gesucht.
Beispiele von Dekorplatten aus dieser Zeit:
Nach dem Verkauf des Werkes durch die vormaligen Besitzer Niemann und Nagel kamen Wiederaufbau, Modernisierung und Erweiterungsarbeiten unter den neuen Besitzern gut voran. Die Arbeiten waren im Oktober 1908 abgeschlossen. Produktion und Verkauf liefen so gut, dass im September 1909 77 Arbeiter und 33 Arbeiterinnen beschäftigt waren.
Um 1911 änderte sich die Firmenbezeichnung in „Rheinische Wandplatten-Fabrik“, das auf einen Eigentumswechsel der Gesellschaftsanteile schließen lässt.
1913 wurde die Produktion eingestellt, weil der sich abzeichnende Krieg den Baumarkt zum Stillstand brachte. Laut Werksleitung war mit einer Wiedereröffnung nicht vor dem Kriegsende zu rechnen.
Literatur:
Michael Weisser, Jugendstilfliesen, Bremen 1978
Michael Weisser, Jugendstilfliesen: Die künstlerisch gestaltete Wandfliese als Gebrauchsgegenstand und Ornament, Bremen 1992
Wilhelm Joliet, Die Geschichte der Fliese, Köln 1996
Wikipedia
Danksagung:
Herrn Dr. Thomas Rabenau danke ich für das zur Verfügung gestellte Bildmaterial.
Meinem Sohn Norbert danke ich für Bearbeitung und Veröffentlichung des Berichtes.
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Rheinische Wandplatten-Fabrik Dirk Brouwer Bendorf
1920 - 1942 |
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Dirk Brouwer wurde am 22. August 1885 in Alphen aan den Rijn, als Sohn von Adrianus Brouwer und Adriaantje van Geest geboren.
Er lernte und arbeitete bei seinem Vater, einem Fabrikanten von Zementplatten. 1913 gründete Dirk Brouwer ein eigenes Unternehmen mit dem Namen ‚Het Tegelhuis‘ in Alphen, das hauptsächlich Handel mit Wand- und Bodenfliesen betrieb.
Die Rheinische Wandplattenfabrik in Bendorf am Rhein kaufte er 1920. Filialen des Unternehmens ‚Het Tegelhuis‘ öffneten 1921 in Bandoeng in Niederländisch-Indien, 1923 in ‘s-Gravenhage und 1929 in Amsterdam. 1935 kam es zur Zusammenarbeit von ‚Het Tegelhuis‘ in Alphen aan den Rijn mit der ‚Plateelbakkerij Zuid Holland‘ in Gouda. Dirk Brouwer verkaufte 1942 die Rheinische Wandplattenfabrik in Bendorf. Er starb im Januar 1960 in Gouda. |
Rheinische Wandplattenfabrik Dirk Brouwer
Dirk Brouwer bat an 12.5.1920 das Amtsgericht Neuwied um Eintragung in das Handelsregister: „Ich der Unterzeichnete Fabrikant Dirk Brouwer, wohnhaft zu Alphen (Holland), melde zur Eintragung in das Handelsregister des Amtsgerichts Neuwied Folgendes an: Ich betreibe unter der Firma „Rheinische Wandplattenfabrik Dirk Brouwer" ein Handelsgewerbe. Meine Geschäftsräume befinden sich in Bendorf. Gegenstand meines Gewerbes ist die Herstellung von Wandplatten und sonstigen Tonwaren. Ich zeichne die Firma wie folgt „Rheinische Wandplattenfabrik Dirk Brouwer". Ferner zeige ich an, dass ich den Herrn Friedrich -genannt Fritz- Renner, Kaufmann in Bendorf und den Herrn Jakob Klug, Keramiker, zu Benrath bei Düsseldorf wohnend, Gesamtprokura erteilt habe und zwar dergestalt, dass beide nur gemeinschaftlich die Firma vertreten und zeichnen können.
Wir Fritz Renner und Jakob Klug zeichnen die Firma unter Beifügung unserer Namensunterschriften wie folgt: (handschriftlich)
Rheinische Wandplattenfabrik Dirk Brouwer Fritz Renner
Rheinische Wandplattenfabrik Dirk BrouwerJacob Klug
Coblenz, den 12. Mai 1920
(darunter handschriftlich)
Jacob Klug Fritz Renner Dirk Brouwer
In einem Prospekt wurde die Bendorfer Wandplattenfabrik Dirk Brouwer vorgestellt:
Ansicht der Fabrik in Bendorf am Rhein mit eigenem Gleisanschluss
Aufbereitung der Rohstoffe, im Vordergrund eine Filterpresse
Blick in den Pressensaal
Wandplatten mit hart gebrannten Scherben
„In unserer Fabrik in Bendorf am Rhein bei Coblenz fertigen wir Wandplatten mit hart gebrannten Scherben in den Glasurfarben Creme, Gelb und Gelbporphyr. Diese Platten sind von bester Qualität. Ein Testbericht der Untersuchungsanstalt für Baumaterialien Koning & Bienfait in Amsterdam bestätigte die Beständigkeit der Wandplatten gegen Frost- und Tauwechsel. Die Prüfungen ergaben, dass die Wandplatten, nachdem sie in Wasser gesättigt 25mal gefrostet und danach wieder aufgetaut wurden, weder zersprangen noch Glasur absplitterte. Die von uns gefertigten Wandplatten mit hart gebrannten Scherben eignen sich hervorragend für Wandbekleidungen in Schulen, Kühlräumen, Molkereien, Laboren und Schlachthöfen. Die Wandplatten sind frostbeständig und durch ihre Glasur einfach zu reinigen. Mit diesen Platten erreicht man hygienische Wandbekleidungen zu einem geringen Preis“.
Biskuitplatte
Biskuit, unglasierte saugfähige Platten nach dem ersten Brand (Schrühbrand), wurden in großen Mengen zur Weiterverarbeitung von der Rheinischen Wandplattenfabrik Dirk Brouwer in Bendorf zum ‚Het Tegelhuis‘ nach Alphen aan den Rijn geschickt. Dort wurden die Platten bemalt und glasiert.
Rückseiten von Platten, die in Bendorf für Alphen gefertigt wurden
In Bendorf waren verschiedene Matrizen in Gebrauch.
a b c d
a trägt die Beschriftung MADE IN HOLLAND, was aber nicht den Tatsachen entsprach.
b hat die markanten drei vertiefte Streifen.
c zeigt den Großbuchstaben T für ‚TEGELHUIS‘.
d hat acht kreisrunde Vertiefungen.
Neben der Saugfähigkeit der Platten ergab die Struktur der Scherben eine optimale Haftung mit dem Ansetzmörtel.
Ansichten der Werke in Alphen a/d Rijn und in Bendorf am Rhein auf einem Briefbogen
Daten und Fakten zur Bendorfer Fabrik
12.5.21 Prokura Jakob Klug erloschen, allein zeichnend Friedrich -genannt Fritz- Renner
Schreiben des Amtsgerichts Neuwied „Jakob Klug unbekannt verzogen".
8.10.1923 (gedruckter Briefbogen) Rheinische Wandplatten-Fabrik Dirk Brouwer, Telegramm-Adresse: Rheinland Bendorf/ Rhein, Postscheckkonto: Köln Nr. 88704, Schließfach 23, Fernsprecher: Bendorf Nr. 74, Alphen a/d Rijn (Hauptkontor) (Stempel als Zusatz). Mitteilung des Dirk Brouwer an das Amtsgericht Neuwied, daß er seinem Angestellten, Herrn Johann Witte, wohnhaft in Bendorf, am 15. Oktober 1923 Prokura erteilt und die Prokura des Herrn Friedrich Renner am 15. Oktober 1923 erlischt.
Anmerkung: Bendorf / Rhein und Schließfach 23 sind auf dem Brief durchgestrichen!
5.11.1923 Dokument: J.C. SPRUIJT NOTARIS TE ALPHEN, „Ich, der Unterzeichnete Fabrikant DIRK TEN CATE BROUWER, wohnhaft in Alphen am Rhein (Holland) erteile Gesamtprokura an Herrn Johann Witte“.
26.2.1925 Schreiben der Villeroy & Boch Mosaikfabrik an das Amtsgericht Neuwied mit der Bitte um einen unbeglaubigten Handelsregisterauszug die Rheinische Wandplatten-Fabrik Dirk Brouwer betreffend.
21.9.1927 Schreiben der Alphensche Bank (Holland) an das Amtsgericht Neuwied mit der Bitte um einen Handelsregister-Auszug. „Wir führen ein Konto auf Namen der Firma ,Rheinische Wandplattenfabrik Dirk Brouwer' in Bendorf- H. Reg. A 498“.
Handgemalte Einzelplatten und Plattentableaus aus Alphen auf Biskuit aus Bendorf
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Blatt 9 im Katalog ‚Het Tegelhuis Album A‘, herausgegeben 1927.
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Pfau, 3x2 Platten im Format 15x15 cm, nach der Vorlage No. 710 im Katalog ‚Het Tegelhuis Album A‘ von 1927.
(Nederlands Tegelmuseum, Otterlo)
Het Tegelhuis, Alphen a/d Rijn auf Biskuit der Rheinischen Wandplattenfabrik Dirk Brouwer' in Bendorf.
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Het Tegelhuis, Seite aus einer Broschüre von 1931.
Entsprechende Platten mit Tierdarstellungen in Alphen a/d Rijn auf Scherben der Rheinischen Wandplattenfabrik Dirk Brouwer Bendorf gemalt und glasiert:
Kormoran Dachs Eidechse
Hyäne Fledermaus Scherben
(Fotos: F.J. Mayenburg)
Blatt einer Broschüre von 1931 mit Ansichten handgemalter Tableaus des Tegelhuis Alphen a.d. Rijn auf Scherben der Rheinischen Wandplattenfabrik D. Brouwer Bendorf
Daten und Fakten zur Bendorfer Fabrik 1933-1941
25.10.1933 Beglaubigte Abschrift aus dem Handelsregister für den Prokuristen Herrn Witte.
10.3.1936 Johann Witte übernimmt auf Grund eines Pachtvertrages von Dirk ten Cate Brouwer die Firma. Auf dem Firmenbogen HET TEGELHUIS WANDTEGELS - VLOERTEGELS – BOUWCERAMIEK ALPHEN A.D. RIJN HOLLAND Mitteilung des Pachtvertrages mit Herrn Johann Witte an das AG Neuwied.
17.3.1936 Schreiben der Industrie- und Handelskammer Koblenz an das Amtsgericht Neuwied: „Auf eine Beschwerde hin....." Antrag im Ordnungsstrafenverfahren gemäss § 37 HGB den Inhaber zur Unterlassung der beanstandeten Firmenführung anzuhalten. Anmerkung: Beanstandet wurde der Begriff „Rheinische.." -umfangreiche Prozeßakten in obiger Sache bis 1937!-
3.8.1937 Für ein Schreiben vom 3. August 1937 an das AG Neuwied wurde ein Briefbogen mit folgendem Kopf verwandt: Rheinische Wandplattenfabrik D. Brouwer Inhaber Johann Witte (!)
25.1.1938 Prokura für Herrn Heinrich Mahr und Fräulein Grete Reinfort, Johann Witte (Pächter)
10.3.1938 RA Dr. Ernst aus Grenzhausen an das AG Neuwied: „Den angeforderten Kostenvorschuss kann meine Mandantin mit Rücksicht auf ihre geschäftliche Lage nicht leisten. Aktivvermögen, mit Ausnahme des Wertes der Grundstücke 66.731,48 RM dem ca. 60.000 RM Schulden gegenüberstehen".
27.5.1939 „Die Prokura des Herrn Heinrich Mahr für die Rheinische Wandplattenfabrik Dirk Brouwer (Pächter Johann Witte) ist erloschen. Fräulein Grete Reinfort ist Einzelprokura erteilt.“
7.1.1941 „Die Prokura Grete Reinfort ist erloschen. Einzelprokura wurde an Frau Hedwig Heuser geb. Reinfort erteilt.“
Anmerkung: Johann Witte unterzeichnete diese Veränderungsanzeige mit Johann Witte (Betriebsleiter).
Blumenvasentableaus aus Alphen a.d. Rijn auf Scherben der Rheinischen Wandplattenfabrik D. Brouwer Bendorf
Tableau aus 4x3 Platten, 152x152x8 mm per Platte
Das Stillleben trägt in der linken unteren Ecke die Buchstaben T.A.
Es gelang mir bisher nicht, die Person des Malers zu ermitteln.
Teil eines Blattes einer Broschüre des Tegelhuis Alphen a.d. Rijn |
Blumenvase, Dekor 928, 3x2 Platten, 152x152x8 mm per Platte.
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Daten und Fakten zur Bendorfer Fabrik vom 15.1.1941 bis zum Verkauf der Wandplattenfabrik am 28.7.1942
15.1.1941 Amtsgericht Koblenz-Ehrenbreitstein, Veränderung H.R. A 57: Rheinische Wandplatten-Fabrik Dr. Brouwer in Bendorf Rh. Die Prokura der Grete Reinfort ist erloschen. Der Frau Hedwig Heuser geb. Reinfort ist Einzelprokura erteilt.
28.7.1942 Grundbuch von Bendorf, Band 73, Blatt Nr. 3051 in Abteilung I
Kaufvertrag vor dem Notar Dr. Wilhelm Ernst in Höhr-Grenzhausen
1. Herr Direktor Wedding von der Deutschen Bank in Koblenz a. Rh. handelnd als Vetreter des Herrn Dirk ten Cate Brouwer in Alphen a.d. Rijn in Holland, Vollmacht überreichend
2. Herr Johann Witte aus Bendorf am Rhein
Verkauf der Fabrik mit Einrichtung und allem Zubehör einschl. Grund
und Boden zum Preis von 80.000 RM. Der Kaufpreis verteilt sich wie folgt: 1. Grundstück und Gebäude 30.000 RM, 2. Maschinen, Geräte, Werkzeuge usw. 50.000 RM.
Anmerkung: Interessant ist die folgende Passage im Vertrag: „Die Frage, ob an dem Rechtsgeschäft ein Jude als Vertragsschließender beteiligt sei, beantworteten die Erschienenen mit nein."
Der Wechsel fand in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts statt.
- Im Januar 2001 war ich im Landeshauptarchiv Koblenz und hatte Einsicht in die Akten der Rheinische Wandplattenfabrik Bendorf / Het Tegelhuis Alphen a.d. Rijn. Besonders aussagekräftige Unterlagen befinden sich in den Beständen 602,23 und 655,64.
Benutzte Literatur:
Werner Kutsche, Die Bendorfer Wandplattenfabrik (www.bendorf-geschichte.de/old/bdf-0135.htm)
Jan Pluis, ‘Het Tegelhuis‘ Alphen a/d Rijn (1915-1983) in: TEGEL 29/2001, 37-46
Jan Pluis, ‘Het Tegelhuis‘ in: Nederlandse Tegels 1900-2000, Leiden 2008, 75-81
Danksagung:
Jan Pluis danke ich für mannigfache Hilfe und die Genehmigung, sein Bildmaterial zu veröffentlichen. Meinem Sohn Norbert danke ich für die Bearbeitung und Veröffentlichung des Berichtes.
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